Angela Dernbach

Das Funkeln

Da lagen wir nun zusammen gekuschelt auf meinem Bett und versuchten krampfhaft ein gesprächsthema zu finden, doch das gelang uns nicht. "Ach wenn es doch nur so wäre wie früher", dachte ich. Ich konnte meine Tränen nicht länger zurück halten ich musste an damals denken, als wir über alles und jedes gesprochen haben, als wir unzertrennlich waren und einfach super viel Spass miteinander hatten.
Ich schaute sie an, jede noch so kleine Ähnlichkeit die wir miteinander hatten schien verblasst zu sein. Mittlerweile war sie eingeschlafen. Ich betrachtete sie mir genauer.
Ihre Haut war blass und sah leblos aus, sie hatte nicht mehr diesen schönen rosafarbenden glanz wie früher auch ihre langen rot - braunen Haare die ich insgeheim beneidet habe waren nicht mehr da. Statt dessen trug sie ein Kopftuch um ihre Glatze zu verbergen und den durchdringenden Blicken der Menschen zu entgehen. An ihrem Hals bafand sich eine 5 zentimeter lange Narbe, sie zeigte den einschnitt den die Ärzte machen mussten um einen Knoten am Lymphdrüsen zu entfernen. Wir hätten doch nie im Leben geglaubt das er bösartig sein könnte.
Doch wir wurden eines besseren belehrt. Man sagte uns das meine Zwillingsschwester an Non-Hodgkin erkrankt sei.
"Non - Hodgkin? Was ist das?" fragte ich entsetzt.
Was dann folgte war ein langer Bericht mit tausend Medizinischen-Fremdwörtern aus dem ich nicht schlau wurde. Mir schossen immer wieder die Gedanken : "Krebs, sie hat krebs, wird sie sterben?", durch den Kopf. Ich wusste einfach nicht mehr weiter und meine Eltern waren natürlich genauso geschockt wie ich. Doch dann kam unserer schwerer Gang, wir mussten es ihr sagen, wenn nicht wir wer dann?
Zunächst wollte sie einfach nicht verstehen das sie Krebs hat, sie wollte es mit humor und witzen überspielen doch das gelang ihr nicht wirklich. In dem Moment als sie erfuhr das sie Krebs habe war diese funkeln, dieses strahlen in ihren Augen bis heute verschwunden.
Was dann folgete war das schlimmste halbe Jahr meines und gewiss auch ihres Lebens. Es wurden 5 Sitzungen Chemotherapie angesetzt. 1 Woche Chemo mit Klinik aufenthalt und 3 wochen Pause wo sie zu Hause blieb und sich um ihre Ausbildung kümmerte (denn diese wollte sie auf keinen Fall unterbrechen). Ich bewunderte die Kraft die sie hatte dies alles durch zu stehen doch ich konnte es ihr nicht zeigen ich wusste einfach nicht wie. Wir wurden immer fremder miteinander haben kaum noch zusammen geredet. Ich wusste einfach nicht was ich sagen sollte. Ich hatte Angst, Angst sie zu verlieren oder sie zu verletzten, denn zu diesem Zeitpunkt war sie sehr verletzlich. Sie zog sich immer mehr zurück, zumindestens von mir. Sie war viel unterwegs mit Freunden, es schien fast so als wolle sie alles noch einmal geniessen und auskosten bevor es vielleicht zu spät ist. Ich konnte dies alles nicht verstehen ich machte mir Sorgen um sie wenn sie wieder einmal Nächte lang unterwegs war, ich blieb so lange wach bis ich ihren Haustürschlüssel im Schloss hörte. Unsere Gespräche beschränkten sich mitlerweile nur noch auf "Hallo und Tschüss", das schmerzte in meinem Herzen, doch ich kam einfach nicht an sie ran. Wenn wir mal ein Gespräch miteinander anfingen fragte sie mich nur: "Warum ich und nicht du?". Was sollte ich dazu sagen ich war einfach geschockt, ich wusste darauf keine Antwort. Es kam mir so vor als wünschte sie mir den Krebs, doch das konnte ich mir einfach nicht vorstellen.
Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich ihn ihr gerne abgenommen doch das ging ja leider nicht.
Die Chemositzungen gingen zu Ende und meine Schwester bekam noch ein paar Bestrahlungssitzungen. Bis lang sind keine neuen Metastasen aufgetaucht.
Der lange harte Kampf hat sich anscheinden bezahlt gemacht.
Doch so sehr ich mich für sie freute so sehr wünschte ich mir auch das unser Verhältnis wieder besser werden würde.
Ich kam einfach nicht mehr an sie ran mitlerweile haben wir uns so sehr von einander entfernt das man nicht mehr vermuten könnte das wir auch nur annähernd mal mit einander befreundet waren.
Da lagen wir nun zusammen gekuschelt auf meinem Bett. Sie schlief und ich schaute sie liebevoll an.
Ich streckte meine Hand aus und strich ihr sanft über die Wange.
In diesem Moment öffnete sie die Augen und sagte : "Danke für alles, es tut mir leid ich hab dich lieb!" und in ihren Augen sah ich wieder dieses funkeln, dieses Strahlen was früher immer in ihren Augen war.
Wir lagen noch lange schweigend neben einander, eng aneinander gekuschelt.
In diesem Moment war ich super glücklich und ich wusste jetzt wird wieder alles anders werden.
Das funkeln in ihren Augen hat es mir verraten.



Zur Zeit nähern wir uns immer mehr an und es wird langsam wieder wie früher.

Was soll ich nur über das geschriebene sagen? Es war das erste mal das ich über den Krebs meiner Schwester geschrieben habe. Es ist eigentlich keine Geschichte, ich wollte mir einfach mal etwas von der Seele schreiben ja und so entstand "Das Funkeln".
Gruss Angela
Angela Dernbach, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.01.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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