Norbert Wittke

Firmenstrukturen nach Art von Scientology


Der Film der ARD über Scientology hat mich stark beeindruckt. Zwar kann ich
mir kaum vorstellen, wie jemand auf eine derartige Organisation hereinfällt, aber
es gibt sehr viele Intelligente darunter. Vor Jahren bin ich auf zwei Firmen gestoßen,
die einen ähnlichen Aufbau haben.

Im Jahre 1991 habe ich Erfahrungen mit der Firma AWD (Allgemeiner Wirt-
schaftsdienst) gesammelt. Jahre später dann mit Vita Life. Die Angebote sind
in etwa in Ordnung, nur wollen sie die totale Überwachung ihrer Mitarbeiter,
etwa so wie bei Scientology.

Als ich mich für AWD interessierte, musste ich ähnliche Fragebogen ausfüllen.
So hieß es u.a.: Schreiben Sie die Namen aller Freunde, Verwandten und
Bekannten auf, die Sie für AWD als Kunden gewinnen können. Diese Namen
sind die Chance für den Aufstieg innerhalb der Hierarchie bei AWD.

Gefrag wurde auch nach der eigenen finanziellen Lage. Richtig enttäuscht war
man bei mir, da ich keine großartigen Schulden hatte, außer den Finanzierungs-
kosten für eine ETW. Nach dem Prinzip von AWD sind Mitarbeiter besonders
motiviert, wenn sie hohe Schulden haben und nicht mehr nachdenken.

Ich wurde einer Führungskraft zugeteilt, die mich betreuen sollte. Fast zu jeder
Tages- und Nachtzeit rief der mich an, um von mir einen Bericht zu erhalten, was
ich alles schon für die Firma unternommen hätte. Da ich mir das Unternehmen
erst anschauen wollte, ging ich sehr vorsichtig mit der Angabe von Kontakten
um. Schließlich wollte ich mir erst einen Überblick verschaffen.

Es wurden kostenlose Seminare angeboten. Drei Monate habe ich an solchen
teilgenommen. Mich nervte schon jedes mal der Beginn. Mit einem Overhead-
projektor wurde auf die Tafel projeziert, was man alles machen könnte, wenn
man hohe Vermittlungsgebührenanteile erreichen könnte. Da winkten Welt-
reisen, große pompöse Autos, alles Luxusdinge. Damit wollte man seine
zukünftigen Mitarbeiter zu unbändigem Einsatzwillen locken. So sollte man
dann die Leiter des Erfolges erklimmen.

Auf korrekte Kleidung wurde großer Wert gelegt. Schließlich sollte man den
Kunden durch sein Äußeres beeindrucken. Vorgeschrieben für Männer
dunkle Anzüge, weiße Hemden, Krawatte. Für Frauen entsprechende
Hosenanzüge, Röcke oder Kleider. Auch ein großer PKW sollte möglichst
benutzt werden, um den Kunden den großen Erfolg vor zu spielen.

Bei den Kundengesprächen (Interviews) sollte ein Finanzststus erstellt werden.
Man versprach eine Auswertung per Computer. Ein guter Bekannter ging
auf so ein Interview ein. Ich lieferte den Finanzstatus ab an die Führungskraft.
Der legte ihn in seinen Schreibtisch. Drei Wochen später nahm er ihn ohne
jede Computerauswertung heraus, sagte mir dann, was der Kunde alles 
abschließen sollte.

In die Zeit fiel auch ein große Mitarbeiterversammlung in einem Hotel in
Frankfurt. Da erschien er, der große Meister, der Maschmeyer. Alles
sprang auf. Dann wurde er gefeiert, wie Gott selbst es noch nicht erlebt
hat. Alle waren sie die Kings. Einer hatte mehr Erfolg als der andere.
Leute der Superlative, die da zusammen kamen.. Ich sah mir diese
Erfolgsmenschen an. Sie machten auf mich eher einen schäbigen Eindruck.
Erfolgsmenschen sahen für mich wohl anders aus.

Meine Frau und ich waren ganz gut angezogen. In diesem Haufen mussten
wir wohl eher auffallen. Der Höhepunkt dann in der Pause. Es wurden
gesponserter Zwiebelkuchen und Pizzastücke angeboten. Heißhungrig
stürzten sich diese Erfolgsmenschen auf das Buffet. Wir hatten Null Chance,
etwas davon zu ergattern. Wir gaben lieber auf. Sollten sich diese verhungerten
Leute doch endlich mal satt essen und danach kräftig blähen.

Einige Leute habe ich kennen gelernt, die sich auf Grund der so großen Erfolgs-
chancen in die Schulden stürzten. Denn es dauerte bis die Provisionen flossen,
dann je nach Stufe auch sehr niedrig. Dafür wurden sie an den Kosten der
Büros und der Angestellten dort beteiligt. Der Erfolg bestand dann in einem
dicken Minus.

Gut einige haben davon profitiert, die auf Kosten der anderen wie Maschmeyer
in Saus und Braus leben. Er ist sogar mehrfacher Millionär geworden. Konnte
von den abgepressten Gelder seiner Mitarbeiter der Stadt Hannover ein tolles
Stadion schenken. Jetzt haben sie dort in der AWD-Arena diesen tollen
Abstieg geschafft.

Ich habe nach meinen Erkenntnissen sofort den Absprung gemacht.

Danach habe ich mit der Firma Vita Life (Magnetfeld-Resonanzsysteme)
ähnliche Erfahrungen gesammelt. Wir haben uns ein derartiges System,
das für manche gesundheitliche Probleme wirklich hilft, angeschafft.
Dann einen Einführungslehrgang mit gemacht. Dort bot man den Mitarbeitern
wie bei Scientology  immer neue Seminare an. So sollten eventuelle Ver-
mittlungsgebühren gleich wieder in dir richtigen Taschen leiten.

Alle Organisationen der Art sind darauf aus, für ihre Spitzenleute das Beste
zu erzielen. Alle anderen bleiben dabei auf der Strecke. Deshalb ist immer
höchste Vorsicht geboten, bevor man sich auf so etwas einlässt. Es gilt
wie bei jeder Geldanlage die Regel, wer viel verspricht ist meistens dubios.

30.04.2010                           Norbert Wittke




 

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