Christoph Platen

Hänsel und Gretel, Fassung in der heutigen Zeit

Hänsel und Gretel, Fassung in der heutigen Zeit

Es war einmal in unserem Lande, da lebte in einem Straßenviertel mit viel gemischtem Volk eine Patchworkfamilie.
Der Vater war geschieden, hatte wieder geheiratet und die Kinder aus erster Ehe, Hänsel und Gretel, lebten bei ihm.
Die beiden Kinder hielten die Stiefmutter für eine alte Zicke.

Eines abends, die Kinder waren schon im Bett, sprach die Stiefmutter zum Vater:
"Unsere Lebenshaltungskosten sind zu hoch. Die Kinder müssen weg." Da sprach der Vater: "Nein, bloß das nicht.
Lass uns doch überlegen, wie wir Kosten sparen können.
Dann gehen wir nicht mehr in Feinkostläden einkaufen, sondern nur noch in Billigläden."
"Na gut", sagte da die Stiefmutter, "aber wenn es nicht funktioniert, geben wir die Kinder weg."

Es vergingen einige Wochen, die Kinder waren schon im Bett aber noch wach, da sprach die Stiefmutter abermals zum Vater:
"Ich habe mir dies eine Weile angesehen. Ich gehe ja schon putzen, aber es reicht hinten und vorne nicht.
Morgen bringen wir die Kinder in ein Landheim. Ich habe sie schon angemeldet."
"Was kostet es denn für uns", fragte da der Vater. "Wir brauchen nichts zu zahlen", sprach die Stefmutter.
Hänsel und Gretel,  die diese Unterhaltung mitbekommen hatten, waren ganz traurig.
"Was sollen wir nur machen", sprach Gretel mit weinender Stimme ganz leise zu Hänsel.
Hänsel beruhigte Gretel und sagte: "Beruhige Dich, ich weiß schon eine Lösung."
Nachts, als alle schon schliefen, stand Hänsel ganz leise auf, kramte in den Sachen vom Vater und packte etwas in seinen Rucksack.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück fuhren Vater, Stiefmutter und die Kinder los.
Nach einiger Zeit kamen sie am Landheim an und die Kinder wurden abgegeben.
Als Hänsel und Gretel abends in ihren Betten lagen, sagte Gretel ganz traurig: "Nun sind wir hier gefangen.
Wie kommen wir nur wieder nach hause?" "Keine Sorge, ich habe den Navi vom Vati!"
verkündete Hänsel stolz unf zog ihn aus seinem Rucksack.
"Wir brauchen nur noch die Heimatadresse eingeben und ihn auf Fußgänger einstellen."
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück schlichen sich Hänsel und Gretel aus dem Haus und machten sich auf dem Weg.
Unterwegs mussten sie bei verschiedenen Leuten anklopfen um den Akku des Navi aufzuladen.
Auch fragten sie um etwas zu essen und zu trinken an. Nach 2 Tagen waren sie dann erschöpft aber zufrieden zu hause.
Der Vater freute sich und schloss sie in die Arme. Und so lebten sie weiterhin zusammen.

Nach einigen Wochen, die Kinder lagen schon im Bett und waren noch wach, sprach die Stiefmutter wiederum zum Vater:
"Die Haushaltskasse ist leer, es geht nicht mehr weiter. Wir müssen die Kinder abgeben. Ich habe sie wieder in einem Landheim angemeldet, aber viel weiter weg."
Als alle schliefen, schlich Hänsel wieder zu den Sachen seines Vaters und legte den Navi in seinen Rucksack.
Am nächsten morgen fuhren sie wieder los. Sie fuhren einen ganzen Tag, bis sie zu einem anderen viel weiter weg liegenden Landheim kamen.
Die Stiefutter gab die Kinder ab und fuhr mit dem Vater wieder los. Als Hänsel und Gretel abends in ihrem Bett lagen, sagte Hänsel zur Gretel:
"Ich habe den Navi vom Vati wieder mit eingepackt. Morgen nach dem Frühstück schleichen wir uns wieder davon.
Als sie dann am nächsten Morgen gehen wollten, sagte Hänsel ganz entsetzt zur Gretel: "Der Akku fehlt!
Die Stiefmutter hat wohl den Akku herausgenommen, damit wir nicht mehr nach Hause finden. Was machen wir jetzt?"
Da beruhigte Gretel ihn und sagte: "Ich weiß eine Lösung. Komm mit!"
Sie gingen in die nächste Stadt und stellten sich in die Fußgängerzone und sprachen die Leute an:
"Hasse ma'n Euro? Hasse ma'n Euro? Hass ma'n Euro?"
Nach einer Weile hatten sie genug Geld zusammen um sich einen Akku zu kaufen.
Und schließlich waren sie nach 3 Tagen wieder zu hause. Der Vater freute sich und schloss sie wieder in die Arme.

