Norbert Wittke

Geduld, viel Geduld und gute Nerven


In Portugal in der Algarve ist das Einkaufen sieben Tage in der Woche möglich.
In den Einkaufszentren der Städte wie. z. B. in Portimao sind die Geschäfte
wie selbstverständlich auch am in Deutschland heiligen Sonntag geöffnet.
Obwohl über 90 % der Portugiesen in der römisch-katholischen Kirche
Mitglied sind, kommt dagegen weder ein Protest von der Kirche noch
von den Gewerkschaften. Nur kleine Läden in den Fußgängerzonen
schließen. Auch die vielen chinesischen Läden haben alle Tage der Woche
auf.

Beim Einkaufen muss man sehr viel Geduld mit bringen. Wenn man in den
Selbstbedienungsläden wie Continente, Modelo, Pingo doce, Aldi-Nord,
oder Lidl usw. seine Waren schließlich auf das Laufband an der Kasse
gelegt hat, ist man noch lange nicht am Ziel.

Bei uns verlangen die Discounter, dass die Kassenkräfte 40 - 45 Waren
über den Scanner ziehen. Dort ist das nicht üblich,. Zeit für ein längeres
Schwätzchen mit den portugiesischen Kunden ist immer vorhanden, wie
früher bei uns in den Tante Emma-Läden. Die Zeit scheint einem dafür
unendlich. Nur nicht aufregen! Tief durchatmen! 

Sind die Artikel der portugiesischen Kunden auf dem Laufband, ist noch
lange nicht Schluss. Dem Portugiesen fällt ein, dass er noch etwas vergessen
hat. Also läuft er los, um den Rest zu besorgen. Die Kasse ist natürlich
blockiert. Die Kassiererinnen regen sich nicht auf, höchstens ausländische
Kunden. Dann, wenn endlich alles über den Scanner gelaufen ist.......
das Kassieren. Nun müsste bezahlt werden. Ich habe ein Mal erlebt, dass ein
älterer Herr, sieben Mal seinen Geldbeutel zückte und wieder einsteckte,
bis er sich endlich bequemte ihn zu öffnen. Zwischendurch immer wieder
durch viele Gesten begleitete Gespräche.Dann das Bezahlen. Zwischen
manchmal bis zu 6 Scheck- und Kreditkarten wird die ausgewählt, die
eventuell gedeckt sein könnte.Notfalls werden alle ausprobiert.

Wenn nicht, wird der Kunde an den Bankautomaten geschickt, der in allen
größeren Geschäften vorhanden ist, manchmal sogar mehrere. In Portugal
ist mit die größte Dichte von Bankautomaten. Bei 10.300.000 EW gibt es
doppelt so viele wie in Deutschland mit 80.000.000 EW. 

Gibt dann der Automat nichts her, wird alles wieder zurück gebucht. Der
Schlüsselbeauftragte kommt, wie selbstverständlich geht alles zurück. Es
regt sich niemand auf. Diesen Vorgang konnte ich öfter erleben.

Es gibt unter den älteren Menschen in Portugal noch sehr viele Analphabeten,
denn die allgemeine Schulpflicht wurde erst ab dem Jahrgang 1945 eingeführt.
Diese armen Leute können nicht erfassen, welche Summe sie zu zahlen haben.
Oft reicht das Geld nicht aus, das sie dabei haben. Deshalb so lange Rückbuchung,
bis ein Betrag vorhanden ist, für den das Geld ausreicht.

Viele Menschen zahlen dort auch mit Gutscheinen, die sie als Sozialfälle erhielten.
So lange der Bon nicht verbraucht ist, läuft das Band. Dann halt und eine Zwischen-
abrechnung. Ein Mal war ein Kunde vor uns, der 6 dieser Gutscheine hatte und den
Rest dann in bar bezahlte.

Unsere Kassiererinnen in Deutschland wären wohl reif für den Nervenarzt. Aber hier
bleiben sie cool, machen sogar noch zwischendurch eine Kundenberatung und erklären
z.b. einen Grill, wie ich es bei Aldi erlebte. Bis die Erklärung endlich nach Minuten
vorbei war, fuhr mir der Bus, den ich erreichen wollte, vor der Nase weg. Aber nicht
aufregen, sagte ich mir. Ich bin ja schließlich hier im Urlaub und mag dieses Land.

Portugiesen verdienen im Durchschnitt sehr viel weniger, als wir in Deutschland.
Trotzdem sind die Lebensmittel bei Aldi und Lidl mindestens um 30 % teurer
als bei uns in Deutschland. Die Benzinpreise sind ähnlich hoch wie bei uns..
Sie sind wahre Lebenskünstler, denn auch die Mieten sind nicht so preiswert.
Manche haben daher mehrere Jobs.

Portugal ist als Land aber sehr reizvoll. Für die Algarve sprechen im Winter
besonders die viel höheren Temperaturen, die vor allem Menschen mit
rheumatischen Erkrankungen besser zu leben helfen.

An sich können die Portugiesen sehr höflich und freundlich sein. Wenn dieses
aber nicht so ganz hinhaut, hilft doch die Frage nach dem Beschwerdebuch,
das überall vorhanden sein muss. Dann kann man erleben, das man besonders
freundlich sein kann. Aber eines sollte man in jedem Fall mit bringen: Geduld,
viel Geduld und gute Nerven.

14.04.2010               Norbert Wittke

 



 

 

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