John Match von der Rating-Agentur Match & Partner, Conetticut, USA, hatte eine bessere Kaffeemaschine, will heißen einen Kaffee-Automaten gekauft, der bei seinesgleichen über ein ungeheures Prestige verfügte und deshalb wahnsinnig teuer war, und als er das Geschäft verließ, fiel ihm ein Konzertflügel auf den Kopf, über den die Leute im Aufzug die Kontrolle verloren hatten.
John spürte nicht den Aufprall, denn ehe er den spüren konnte, war er bereits tot, und er stieg quasi ohne Übergang vom Leben zum Tode die schmale Treppe Richtung Himmelstor empor, den edlen Kaffeeautomaten immer noch unter dem Arm.
Aus der schmucklosen Pforte trat Petrus, hielt John die Hand entgegen und begrüßte ihn freundlich.
„Wo bin ich?“, fragte John verwundert. Freiwillig hätte er sich niemals in solche Locations begeben, die eher einer billigen Absteige glichen als einer standesgemäßen Herberge.
„Dreimal darfst du raten“, rief Petrus und schmunzelte, aber weil raten so ähnlich wie rating klingt, glaubte John, er solle das Anwesen auf seine Kreditwürdigkeit hin abschätzen.
„Was treibt ihr so?“, fragte John gelangweilt und stellte seinen Kaffeeautomaten auf eine Wolke.
„Wir sind eine gemeinnützige Organisation. Wir bieten Menschen, die zu uns passen, eine würdige Bleibe für den Rest aller Zeiten. Tritt ein und halte dich bereit für die Prüfung.“
Wieder glaubte John, er solle prüfen, ob der Himmel kreditwürdig sei, aber er hatte sich längst eine Meinung gebildet.
„Also ein Non-Profit-Unternehmen“, stellte er fest. „Welche Rechtsform? Ein gemeinnütziger Verein? Eine gGmbH?, eine gAG?“
„Keine von denen. Wir stehen über den Gesetzen“, antwortete Petrus.
Also sind sie Spinner, Gutmenschen, dachte John, aber er war ein höflicher Mensch und hielt sich mit solch raschen, oft viel zu oberflächlichen Analysen zurück. Denn schließlich leitete er ein seriöses Unternehmen und es gab auch noch andere, meist besonders ertragsträchtige Möglichkeiten.
John kratzte sich am Kopf und dachte nach, wie er seine Vermutung formulieren sollte, ohne beleidigend zu werden.
„Es gibt da einige Kirchen, die sich den Anschein der Heiligkeit verpassen und im Grunde nur eine steuerfreie Möglichkeit nutzen, ihre Gründer reich zu machen. Gehört ihr zu so einer?“
„Oh, wir vermitteln reine Glückseeligkeit“, rief Petrus verzückt. „Wer bei uns Zutritt erlangt, hat das Ewige Leben.“
„Oh my God“, rief John, so wie alle Amerikaner, wenn sie sich wundern, und Gott, der dem Gespräch unsichtbar gefolgt war, trat in Erscheinung.
„Du hast mich gerufen, John“, donnerte Gott, der Allmächtige und Allwissende mit sonorer Stimme, „und wenn mich eine verlorene Seele reumütig anruft und um Vergebung bittet, bin ich gern bereit, zu verzeihen. Vorausgesetzt, sie bereut ehrlich und aufrichtig.“
John merkte nun, dass er sich geirrt hatte. Nicht er, der Chef einer der größten Rating-Agenturen der Welt sollte bewerten, sondern er selbst sollte bewertet werden, und zwar von Typen, die von den wahren Werten aller Existenzen keine Ahnung hatten.
„In der Werbung nimmt Petrus den Kaffeeautomaten und lässt den Kandidaten gehen“, sagte John. „Nimm meine und lass mich zurück auf die Erde. Ich habe genügend Arbeit, die liegen bleiben würde, wenn ich sie nicht täte. Der Euro ist im Keller...“
„...apropos Keller“, rief Petrus. „Mit dem Euro, oder generell mit Geld haben sie unten zu tun. Dort pokern sie um den Sieg in ihren Kriegen und um Gewinne und Verluste. Da geht es darum, den anderen zu übervorteilen und bis aufs letzte Hemd auszunehmen.“
„Herrlich“, rief John, als Petrus zu beamen begann, weil er glaubte, er dürfe zurück auf die Erde, aber er landete eine Etage tiefer.
John war jeder Ort recht, wenn er nur möglichst weit vom Einflussbereich dieser Gutmenschen entfernt lag.
© Jürgen Berndt-Lüders
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.07.2010.
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