Karl Bednarik

Das Zeitkatapult

 

 

Was würde geschehen, wenn jemand von der Erdoberfläche aus

einen Tag in die Vergangenheit springen würde?

 

Würde er auf der Erdoberfläche auftauchen, würde er im Weltraum

auftauchen, weil die Erde auf ihrer Kreisbahn um die Sonne weiter

gezogen sein würde, oder würde etwas ganz anderes passieren?

 

Es würde etwas ganz anderes passieren.

 

Warum?

 

Wo landet man nach einer Zeitreise in einem schnellen Raumschiff,

wenn das Raumschiff selbst die Zeitreise nicht mit macht?

 

Gleichförmige Bewegungen können nicht vom Ruhezustand unterschieden

werden, weil man keinen Pflock in den ruhenden Weltraum einschlagen

kann.

 

Wenn man nun die Lichtgeschwindigkeit in den sechs Hauptrichtungen

des Raumes misst, dann ist die Lichtgeschwindigkeit immer in allen

sechs Richtungen gleich groß, unabhängig davon, wohin das Raumschiff

unterwegs ist (Michelson-Morley-Experiment, aber ohne Raumschiff).

 

In Fahrtrichtung gibt es zwar eine Blauverschiebung des Sternenlichtes,

und gegen die Fahrtrichtung eine Rotverschiebung, aber das kann genau

so gut vom relativen Bewegungszustand zwischen dem Raumschiff und den

einzelnen Sternen abhängen.

 

Schließlich zeigen sich einem irdischen Beobachter auch die fernen

Galaxien mit einer deutlichen Rotverschiebung, ohne dass sich der

irdische Beobachter bewegt (vor allem bewegt er sich nicht von allen

Galaxien in allen Richtungen gleichzeitig weg).

 

Wenn man innerhalb eines ruhenden Raumschiffes eine Sekunde in der

Zeit vor- oder zurückspringt, dann darf man erwarten, dass sich die

die relative Position und Geschwindigkeit zwischen dem Zeitreisenden

und dem Raumschiff nicht verändert (in diesen Beispielen macht das

Raumschiff selbst die Zeitreise nicht mit).

 

Gleichförmige Bewegungen können nicht vom Ruhezustand unterschieden

werden.

 

Wenn man innerhalb eines gleichförmig bewegten Raumschiffes eine

Sekunde in der Zeit vor- oder zurückspringt, dann darf man ebenfalls

erwarten, dass sich die die relative Position und Geschwindigkeit

zwischen dem Zeitreisenden und dem Raumschiff nicht verändert.

 

Der Zeitreisende befindet sich also genau an jenem Ort, an dem er

wäre, wenn er keine Zeitreise gemacht hätte.

 

Er befindet sich genau an jenem Ort, an dem er wäre, wenn er die

Geschwindigkeit, die er zur Zeit seines Absprungs hatte, beibehalten

hätte.

 

Beschleunigte Bewegungen können leicht vom Ruhezustand und von

gleichförmigen Bewegungen unterschieden werden.

 

Wenn ein Raumschiff mit 10 m/s^2 (rund 1 g) beschleunigt, und der

Zeitreisende eine Sekunde in die Zukunft springt, dann landet er

5 m hinter dem Raumschiff, denn dort wäre er zu dieser Zeit, wenn

er die Geschwindigkeit, die er zur Zeit seines Absprungs hatte,

beibehalten hätte, und außerdem ist der Zeitreisende dann um

10 m/s langsamer als das Raumschiff (s=(a/2)*t^2 und v=at).

 

Bei größeren Raumschiffen landet er dann womöglich im Treibstofftank.

 

In diesem Falle sollte man eigentlich sagen, dass das Raumschiff

mit 1 g Beschleunigung in dieser Sekunde um 5 m weiter geflogen ist,

als der Zeitreisende, und dabei auch um 10 m/s schneller geworden ist.

 

Der konstante Anteil der Geschwindigkeit spielt dabei keine Rolle.

 

Wenn das Raumschiff in dieser Sekunde nicht beschleunigt hätte,

dann hätte sich die relative Position und Geschwindigkeit zwischen

dem Zeitreisenden und dem Raumschiff auch nicht verändert.

 

Bei einem Sprung von einer Sekunde in die Vergangenheit landet der

Zeitreisende dann aus denselben Gründen 5 m vor dem Raumschiff, und

ist dann auch noch um 10 m/s schneller als das Raumschiff.

 

Das Raumschiff hat sich ihm gegenüber also um eine Sekunde verspätet.

 

Wenn man in einem ruhenden oder in einem gleichförmig bewegten

Raumschiff eine Sekunde in die Vergangenheit springt, dann landet

man genau auf sich selbst drauf, was bestimmt sehr schmerzhaft ist.

