Wilhelm Westerkamp

Tanz in den Mai

 

Manchmal, da sehe ich die braunen Blätter zu Boden fallen und höre gleichzeitig das Prasseln des Regens auf die Regenrinne und ich merke, das ich über mich selber lache und das kommt nicht so oft vor. Ich könnte jetzt tanzen, so ganz für mich allein, für niemanden anders, auch für eine Frau nicht, die mir gefällt, eben nur für mich allein. Das Leben pulsiert in der Großstädten in der Bundesrepublik, natürlich auch in Köln. Man wird mitgerissen, von der Masse der Menschen, in der ich jetzt wieder tanzen könnte, doch wie oben schon erwähnt, tanze ich nur für mich allein. Wie sähe das denn aus, im Pulk der Menschen einfach so zu tanzen, ich bin doch kein „Tanzbär“, das soll niemand sehen, es ist eine intime Angelegenheit, die geht keinen etwas an, schließlich bin ich kein „Open-Air-Tänzer“. Außerdem erschreckt mich die Masse Menschen in der Schilderlasse in Köln. Ich habe den Eindruck, sie könnten mich überrollen, als gäbe es keinen Stillstand. Das Leben pulsiert also, Menschen kommen von überall, sie lachen, sie weinen, sie reden mit sich selbst, reden miteinander, gehen kreuz und quer, sie stoßen unabsichtlich zusammen, was sie nicht mögen, aber es geht weiter, immer weiter im Strom der Menschen. Dieser Strom, diese Masse an Menschen, sie scheint unendlich, sogar ewig zu sein, aber man weiß ja, alles wird sein Ende haben. Vielleicht wird irgendwo in der Innenstadt eine Bank überfallen und dann brausen sie heran, die grün-weißen Polizeiautos, mit blitzendem Blaulicht und ordentlichem Getöse. Polizisten hasten aus ihren Wagen, versuchen den Täter, die Täter zu überführen, aber meistens sind die schon über alle Berge und lassen sich nicht erwischen. Von der Beute werden sie eine Zeit lang leben können, bis der nächste Überfall stattfinden wird und sie dann doch in die Fänge der Polizei geraten und mit Handschellen auf dem Rücken, ins Polizeiauto verfrachtet werden und dann ist das Spiel für die lieben Bankräuber erst einmal ausgespielt und der graue Alltag im Gefängnis wird auf sie warten und das wird kein schöner sein. Ich sehe nun ein Liebespärchen, sich küssend, mitten im Strom der Menschen stehend, so das sie einem kaum auffallen, aber ich mit meinen Adleraugen habe sie entdeckt wie eine seltsame Briefmarke. Das Leben ist schon seltsam, in manchen Facetten sogar sehr, aber dann schießt die aufkommende Sonne durch die Wolken und macht Lust auf mehr und auf einmal lachen die Gesichter wieder, die Augen sehen glücklich aus, sie strahlen wie die Sonne so stark, ich könnte nun wieder tanzen, doch ich bin introvertiert, zeige meine Gefühle anderen fremden Menschen nicht so offensichtlich, das muss man verstehen. Und dann höre ich zu meiner Verwunderung, Lady Gaga, mit „Pokerface“ im Kölner Bahnhof. Dieser Song haut mich glatt um, ich könnte jetzt mit allen Menschen im Bahnhof um die Wette tanzen, dann würden wir dazu lachen und singen und auch so ein „Pokerface“ aufsetzten wie es Lady Gaga so besingt. Aber wenn die Schönheit der Lust am Lachen, am „Blödeln“ den Höhepunkt erreicht, hole ich meine Pistole aus der Tasche und schieße dreimal euphorisch in die Decke des Kölner Bahnhofs, so wie es die Bankräuber tun, um sich Respekt zu verschaffen. Plötzlich, ohne das ich es wollte, fange ich tatsächlich zu tanzen an- ganz gegen meine Gewohnheit- und alle hier im Bahnhof tanzen mit, einige ziehen sich sogar die Schuhe aus und tanzen auf den Socken, mit mir mit. Ich bin der Ekstase nahe -auch ganz ohne Drogen- nur durch das Tanzen bedingt, so dass mir vor Freude die Tränen über das Gesicht laufen, aber dieser Moment dauert nicht lange, denn ich bin schnell wieder der Alte, der Introvertierte. Die „Tanzerei“ im Bahnhof hat nachgelassen, die euphorische Stimmung senkt sich langsam, der Puls nimmt ab, es ist wieder ruhiger geworden im Kölner Bahnhof, der „Tanz in den Mai“ ist nun vorüber, man hört die Züge wieder durch das Gemäuer des Kölner Bahnhofs donnern, alles hat sich wieder normalisiert, doch eine bestimmte Freude ist geblieben, nämlich die Freude am Leben. Das Tanzen hat mir dabei sehr geholfen.

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.05.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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