Patrick Wagner

Human Oven

Wir kamen in einen großen Zug. Er war ein Import aus den vereinigten Staaten. In diesem Zug wurde mir ganz anders. Ich mag Züge, aber diese Lock machte mich nervös. Ich versuchte dem Museumsführer zuzuhören, aber ich konnte mich aus irgendeinem Grund nicht konzentrieren. Es war die negative Schwingung, die von diesem Zug ausging. Ich hatte das Bedürfnis aus dem Ausstellungsstück zu gehen und frische Luft zu atmen. Aber das konnte ich Larissa nicht antun. Sie war von diesem Zug begeistert.

Je mehr wir uns im Zug umsahen, desto schlechter ging es mir. Mein Herz schlug schneller und auch deutlich lauter. Larissa merkte das und versuchte mich zu beruhigen.

„Es ist nur ein alter, stillgelegter Zug aus Amerika“, flüsterte sie mir zu.

Eigentlich wollte ich mich beruhigen, aber irgendwie klappte das nicht. Je näher wir dem Führerhäuschen kamen, desto schlimmer reagierte mein Körper: Ich bekam Schweißausbrüche, mein Herz raste und ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen.

Wir standen mit der Reisegruppe direkt vor der Tür des Führerhäuschens. Ich klammerte mich mit beiden Händen an Larissas Oberarm fest.

Jeder in der Reisegruppe merkte, dass etwas mit mir nicht stimmte.

Vorsichtig öffnete der Museumsführer die Tür zum Zugführerraum.

Ich wippte hin und her und bekam plötzlich panische Angst. Ich wusste selbst nicht, was mit mir los war.

Ein älterer Herr aus meiner Reisegruppe fragte den Führer: „Passiert das öfters?“

Der Führer zögerte. Larissa schob mich nach vorn. Mein Herz schlug schneller.

„Es gibt eine Geschichte über diesen Zug“, sprach der Führer. Gespannt hörte die Reisegruppe zu.

 

„Vor vielen Jahren, als dieser Zug noch in Betrieb war, spielte sich hier eine furchtbare Geschichte ab: In dem Zug wurden reiche Menschen von Kalifornien nach New York transportiert. Doch eines Nachts passierte, was nicht hätte passieren dürfen: Der Zug wurde von goldgierigen Räubern angegriffen. Diese Banditen waren eiskalt. Sie räumten das Gold aus dem Lagerraum und den Taschen der Passagiere und ermordeten diese kurzerhand. Nur Zugführer McLennon überlebte, der die ganze Geschichte dann der Polizei in New York erzählte. Die Banditen wurden nie gefasst.“

 

Nach dieser Geschichte wurde mir einiges klar. Ich konnte unheimliche Orte spüren.

Der Museumsführer bat nun einen nach dem anderen, in das Führerhaus zu kommen. Ich hatte trotz Aufklärung panische Angst. Als Larissa und ich das Führerhäuschen betraten, fiel ich in Ohnmacht. Den Traum, den ich während meiner Ohnmacht hatte, werde ich niemals vergessen.

 

Ich träumte, ich war ein Passagier im Zug. Plötzlich hörte ich Schüsse. Ich sah aus dem Fenster und konnte unzählige Räuber erkennen, die auf Pferden ritten. Die schossen mit Revolvern auf unseren Zug. Unruhe machte sich im Wagon breit. Auf einmal höre ich einen Mann schreien:

„Wir müssen schneller werden! –Wir müssen schneller werden!“

Kurz darauf betrat er unseren Wagon. Hektisch fuchtelte er in der Luft herum.

„Die Kohle ist ausgegangen! Gebt mir bitte etwas zum Verbrennen!“, schrie er.

Die Zuggäste lachten ihn aus und auch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Es war ohne Frage eine ernste Situation, aber dieser kleine Mann in seinem Lockführeroutfit sah einfach lächerlich aus.

Nach einiger Zeit wurde der Zug langsamer. Die Räuber ritten uns weiter hinterher. Plötzlich konnte ich weitere, lautere Schüsse hören. Die Räuber mussten näher gekommen sein. Im Nachbarwagon waren entsetzliche Schreie zu hören.

Es dauerte keine fünf Minuten, da stand der Lockführer wieder im Wagon. Er zielte mit einer Waffe auf den Mann, der neben mir saß und drückte ab. Er tötete alle Menschen im Wagon und ging dann in den nächsten über. Nach einiger Zeit wurde der Zug schneller. Bald war er schnell genug, dass wir den Räubern entkamen.

 

Als ich wieder aufwachte, sah ich Larissas entsetzes Gesicht.

„Du bist wieder zu dir gekommen“, freute sie sich.

Ich stellte mich wieder hin und ging zielstrebig auf den Ofen zu. Mein Herz schlug nicht mehr so häftig und auch von schweiß war nichts zu spüren. Vorsichtig öffnete ich den Brennofen, fasste mit der Hand hinen und tastete die alte Asche ab. Larissa und die restliche Reisegruppe sahen mir entsetzt zu.

„Ich weiß, wer der wahre Verbrecher in dieser Trauergeschichte ist“, murmelte ich.

Ich spürte im Ofen etwas Knorpelartiges und zog es heraus. Entsetzt wurde ich von den Mitgliedern der Reisegruppe angestarrt, denn ich hielt eine halbverbrannte Knochenhand in die Höhe.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.05.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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