Norbert Wittke

Verfressen

 


In der Zeit meiner Versetzung in die knapp Millionenstadt sollte ich die
Stelle eines dortigen Kollegen übernehmen, der innerhalb der Stadt
aufgrund des Parteienproporz eine höher dotierte Stelle bekam.

Er, talentierter Hobbygeiger, hatte etwas aus seiner Haut gemacht.
Die war ganz gut gedehnt und ausgestopft, dass man fast meinte
sie würde an manchen Stellen dünn. Sein Appetit war entsprechend
gut. Eine Lücke wo noch etwas hinein passte, gab es immer wieder
zu stopfen.

Der Amtsleiter  war stolzer Opa geworden. Er hatte sein ganzes Amt
zu einem kleinen Umtrunk kurz vor Dienstschluss gebeten. An seinem
Opaglück wollte er uns mit etwas trinbarem beteiligen. Mein Vorgänger
war noch nicht da.

Der Amtsleiter knabberte an seinem Brötchen. Zu essen gab es nichts.
Er bekam einen Anruf und wurde von seiner Sekretärin ans Telefon
gebeten. In dieser Zeit traf mein Kollege ein. Er schaute sich um.
Fragte dann:" Zu Essen gibt es aber nichts?" -

Ich kam auf den plötzlichen  Einfall, denn da lag das angebissene
Brötchen auf dem Tisch: "Doch! Herr Müller hat ein Brötchen ausgegeben.
Es ist schon ein Mal rund gegangen."

Der ewig Hungrige ließ sich doch von mir animieren. Er ging auf das Brötchen
zu, nahm es in seine Pranke. Schaute dann von allen Seiten, wo er das Objekt
der Begierde weiter malträtieren konnte. In diesem Augenblick kam der
Amtsleiter Müller zurück: "Herr Lammert lassen Sie bitte mein Brötchen
liegen!"

Wir mussten alle herzhaft lachen. Es war wirklich ein Bild für Götter. So hat
die Verfressenheit wenigstens ein komisches Ergebnis gebracht.

03.06.2010             Norbert Wittke

 

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