Andreas Rüdig

Schirmer in Düsseldorf und Neuss

"Man schreibt das Jahr 1827. Es ist die Hoch-Zeit der Romantik. In diesem Umfeld gründeten zwei Kunststudenten in Düsseldorf den `Landschaftlichen Komponierverein´. Johann Wilhelm Schirmer und Carl Friedrich Lessing spürten, daß die althergebrachten Malweisen, die auf den Akademien gelehrt wurden, den romantischen Idealen der Zeit nicht gerecht wurden. In Studien `vor der Natur´ nahmen sie detailgetreu die Vegetation und Landschaft auf. Diese Studien wiederum waren das Ausgangsmaterial für raffiniert komponierte Landschaftsbilder, die als Projektionsfläche für Gefühle und Stimmungen dienten. Der neue Stil traf den Nerv der Zeit. Aus der studentischen Initiative wurde ein neuer Lehrzweig, die Landschaftsklasse der Düsseldorfer Malerschule, zu deren Leiter Schirmer berufen wurde. Hunderte von Schülern trugen die Landschaftsmalerei, die die Kunst und Sehgewohnheiten entscheidend prägte, vom Rheinland in die Welt hinaus.

Die Ausstellungen und Veranstaltungen stellen die künstlerischen und maltechnischen Prinzipien Schirmers und der Düsseldorfer Landschaftsmalerei vor, zeichen die Beziehung zwischen realer und abgebildeter idealisierter Landschaft auf und demonstrieren den Einfluß der neuen Maltradition auf die Kunst des 19. Jahrhunderts.

Die Verbundausstellung `Johann Wilhelm Schirmer - Vom Rheinland in die Welt´ ist ein Pilotprojekt. Erstmals wurden die vorhandenen Sammlungsbestände, die Fachkenntnis der einzelnen Partner und die finanziellen Ressourcen effektiv gebündelt. Ohne diese Synergien hätte es nicht ein so breites und facettenreiches Ausstellungs- und Beiprogramm, geschweige denn eine so ambitionierte, zweibändige Buchpublikation (Katalog und Autobiographische Schriften) realisiert werden können.

Leihwünsche konnten unkomplizierter als üblich erfüllt und Forschungsergebnisse partnerschaftlich bereitgestellt werden. Die über Jahre gesammelten Erkenntnisse zum Leben und Werk Schirmers konnten in eine vorläufige Werkliste einfließen, die darüber Auskunft gibt, welche Werke Schirmers sich im Rheinland und andernorts in öffentlichen Sammlungen befinden. Darüber hinaus konnte ein erster kompletter Katalog der eigenhändigen Radierungen Schirmers erstellt werden. Damit ist man dem längst notwendigen kritischen Werkverzeichnis der Gemälde, Zeichnungen und Druckgraphiken Schirmers einen großen Schritt näher gekommen," berichtet die Pressemitteilung.

Schirmer wird am 5. September 1807 in Jülich geboren. Jülich ist damals eine Festungsstadt im Department de la Roer. Mit 17 Jahren geht er nach Düsseldorf, um an der Kunstakademie Malerei zu studieren. Schirmer wendet sich schon früh der Landschaftsmalerei zu. Zusammen mit Carl Friedich Lessing (1808 - 1880) gründet er den "Landschaftlichen Komponierverein". Schirmer wird Lehrer und später Profesor für die neu eingerichtete Landschafterklasse. Auf zahlreichen Reisen in die Eifel, den Solling, den Mittelrhein, nach Frankreich, in die Schweiz und nach Italien hält er seine Eindrücke in Studien fest. Schirmer wird 1855 zum Gründungsdirektor der großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe ernannt. Schirmer stirbt am 11. September 1863 mit Alter von 56 Jahren. Das Düsseldorfer Museum hat nach eigenen Angaben 60 Werke des Künstlers in seinem Bestand. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Ölmalerei. "Wir sind ein Kompetenzzentrum für die `Düsseldorfer Malschule´, was Ausstellung und Forschung anbelangt," berichtet Dr. Bettina Baumgärtel, Leiterin der Gemäldegalerie. "Ölstudien sind die Fotographie von gestern.

"Schirmer, der 1825 sein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie aufnahm, avancierte rasch zum Professor. In der neu eröffneten Landschaftsklasse an der Düsseldorfer Kunstakademie leitete Schirmer die Akademieschüler zum genauen Studium in der freien Natur an. Zahlreiche Exkursionen führten ins Neandertal, in die Eifel, den Harz oder an den Rhein, doch der Süden, insbesondere die Gebirgslandschaft der Schweiz und Italien blieben das Mekka der Düsseldorfer Landschaftsmaler.

Von Juli 1839 bis Oktober 1840 reiste Schirmer über die Schweiz nach Italien und blieb mit Abstechern nach Neapel, Paestum und auf die Insel Capri fast ein Jahr in Rom und Umgebung. Es war die südliche Vegatation mit ihren atmosphärisch bedingten Licht- und Farbenspielen, vor allem der `bläulich silbrige Duft der Ferne, der den Maler entzückt und dem Laien vielleicht besser als irgend ein Fleck der Erde sagt, was Schönheit der Landschaft sei.

In Schirmers Werk markieren die in Italien entstandenen Freilichtstudien einen Höhepunkt in seinem künstlerischen Schaffen. Insbesondere die Studien aus den östlich von Rom gelegenen Aequerbergen mit den Bergdörfern Olevana Romano und Civitella, dem heutige Bellegra, zeugen nicht nur von der herausragenden Qualität, sondern auch von größter künstlerischer Freiheit.

