Maria Mittermayr

Der Sohn des unbekannten Morgen -Nacht 3

 

  ,,Na ja,"
Die Langlebige musterte mich kurz ohne eine Miene zu verziehen.
Ich konnte also nicht feststellen ob sie mich durchschaut hatte während sie fortfuhr
,, Mein Name ist Sandra´H und meinetwegen können wir das Gesieze ruhig lassen. Eigentlich  könnte es mir ja auch ganz egal sein ob du dir eine ordentliche Lungenentzündung holst. Aber mein Bruder vertraut dir. Nur deshalb möchte ich dass du meinen Umhang nimmst. Außerdem, wirst du auch dann noch ein Mensch bleiben wenn du ihn dir ausleihst das kannst du mir glauben!, Wenn solche Kleinigkeiten reichen würden um einen Menschen zu einem von uns zu machen, hätten eine Menge von uns wohl eine Menge Schüler und wir alle summa sumarum ziemlich viel Arbeit ."
Während Sandra wie sie sich vorgestellt hatte (Sie sprach den Namen hart aus mit einer besonderen Betonung beim letzten A) das sagte, lächelte sie wissend allerdings ohne die Zähne zu zeigen wie vorhin diese Naawja.
-...Sie hatte mich durchschaut!.
"Danke."
 Sagte ich deshalb etwas beschämt und nahm ihr jetzt doch den Überwurf ab um mit einer dankenden Geste hineinzuschlüpfen.
Ich meine,was blieb mir auch jetzt noch anderes übrig? .
Also übte ich mich im Schweigen und ging eine ganze Weile neben der Cory her ohne das ich etwas sagte.
Aber dann nach dem meine erste Angst davor am nächsten Morgen möglicherweise mit Fangzähnen aufzuwachen sich schließlich doch etwas gelegt hatte, und damit auch das Bedürfnis verschwand mir diesen seltsamen Umhang vom Leib zu reißen als sei er mit Säure getränkt, war ich dieser Sandra wirklich durchaus dankbar, denn auch wenn ich eher auf elegante, edle Kleidungsstücke baute wärmte mich diese rustikale Wolldecke doch recht gut.
Innen war sie sogar gefüttert und auch die weitgeschnittene Kapuze war auch ganz praktisch als es schließlich noch mal zu regnen anfing.
Den Rest der Strecke zum Haus von Michaels "Familie" legten wir dann aber doch nachdem wir endlich einen Parkplatz erreicht hatten, mit dem Auto oder besser gesagt mit Hilfe von zwei PKW´s zurück.
Einen davon lenkte Sandra´H.
Und den Zweiten in dem schließlich auch ich Platz gefunden hatte, ein Cory den ich noch nicht kannte.
Es war eine merkwürdige Sache einer dieser vielleicht Hunderte von Jahren alten Kreaturen bei etwas so Normalem zuzusehen wie zum Beispiel Auto fahren oder einen dabei zu erwischen wie er auf sein modernes Handy schielte, stellte ich fest.
Andererseits hatte ich aber auch nicht viel Zeit mir irgendjemanden oder irgendwas genauer anzusehen denn ich saß vorn.
Alleine neben dem Fahrer und bemerkte während ich aus dem Fenster sah wie sich die Landschaft immer mehr veränderte.
Sicher ,man muß wissen ich befand mich in einer sehr ländlichen Gegend Deutschlands und auch dieser Friedhof hatte weit außerhalb gelegen.
Ich hatte mit diesen verfluchten Bus eine halbe Ewigkeit gebraucht weil das coryianische Konsulat der Stadt nach langem Hin und Her nach Ende des Krieges einen beachtlichen Teil dieses damaligen Naturschutzgebietes abgekauft hatte um eine ihrer letzten Ruhestätten dort anlegen zu können ohne laufend von neugierigen Menschen behelligt zu werden.
Den Großteil des Gebietes hatten sie wohl so gelassen wie die Natur es geschaffen hatte denn die meisten Cory haben soweit ich zumindest bislang mitbekommen hatte eine ziemliche Ehrfurcht vor allem was lebt, was einerseits ein beruhigender, andererseits ein ziemlich befremdlicher Gedanke ist wenn man bedenkt wie diese Wesen ursprünglich ihr Überleben sichern mussten.
Aber nun glaube ich, es war vordergründig betrachtet einfach ein seltsames Gefühl dass es bereits nach einer relativ kurzen Fahrtzeit kaum noch Häuser gab.
