Ihre
Mail ist in meiner Box
gelandet,
ich gehe davon aus, dass dies ein Versehen Ihrerseits war,
denn
ich
kann mich nicht erinnern, Sie auf irgendeiner Internetbühne
kennen
gelernt zu haben.
Bitte streichen Sie mich aus Ihrem
Adressbuch, so
nicht schon
geschehen.
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Hallo
Warum
so förmlich?
Im Netz duzt man sich, diese Form der Anrede ist nicht
despektierlich,
sondern die Norm.
Und ja, es war ein Versehen,
dass ich zu
entschuldigen bitte.
Andererseits, da wir uns ja nun schon mal
kennen, bin
ich dafür, Dir
in meinem Adressbuch eine kuschelige Ecke zuzuweisen,
man weiß
ja nie.
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Daran kann ich Sie
nicht
hindern, möchte aber das, was Sie
*kennenlernen* nennen, nicht weiter
vertiefen.
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ich weiß nicht, ob
es Dich
sonderlich interessiert, aber irgendwie
reizen mich Situationen, die
nicht
alltäglich sind. Ein Kontakt der
irrtümlich entstanden ist, gehört
durchaus
dazu, nenne es einfach
Neugier auf
Menschen.
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Die kenne ich zwar,
aber
sie bezieht sich bei mir nicht auf
Zufallsbekanntschaften
unerwünschter
Art.
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Ach, Du willst nie
wissen, was
versteckt sich hinter Jemandem, der -
sagen wir mal - zielgerichtet
agiert?
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Zielgerichtet?
Was
ist
denn Ihr Ziel, das Einbinden widerstrebender Personen in ein
Gespräch
kanns
doch nicht sein?
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Weiß
mans?
Vielleicht habe ich eine Wette mit mir selbst abgeschlossen,
wie
lange
ich brauchen werde, einen Verweigerer zu knacken, wenigstens so
weit,
dass er Fragen stellt.
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Sie
wissen ja nicht einmal, ob Sie Männlein oder Weiblein
*geknackt*
haben.
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Da irrst
Du holde
Maid, dass Du weiblich bist wusste ich bereits nach
der ersten
Antwort, denn
ein Mann hätte eine Irrmail einfach
gelöscht.
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und den Absender auf
ewig im
Zweifel gelassen, ob seine Mail je ihr
Ziel erreicht
hat?
Typisch.
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Typisch für was?
Ich
finde das eher pragmatisch, denn man kann wohl davon ausgehen,
dass
eine
ausbleibende Antwort den Absender der Mail stutzig macht und
er
nachfragen
wird.
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Im vorliegenden Fall darf
ich Sie
daran erinnern, dass Sie in Ihrer
Mail einer imaginären Hiltrud etwas
abrupt
den Laufpass gegeben haben,
da werden Sie wohl kaum darauf warten,
dass die
Dame diese Mail
bestätigt, nicht mal wenn sie die erhalten
hätte.
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Du kennst Deine
Geschlechtsgenossinnen wenig, die antworten zuweilen
sogar auf die
Ansage der
Internetbahnauskunft und besagte Hiltrud
gehört zum Typ unerschrocken
und
kämpferisch, die bringen ihre
Geschütze in Stellung und versuchen,
den
Verweigerer verbal
abzuschießen.
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Das
klingt danach, als habe sie diese Eigenschaften im Umgang mit
Ihnen
auch
dringend gebraucht.
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Was ist
los?
Gehörst Du zu der Gilde der Männerfeinde?
Hiltrud ist (war)
ein
Irrtum.
Es muss doch erlaubt sein, Irrtümer zu
berichtigen.
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Da stimme ich Ihnen zu
und
erlaube mir daher,
dieses Gespräch zu beenden, denn der Irrtum
der
falschen Adressierung ist ja längst
berichtigt.
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3 Wochen später
ich
frage mich, ob es
Deine Schuld ist,
dass ich Hiltrud noch immer an der Backe habe.
Nachdem
Du mir gesagt hattest, ich hätte sie ziemlich abrupt
abgeschossen,
habe ich
die neue Mail an sie darauf hin abgeklopft, ob man einen
Schlussstrich
auch
einfühlsamer verfassen kann.
Man kann....aber, das war die falsche
Strategie
für eine Frau wie
Hiltrud.
Und
jetzt???
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Wie soll ich das
wissen.