 

Deshalb ist in diesem Falle eine beschleunigte Bewegung des Raumschiffes

sehr nützlich, nur sollte man vorher einen Raumanzug anziehen.

 

Bei einem Sprung in die Zukunft kann man in den meisten Fällen nicht

auf sich selbst drauf springen, aber eine beschleunigte Bewegung des

Raumschiffes kann nicht schaden, außer man landet im Treibstofftank.

 

Gravitation und Beschleunigung können nicht unterschieden werden.

 

Wenn man also auf der Erdoberfläche eine Sekunde in die Vergangenheit

springt, dann taucht man in 5 m Höhe auf, und fliegt von dort mit

10 m/s Anfangsgeschwindigkeit nach oben, zumindest so lange, bis

einem die Schwerkraft wieder herunter holt.

 

Die räumliche Bewegung der Erdoberfläche spielt in diesem Beispiel

eine geringere Rolle als ihre Bewegung durch die gekrümmte Raumzeit.

 

Die Rotationsgeschwindigkeit der Erde am Äquator beträgt 463 m/s,

aber die Zentrifugalbeschleunigung beträgt dort nur 0,034 m/s^2.

 

Die Kreisbahngeschwindigkeit der Erde um die Sonne beträgt 29,8 km/s,

aber die Zentrifugalbeschleunigung beträgt dort nur 0,00593 m/s^2.

 

Außerdem wird diese Zentrifugalbeschleunigung durch den gleichen

Betrag der Sonnengravitation kompensiert, weil sich die Erde auf

einer geodätischen Bahn kräftefrei durch die Raumzeit bewegt.

 

Das heißt im Klartext, dass die Kreisbahngeschwindigkeit der Erde

überhaupt keinen Einfluss auf die relative Position und Geschwindigkeit

zwischen der Erde und dem Zeitreisenden haben kann.

 

Das gilt sinngemäß auch für die Bewohner der Internationalen Raumstation,

denn diese bewegt sich nahezu kräftefrei um die Erde (und mit ihr um die Sonne).

 

Es macht also einen großen Unterschied aus, ob man seinen Zeitsprung

von der Erdoberfläche aus, oder von der Internationalen Raumstation aus

macht, denn nur bei der Abwesenheit von Beschleunigung bleibt die relative

Position und Geschwindigkeit erhalten (Inertialsystem).

 

Normaler weise macht man seine Zeitsprünge natürlich mitsamt seines

Raumschiffes, was auch die Versorgung mit Atemluft vereinfacht, und am

besten fliegt man dabei beschleunigt durch einen möglichst materiearmen

Teil des Weltraums, so dass man weder auf sich selbst, noch auf andere

Objekte drauf springen kann.

 

Außerdem kann man dann gleich ein paar hundert Megatonnen TNT-Äquivalent

Sprengkraft zur sanften Korrektur geschichtlicher Ereignisse mitnehmen.

 

Eine Ausnahme dieser Methode stellt das Zeitkatapult dar, dessen hoher

Energiebedarf von den stationären Anlagen des Raumhafens gedeckt wird.

 

Das Zeitkatapult dient zum Katapultstart eines Raumschiffes von der

Erdoberfläche, denn wenn man 1120 Sekunden in die Vergangenheit springt,

dann hat man dort 11200 m/s Geschwindigkeit mehr als die Erdoberfläche

in diesem Teil der Raumzeit, und außerdem ist man dann in 6272 km Höhe

über der Erdoberfläche in diesem Teil der Raumzeit, so dass der

Luftwiderstand keine Rolle mehr spielt (die 11200 m/s Fluchtgeschwindigkeit

gelten ohnehin nur für die Erdoberfläche, und nicht mehr in 6272 km Höhe).

 

Wenn man den Katapultstart durch einen Sprung von 1120 Sekunden in

die Vergangenheit durchführt, dann taucht man auch 1120 Sekunden

früher in der Mitte der Invasionsflotte der Mirgs auf, als diese

auf Grund ihrer Ortungen erwarten können.

 

Außerdem kennt man den Verlauf der Raumschlacht in den ersten

1120 Sekunden, denn man hat ja vom Boden aus zugesehen.

 

Wenn man auf der Erdoberfläche eine Sekunde in die Zukunft springt,

dann taucht man 5 m unter der Erdoberfläche auf, was eine neue

Form der schaufellosen Sofortbestattung darstellt.

 

Wenn man Hochhäuser mit 5 m hohen Stockwerken baut, und eine

Sekundenzeitmaschine in jedes Stockwerk stellt, dann benötigt

man keinen Aufzug mehr.