Die Straße wurde immer holpriger, die Gegend immer unberührter, wilder. Häuser wurden von Feldern abgelöst, bald kamen vereinzelt Bäume dazu die rasch mehr wurden, wenig später fuhren  fuhren wir schon  durch einen lichten Wald und dann gab es zwanzig Minuten später schließlich gar keine Anzeichen menschlichen Lebens mehr.
Nicht einmal der übliche Müll, bestehend aus zerquetschten Aludosen oder Essenspapier, welches so mancher Autofahrer achtlos aus dem Fenster wirft, konnte ich entdecken und der Wald eine freundliche und friedliche  Mauer aus satten Herbstfarben schloß mich ein von allen Seiten   .
Ich war also ganz allein , fernab der Zivilisation und hätten mir die Langlebigen nun tatsächlich etwas zu leide tun wollen , so wird mir nun während ich das alles aufschreibe ebenfalls klar, wäre ich ihnen völlig schutzlos ausgeliefert gewesen.
So weit entfernt von jeglichen menschlichen Behausungen,
und dabei völlig angewiesen auf Wesen die fremdartiger nicht sein konnten.
Noch dazu war das alles so plötzlich gekommen dass ich keinen informiert hatte wohin ich ging und dass ich länger wegbleiben würde.
Also hätte auch niemand gewusst wo ich war wenn die Cory plötzlich doch beschlossen hätten, über mich herzufallen und mich anschließend schwerverletzt in dieser mir unbekannten Gegend auszusetzen.
Aber auf solche Gedanken kam ich damals nicht und sie wären auch völlig zu Unrecht gewesen denn um das ganze Rundherum etwas abzukürzen,
Sie waren zwar seltsam aber strahlten ganz wieder erwarten nichts bedrohliches aus sondern waren eher zurückhaltend und begegneten mir mit der selben ausnahmslosen Freundlichkeit wie auch Sandra´H sie mir ohne jeden besonderen Anlass entgegengebracht hatte.
Auch als wir kurz darauf endlich ihr Wohnhaus erreichten veränderte sich dieses Verhalten nicht .
Im Gegenteil denn kaum waren wir dort angekommen wurde mir sowie ich aus den Schuhen raus war, dann alles gezeigt, auch wo ich mich waschen konnte.
Sandra die wie ich vermutete ähnlich dem Dajhar ebenfalls eine höhere Stellung in dieser Gruppe einnahm wies mir schließlich sogar ein leer stehendes Zimmer im ersten Stock zu und stellte mir mit der Aussage wenn ich etwas brauchen sollte könne ich mich an sie wenden weitere Kleidung, darunter einen für Cory-Verhältnisse wohl ziemlich großgeratenen Pyjama zur Verfügung.
Dann wurde es seltsam still im Haus und als ich feststellte das nun anscheinend alle zu Bett gegangen waren beschloß ich ebenfalls den obenerwähnten Schlafanzug auszuprobieren.
Er paßte mir um Haaresbreite und spannte nur leicht an den Hüften.
Ja, ich weiß das klingt für manche nun verrückt und ist sicher auch schwer vorstellbar denn die Langlebigen sind rein biologisch betrachtet nun mal die natürlichen Feinde der Menschen und somit die gefährlichsten Kreaturen überhaupt! , dasselbe wie für die Mäuse die Katze daran zweifelte ich auch keine Sekunde, schließlich war ich ja weder dumm noch selbstmordgefährdet.
Aber irgendwie wusste ich auch dass ich hier absolut sicher war.
Ich wusste dass ich diesen Nich´hvanj vertrauen konnte und schlief, kaum hatte ich mich ins Bett gelegt auch sofort ein.
Ich hatte noch nicht mal abgeschlossen und das obwohl ich dank der blondhaarigen Kleiderspenderin sehr wohl einen Zimmerschlüssel gehabt hätte.
Als ich dann viel später wieder erwachte, war es bereits drei Uhr nachmittags das stellte ich fest als ich kurz auf mein H-PC sah das ich auf einen nebenstehenden Nachttisch gelegt hatte .
Ich lauschte und wie erwartet war es im Haus immer noch still.
Doch auch wenn ich noch gar nicht richtig bei mir war spürte ich sofort das ich nichtmehr allein war.
Verschlafen drehte ich mich um und dachte erst es wäre vielleicht wieder Sandra um mir noch irgendetwas zu bringen doch statt dessen erblickte ich aus den Augenwinkeln heraus den Schatten einert eindeutig männlichen Gestalt die auf dem Rand meines Bettes saß und mich ansah!.
Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen ihnen so blind zu vertrauen!.