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Du musst das wissen, denn
ich
habe inzwischen nach Dir gegoogelt
und festgestellt, Du bist Autorin,
da
müssen Dir doch für solche
Situationen Lösungsvorschläge en masse
einfallen.
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Ich werde mich hüten,
wenns
nicht klappt, kriege ich entweder von
Ihnen oder von Hiltrud eine
Schadenersatzklage.
Ich habe nämlich auch gegoogelt und stieß auf
eine
Anwaltskanzlei mit Ihrem Namen.
Meine Einkünfte als Texterin
lassen
Risiken dieser Art nicht zu.
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Hurra,
Du hast
gegoogelt?
Wie erfreulich, dann ist ja zumindest beiderseits geklärt,
dass
wir sind, wer zu sein wir vorgeben.
Und...dass das Interesse groß
genug war,
Google zu bemühen.
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Keine
Euphorik
bitte.
Das war weniger Interesse als Selbstschutz,
man erlebt ja
allerlei
im Netz.
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Ja? Stoff für
Geschichten?
Beziehst Du daher Deine Ideen, die ja ziemlich
einfallsreich
und vor allem so themenbezogen flexibel
sind, dass ich wirklich
unsicher
wurde, ob Du nicht doch
ein weibliches Pseudonym benutzt, in Wahrheit
aber
ein Kerl bist?
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Tja, diese Frage -
so es
eine ist -
gedenke ich nicht zu
beantworten.
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Schade, eine
Unterhaltung
mit einem Kerl
würde anders aussehen, zumindest was mich betrifft.
Eine
Frau dagegen hat andere Interessen, darauf einzugehen
würde mehr
Einfühlungsvermögen verlangen.
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Kein
Problem, ich stelle Sie frei, sich
einfühlen zu müssen.
Leben Sie
wohl.
Mit Hiltrud werden Sie sicher
alleine fertig, oder besser noch,
fühlen Sie
sich doch ein.
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Diese
Kratzbürstigkeit
muss doch einen
Grund haben. Ist der vielleicht
nachvollziehbar?
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Gewiss nicht
von
Ihnen, also malträtieren Sie nicht länger die
Tasten.
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Aber ich muss doch
erfahren,
wie man eine Frau wie Hiltrud zwar
einfühlsam, aber dennoch endgültig
kalt
stellt.
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Okay , ich machs Ihnen
vor.
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Sechs Wochen später
Was
ist los, ich
warte noch immer auf
Deine
Hiltrud-Kaltstell-Methode.
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Wieso,
ich dachte nicht, dass Ihnen Hiltrud
nach sechs Wochen eisernen
Schweigens je
wieder auf die
Nerven gehen
wird.
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Ich sagte ja schon
irgendwann, Du hast wenig
Ahnung von Frauen wie Hiltrud.
Nach zwei
Wochen
wurden ihre Mails drängend, in der dritten Woche
anklagend und in der
vierten
stand sie von meiner Tür, bereit und willens
mich per Striptease
davon zu
überzeugen, dass ein Verzicht
auf ihre Vorzüge für jeden Mann,
besonders aber
für mich,
in die Rubrik * das geht aber sowas von gar nicht*
gehören.
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Sie haben
Recht, diese
Art weiblicher Wesen hatte ich bisher
nicht mal als Protagonisten in
meinen
Stories.
Aber auch nicht das männliche Gegenstück, das sich jammernd
über
zuviel Zuwendung beklagt.
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Ich
konnte mich der Hiltrud-Attacke auf meine Libido nur
noch entziehen,
in dem
ich an der Sprechanlage eine höchst
ansteckende
Schweinegrippe-Variation
simuliert habe.
Was nur geklappt hat, weil ich mit einer
Wäscheklammer auf
der
Nase total verstopfte obere Luftwege
vortäuschte.
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Darf ich
diese
Demonstration geballter Feigheit in meiner nächsten
Story über
männliche
Weicheier benutzen?
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Gegenfrage,
darf ich, ohne von Dir mit einem Buch als Wurfgeschoss bedacht zu
werden,
auf
Deiner Lesung am 6. Mai in Berlin unter den Zuhörern
sein?
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Keine Antwort.
9
Monate später unter
Kulturnachrichten:
Die bekannte Autorin Elisabeth Leyen
und
der ebenso bekannte Scheidungsanwalt
Volker Pratzmann
heirateten
heute im
Stefansdom Wien.