Die Ausstellung im museum kunst palast zeigt erstmalig in einer Zusammenschau die meisten der noch erhaltenen Ölstudien, Aquarelle und Zeichnungen dieser arkadischen Landschaft, die sich im eigenen Düsseldorfer Bestand und in weiteren öffentlichen und privaten Sammlungen erhalten haben.

Weiter Gemälde Schirmers von Subiaco, Tivoli mit den berühmten Zypressen der Villa d`Este oder der römischen Campagna, aber auch Werke seiner Malerkollegen wie Oswald und Andreas Achenbach, Joseph Anton Koch, August Lucas, Ernst Fries oder Ernst Willerswerden in der Ausstellung zu diesen Studienarbeiten in Vergleich gesetzt. Erstmals werden in der Ausstellung den Besuchern das wiederentdeckter Gemälde Schirmers der Via Mala und eine neu entdeckte Studie des Neandertals, die für das Museum erworben werden konnte, vorgestellt," stellt die Pressemitteilung die Ausstellung "`Ein bläulich silbriger Duft der Ferne!` - Schirmer in Italien" vor. Sie ist vom 24.4. - 29.8.2010 im museum kunst palast in Düsseldorf zu sehen.

Klein aber grandios und begeisternd ist der Düsseldorfer Teil der Ausstellung. Geben die ausgestellten Zeichnungen nur eine Ahnung vom Können Schirmers, sind die Ölbilder schon ein Glanzpunkt. Wer Landschaftsmalerei mag, bekommt sie hier in Perfektion geboten.

DieAusstellung "`Die weite Ferne so nah´ Johann Wilhelm Schirmers Reiseskizzen" ist vom 25.4.2010 bis 1.8.2010 im Clemens-Sels-Museum in Neuss zu sehen. "Im Mittelpunkt der Präsentation `Die weite Ferne so nah´, die vom 25. April bis zum 1. August 2010 im Clemens-Sels-Museum gezeigt wird, stehen rund 180 Zeichnungen und Aquarelle aus dem hauseigenen Bestand, die den künstlerischen Werdegang des Malers Schirmer dokumentieren. Ausgehend vom Rheinland unternahm dieser von 1827 bis in die 1860er Jahre hinein viele Reisen durch Europa, die ihn von Neuss über die Schweiz und Italien bis nach Frankreich führten. Aufden zahlreichen Freilichtstudien hielt Schirmer die regional unterschiedlichen Landschaften, Vegetationen, Architekturdenkmäler und Menschen fest.

Im vergleichenden Nebeneinander mit einer Auswahl namhafter Leihgaben gewähren die Blätter aufschlußreiche Einblicke, inwieweit die bedeutenden Skizzenbuch- und Einzelblätter Eingang in seine Gemälde fanden. Ein Beispiel für die zeichnerische Vorbereitung und detailgetreue Übernahme eines Bildmotivs liefert das berühmte Gemälde `Eine Waldgegend: Landschaft nach eigener Erfindung´, das man gemeinhin unter dem Titel `Deutscher Urwald´ kennt. In das großformatige Gemälde, das den jungen Schirmer 1828 während einer Ausstellung in der Berliner Königlichen Akademie der Künste gewissermaßen über Nach bekannt machte, übertrug er die Zeichnung des liegenden Schützen mit Hund, diesich im Besitz des Clemens-Sels-Museums befindet.

Für die in späteren Jahre bedeutend freiere Umsetzung der Studien kann die wichtige `Römische Campagna mit Wasserleitung´ als beispielhaft gelten, zu der sich Schirmer von einer Bleistiftzeichnung das auf einem Doppelblatt skizzierte Landschaftspanoramaa auf den Verlauf der antiken Wasserleitung `Acqua Claudia´ reduzierte.

Darüber hinaus werden in der Ausstellung die weiteren Funktionen der Skizzenblätter für den Künstler wie die Erweiterung seines Motiverepertoires oder die Verwendung als Lehrmittel für  seine zahlreichen Schüler veranschaulicht. Überraschend sind dabei auch die vielen Figuren- und Kostümstudien, die Schirmer auf den Blättern des Museums festgehalten hat. Die Genauigkeit und die Vielfalt dieser Momentaufnahmen räumen ein für allemal mit dem Vorurteil auf, Schirmer habe keine menschlichen Gestalten darstellen können. Außerdem geben die Blätter Aufschluß über seine künstlerischen Vorbilder, die er auf seinen Reisen am Original studierte, modifizierte und in Auszügen in seine Gemälde übertrug. Auch das Medium der Fotographie scheint Schirmer als eine Quelle der künstlerischen Inspiration erachtet zu haben. So lernte er in Frankreich den Lichtbildner Edouard Baldus (1813 - 1889) kennen, dessen Aufnahmen sich Schirmer in sein Atelier schicken ließ," berichtet die Pressemitteilung.

"Wir besitzen den drittgrößten Bestand an Schirmer. In den `50er Jahren kam ein Konvolut von rund 100 Blättern in den Handel. Unsere damalige Museumsleiterin griff kurz entschlossen zu, zumal auch Neusser Motive darunter waren," berichtet Dr. Uta Husmeier-Schirlitz, Direktorin des Clemens-Sels-Museums.

Diese Ausstellung ist nicht so ganz mein persönlicher Geschmack. Es lohnt sich aber trotzdem, die Ausstellung zu besuchen, wenn man Schirmers Werk kennenlernen möchte.

 

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