Sofort war ich hellwach und stand mit einem Satz senkrecht im Bett.
,,Was zum Teufel soll das?! Bleiben Sie weg von mir!"
Kreischte ich.
Eine Hand presste ich dabei unwillkürlich schützend an meinen Hals.

Doch ich bekam keine Antwort sondern hörte statt dessen nur ein Lachen das ich bereits gut kannte und da wusste ich wer es war!.
Michael!.
,,Verflucht nochmal!"
Schimpfte ich teils wütend, teils erleichtert.
,, Sie Unhold!. Was wollen Sie?, wie lange sitzen Sie eigentlich schon da?."
,,Beruhige dich !,mit deinem Geschrei versetzt du noch das ganze Haus in Panik und was mich betrifft...du weißt doch wohl noch warum du hier bist ....oder ?,.. "
Fragte der Junge nur , dabei sah er mich mit leicht schiefgeneigten Kopf fragend an .
,Natürlich!, wegen der Geschichte... Na gut!...es tut mir leid das ich so geschrien habe!"
Entschuldigte ich mich deshalb schnell als ich mich wieder etwas beruhigt hatte.
,,Ich will niemanden hier in Panik versetzen aber ich bin es eben einfach nicht gewohnt das plötzlich irgendwelche Leute bei mir im Schlafzimmer stehen übrigens…seit wann sind wir eigentlich per du?.Ich habe es Ihnen ohne das ich jetzt spießig wirken will nie angeboten  ."
,,Nun, gewisser maßen schon und zwar genau in dem Moment wo du dich dazu entschloßen hast mit uns zu kommen aber da Menschen zuweilen leider wenig Talent dafür haben jemand anderes als sich selbst reden zu hören will ich es dir gerne nocheinmal erklären: Du bist nun auf unbestimmte Zeit unser Gast und somit auch Mitglied unseres Clans und da du in eine der niederen Rangschichten fällst, wäre es für mich als Ranghöheren absolut lächerlich dich weiterhin mit Sie anzusprechen. Weiters hatte ich andere Absichten als dich  zu erschrecken, glaub mir obwohl dein jetziger Gesichtsausdruck dem Versuch auf jeden Fall wert ist aber wie bereits gesagt, der Sinn deines   Hierseins ist es doch das du etwas über meine Lebensgeschichte erfahren willst und da die anderen  sicher noch länger durchschlafen werden dachte ich mir wir können doch einstweilen damit beginnen."

Michael stand nun ebenfalls auf .Er hatte das alles absolut ernst gesagt,als sei er wirklich voll und ganz überzeugt davon und ich wusste nun im ersten Moment nicht ob ich darüber lachen oder einen Wutanfall kriegen sollte.
Zu meinem Glück entschied ich mich für Nichts von Beiden  und blieb erstaunlich gefasst.
,,Ich hab jetzt also einen Rang und der liegt unter Ihrem?“ War alles was ich nach einer Weile herausbrachte.
„Ja, so ist es bei geduldeten Clanfremden üblich “ Sagte Michael nur .
„ Oh mein Gott...ich schüttelte kurz den Kopf.
 „Gibt es sonst noch was von dem ich nichts weiß?“
„Du hast für die Zeit wo du hier bist auch einen neuen Namen .“
„Einen neuen Namen ?“ So sehr ich bis hier her versucht hatte mich einfach darauf einzulassen und mitzuspielen, nun prustete ich vollends los.
„Wofür das denn?, ich hab doch einen Namen und den kennen Sie.“
„Auch das ist üblich.“
„Gut, und wie heiße ich?“   (Vor meinem geistigen Auge sah ich mich nur in Schlafanzug und barfuß vor dem jungen Mann stehen und kam mir reichlich dämlich vor.)
„J´navii-Shi´wa. Der Dajhar , -…-Nich´hamar, er hat dir diesen Namen gegeben und es bedeutet so viel wie kleines  Geschenk des Zweifels. Wie du dir denken kannst , nimmt er es mir übel das ich den Kontakt mit dir gesucht habe und ist sich sicher das du uns enttäuschen wirst. Ich hoffe das Gegenteil- für dich aber auch für mich. “  Antwortete Michael und sah mich abwartend an.
Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte.
Vielleicht erwartete er von mir das ich ihm bestätigte dass der Cory welcher mich ohne mein Wissen getauft hatte ,im Unrecht war doch das konnte ich nicht, so gern ich es auch getan hätte denn inzwischen kam ich mir vor als befände ich mich nicht länger in Deutschland sondern irgendwo in den Tiefen des Dschungels und noch dazu in Mitten eines gefährlichen Eingeborenenstammes mit deren Sitten ich mich erst vertraut machen musste und da es bekanntlich schwer ist höflich zu sein wenn man die  Regeln  nicht kennt, schwieg ich geflissentlich  während ich mich umständlich streckte und das TecTape mit den dazugehörigen Minidisks aus meiner Handtasche kramte.

Dann warf ich mir diesen hellgrünen Bademantel über den Sandra´H mir ebenfalls dagelassen hatte und hockte mich schließlich auf einen der beiden Stühle die neben einem kleinen runden Tischchen standen welches neben Nachtkästchen und Bett eines der einzigen Möbel in meinem Raum war.
Michael folgte mir und setzte sich schließlich mir gegenüber.
,,So."
Sagte ich nach einer Weile endlich und schaltete schließlich das Gerät ein.
,,Das Ding zeichnet auf...okay!,-na dann!, legen Sie mal los!."
,,Nun ..."
Der junge Mann seufzte kurz.
Er ließ sich dabei langsam zurück in den Sessel sinken und sah mit halbgeschloßenen Augen zur Decke hinauf.
Fast so , als müsse er das Gedachte erst Stück für Stück in eine Sprache umsetzen die ich verstehen konnte.
 
Seine langen, schmalen Finger trommelten dabei eine fast lautlose Melodie auf der Tischplatte während ich mich selbst dabei ertappte das ich ungeduldig auf meinem Stuhl hin und herrutschte wie ich es zuletzt mit sieben Jahren kurz vor der Bescherung am Weihnachtsabend getan hatte denn es dauerte sicher fünf Minuten bevor Michael mich endlich wieder ansah und ich fühlte die Spannung die in der Luft lag.
Sie fast zum vibrieren brachte, als er endlich begann zu erzählen....


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.05.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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