 

Allerdings sind dann viele weiche Polster erforderlich, die den

mit 10 m/s erfolgenden Aufprall dämpfen.

 

Eigentlich hat ein Sprung von einer Sekunde in die Zukunft

ganz genau den gleichen Effekt, wie ein Sprung in 5 m Tiefe

(auf Planeten mit 10 m/s^2 Gravitation).

 

Das liegt daran, dass man dabei eine Sekunde lang schwerelos

ist, was ja auch Einstein auf den Gedanken mit der gekrümmten

Raumzeit gebracht hat.

 

Man fliegt auf einer kräftefreien geodätischen Bahn, und wird dann

von der mit 10 m/s entgegenkommenden Erdoberfläche aufgefangen.

 

 

 


Die Frage von Steffen Herrmann:

Das Wesen eines Zeitsprunges besteht ja darin, dass ein System
für einen Zeitraum die Interaktion mit der Umwelt verliert und
nur seine Eigenwerte beibehält.

Das wären Grösse, Form, Geschwindigkeit, etc.

Was ist mit den Kräften?

Wenn Du konsequent bist, wirst Du sagen, dass die Kräfte
(mit der Umwelt) aussetzen.

Das scheinst Du zunächst auch so zu sehen.

"Wenn ein Raumschiff mit 10 m/s^2 (rund 1 g) beschleunigt, und der
Zeitreisende eine Sekunde in die Zukunft springt, dann landet er
5 m hinter dem Raumschiff, denn dort wäre er zu dieser Zeit, wenn
er die Geschwindigkeit, die er zur Zeit seines Absprungs hatte,
beibehalten hätte."

Später aber behauptest Du genau das Gegenteil, indem Du das
Zeitsprungsystem nicht die Geschwindigkeit, sondern die
Gravitation mitnehmen lässt.

"Wenn man auf der Erdoberfläche eine Sekunde in die Zukunft springt,
dann taucht man 5 m unter der Erdoberfläche auf, was eine neue Form
der schaufellosen Sofortbestattung darstellt."


Die Antwort:

Wenn ein Raumschiff mit 10 m/s^2 (rund 1 g) beschleunigt, und der
Zeitreisende eine Sekunde in die Zukunft springt, dann landet er
5 m hinter dem Raumschiff, denn dort wäre er zu dieser Zeit, wenn
er die Geschwindigkeit, die er zur Zeit seines Absprungs hatte,
beibehalten hätte, und außerdem ist der Zeitreisende dann um
10 m/s langsamer als das Raumschiff (s=(a/2)*t^2 und v=at).

In diesem Falle sollte man eigentlich sagen, dass das Raumschiff
mit 1 g Beschleunigung in dieser Sekunde um 5 m weiter geflogen ist,
als der Zeitreisende, und dabei auch um 10 m/s schneller geworden ist.

Wichtig: Gravitation und Beschleunigung können nicht unterschieden werden.

Wichtig: Beim Zeitsprung überspringt man auch die in dieser Zeit
ansonsten vorhanden gewesene Gravitationsbeschleunigung.

Eigentlich hat ein Sprung von einer Sekunde in die Zukunft
ganz genau den gleichen Effekt, wie ein Sprung in 5 m Tiefe
(auf Planeten mit 10 m/s^2 Gravitation).

Wichtig: Das liegt daran, dass man dabei eine Sekunde lang schwerelos
ist, was ja auch Einstein auf den Gedanken mit der gekrümmten
Raumzeit gebracht hat.

Man fliegt auf einer kräftefreien geodätischen Bahn, und wird dann
von der mit 10 m/s entgegenkommenden Erdoberfläche aufgefangen.

Wenn man auf der Erdoberfläche eine Sekunde in die Zukunft springt,
dann taucht man 5 m unter der Erdoberfläche auf, was eine neue
Form der schaufellosen Sofortbestattung darstellt.

Ausserdem hat man dann auch eine Geschwindigkeit von 10 m/s nach
unten, was aber von der Erde schnell gebremst wird.

Wichtig: Weil Du nicht mit Deinen Füssen auf der Erdoberfläche stehst,
und von ihr daher nicht mit beschleunigt wirst, sondern weil Du von
ihr entkoppelt bist, bewegt sich nur die Erdoberfläche alleine in der
gekrümmten Raumzeit relativ zu Dir nach oben, ganz genau so wie ein
beschleunigendes Raumschiff.

Anmerkung: Die Bewegung der Erdoberfläche in der gekrümmten Raumzeit ist
vorwiegend keine räumliche Bewegung, sondern eher eine zeitliche Bewegung.

Stark vereinfacht: Wenn Du nicht auf der Erdoberfläche stehen kannst,
dann wirst Du in die Erde einsinken.


Karl Bednarik, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.05.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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