Anna Maniura

Der polnische Kater

Vor einigen Monaten habe ich dem langjährigen Drängen meiner Tochter endlich nachgegeben und mich dazu entschlossen, ihr eine Katze zu kaufen. Zusammen sind wir in den Laden gegangen und Jenny hätte wohl am liebsten gleich alle mitgenommen. Aber Gott behüte, ich will doch keinen Katzen-Zoo eröffnen. Eine Katze reicht vollkommen. Pflegeleicht sollte sie sein, sagte ich der Verkäuferin, nachdem sie mir die extravaganten Essgewohnheiten einer Siamesischen Katze aufs Ausführlichste beschrieben hatte. Immer diese Extrawünsche… Das ist doch zum Verrücktwerden. Also: Pflegeleicht und möglichst billig. Das Gesicht der Verkäuferin hellte sich auf. Sofort wusste sie, wovon ich sprach und brachte mir einen Kater polnischer Herkunft, dessen Fell so schwarz war, dass ich mich fragte, ob sie ihn nicht vielleicht in einer der vielen polnischen Kohlegruben gefunden hatte. Jenny jedenfalls strahlte vor Begeisterung und damit war es beschlossene Sache. Liebevoll taufte sie ihn auf den Namen Andrzej. Das neue Familienleben konnte beginnen. Aber wer hätte gedacht, dass dieser Kater unser Leben dermaßen aus dem Gleichgewicht bringen würde. Es fängt schon morgens an. Die Sachen, die ich mir am Abend zuvor rausgelegt habe, sind durchwühlt und so sehr ich auch suche… ich finde meine Krawatte nicht! Auch ein Lackschuh fehlt. Und wer ist auch nicht aufzufinden? Natürlich Andrzej. Keine Ahnung wo der sich so früh schon rumtreibt. Pflegeleicht ist er, hatte die Verkäuferin gesagt. Von wegen. Einfaches Katzenfutter aus der Dose fasst er nicht an. Aber Pierogi kann er dafür in Massen essen. Und wenn man nicht aufpasst, schafft er es, den Wohnzimmerschrank zu öffnen und verschwindet mit der Wodkaflasche in den Hof, wo er sich dann mit Seinesgleichen amüsiert. Geselligkeit wird bei ihm groß geschrieben. Und das alles auf meine Kosten! Fleißig ist er ja, dass muss man ihm lassen. Jeden Vormittag legt er mindestens ein Kilo Waldpilze in unseren Garten. Aber mal ehrlich: Was soll ich damit machen? Etwa, mich an den Straßenrand setzen und sie verkaufen? Wo sind die guten alten Zeiten geblieben, als Katzen noch tote Mäuse ins Haus getragen haben? Und dann die Sache mit dem Fußball… Im Garten lag ein Ball, und Andrzej, so tatkräftig, wie er nun einmal ist, wollte uns zeigen, wie es geht und fällt prompt auf die Nase. Nee, nee, mein Lieber. Setz dich zu Podolski auf die Ersatzbank und überlass vor allem das Elf-Meter-Schießen den Deutschen. Einige Nachbarn haben sich schon über ihn beschwert. Andrzej sei abends auffällig oft an ihren Autos vorbeigetrottet. Ich muss aufpassen, dass er nicht auf die schiefe Bahn gerät. Einen gewissen Hang zur Handtasche der Nachbarin hat er schon entwickelt. Und auch vom Sperrmüll muss ich ihn fernhalten. Was er uns schon alles nach Hause gebracht hat… Schlimm so was. Vor einigen Tagen hatte meine Frau ein Problem mit unserem Computer. Das war meine Chance, wieder einmal zu demonstrieren, wer hier der Mann im Haus ist. Doch bevor ich es schaffte, auch nur in die Nähe des Gerätes zu kommen, war es Andrzej, der, wie auch immer, an den Kabeln herumspielte und das Ding wieder zum Laufen brachte. Sogar zu Hause macht er mich arbeitslos… Aber was tut man nicht alles für sein geliebtes Kind. Und mittlerweile wäre ein Leben ohne ihn unvorstellbar. Unser Andrzej, der trinkfreudige Langfinger. ------------------------------------------- Liebe Leser, ich bitte euch, die Inhalte dieser Kurzgeschichte nicht allzu ernst zu nehmen. Es ist keineswegs rassistisch gemeint (ich komme selbst aus Polen) und wollte einfach mit den vielen Vorurteilen, die Deutsche gegenüber Polen haben, "spielen". Diese Kurzgeschichte ist im Zusammenhang eines Migrations-Kurses an der Uni entstanden. Ich hoffe, ich konnte euch ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern;) lg Ania

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.06.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Zum wiederholten Mal muss sich die Gymnasiastin Lisa-Marie in einer neuen Schule zurechtfinden. Dabei fällt sie allein durch ihre bescheidene Kleidung und Zurückhaltung auf. Schon bei der ersten Begegnung fühlt sie sich zu ihrem jungen, attraktiven Lehrer, Hendrik von Auental, der einem alten Adelsgeschlecht entstammt, hingezogen. Aber das geht nicht ihr allein so.
Die junge Frau muss gegen Ablehnung und Misstrauen kämpfen. Doch auch der Lehrer sieht sich plötzlich einer bösartigen Anschuldigung ausgesetzt. Trotzdem kommt es zwischen beiden zu einer zarten Annäherung. Dann treibt ein Schicksalsschlag den Mann zurück auf das elterliche Gut, wo ihn nicht nur neue Aufgaben erwarten sondern auch Familientraditionen, die ihn in Ketten legen.

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