Eines abends nach einigen weiteren Wochen, die Kinder lagen wiederum im Bett, waren aber noch wach, sprach die Stiefmutter ein weiteres Mal zum Vater:
"Nun ist es endgültig: Die Kinder müssen weg. Wir können sie uns wirklich nicht mehr leisten.
Ich habe sie wieder in einem Landheim angemeldet, noch weiter weg als das vorherige."
Hänsel schlich sich nachts wieder zu den Sachen vom Vater und steckte den Navi in seinen Rucksack.
Am nächsten Morgen vor der Abfahrt sprach die Mutter zu Hänsel:
"Ich habe euch noch Spielsachen in deinen Rucksack gelegt und gebe ihn dir, wenn wir angekommen sind."
Nach einer langen, sehr langen Fahrt, sie dauerte einen Tag und eine Nacht, kamen sie an.
Die Stiefmutter gab die Kinder ab und fuhr mit dem Vater wieder los. Am nächsten Morgen stellte Hänsel entsetzt fest:
"Der Navi fehlt im Rucksack! Aber wie? Eine Wii! Die Stiefmutter hat den Navi herausgenommen und stattdessen eine Wii hineingelegt!"
"Dann müssen wir so irgendwie nach Hause kommen", sagte da Gretel.
"Wir sind aber hier in einem fremden Land und verstehen die Sprache nicht. So können wir die Leute nicht nach dem Weg fragen."
So gingen Hänsel und Gretel in die nächste Stadt, in der Hoffnung, Straßenschilder zu finden, auf denen sie die Ortsangaben lesen konnten.
Sie wollten so nach Hause finden. Aber sie verirrten sich in den Straßenvierteln. Auf einmal kamen sie an ein Haus,
auf dem stand auch auf Deutsch "Kinderspielland". Es war wunderschön in vielen Farben angestrichen und beleuchtet.
Vor dem Eingang war ein Schild angebracht: "Kinder herzlich willkommen! Spielen ohne zu bezahlen! Essen und trinken frei!"
Da gingen Hänsel und Gretel hinein. Drinnen waren viele Spielgeräte aufgebaut und auch Tische mit Essen und Trinken aufgestellt.
So spielten sie, aßen und tranken, wie es ihnen beliebte. Hänsel und Gretel waren so im Spiel vertieft, dass sie nicht merkten,
dass sie eingeschlossen wurden. Als sie dann nach einiger Zeit gehen wollten, merkten sie, dass sie gefangen waren.

Sie waren in einem Labor für Tests an Menschen für Tabletten. Da kam aus der Tür eine böse aussehende Frau mit dicker Brille auf der Nase und rief:
"He da! Ihr seid jetzt in meinen Diensten! Du Junge, musst bei Versuchen mit Schlankheitspillen zur Verfügung stehen. Und Du, Mädchen,
wirst mir im Labor helfen. So Junge, ab in den Käfig!"
Jeden Morgen kam die böse aussehende Frau und maß dem Hänsel die Finger. "Du sollst mir noch sehr dick werden, bevor wir mit Dir die Tests durchführen",
sagte diese Frau dabei. Als die Frau wieder im Labor verschwand schlich sich Gretel zum Käfig und flüsterte ihm zu:
"Sorge dafür, dass Du etwas mit Knochen zu essen bekommst. Dann behälst Du den dünnsten Knochen und hälst diesen der bösen Frau entgegen."
Am nächsten Morgen sagte dann Hänsel zu der bösen Frau: "Ich hätte gerne Hähnchen mit Pommes Majo, dann werde ich bestimmt dick."
"Gute Idee", antwortete da die böse Frau. In den nächsten Tagen bekam er öfter Hähnchen mit Pommes Majo,
sammelte die Knochen in seinem Käfig und hielt immer wieder eine sehr dünnen Knochen hin.

Irgendwann, nach einigen Monaten, erhielt die böse Frau Besuch von einem noch böseren Mann.
Er war der oberste Boss und schimpfte im Labor mit der bösen Frau. Er wollte die Versuchsergebnisse sehen,
aber sie wurden ja noch nicht durchgeführt, da Hänsel der bösen Frau immer nur einen dünnen Knochen vorhielt.
Währendessen schlich sich Gretel ins Büro der bösen Frau und nahm sich den Schlüssel für die Labortüren.
Da schloß Gretel die böse Frau und den noch böseren Mann im Labor ein, lief zum Büro, suchte in den Schubladen nach dem Schlüssel vom Käfig.
Sie fand ihn auch. Aber da war noch etwas. Die Geldkarte der Frau und die Geheimnummer waren in einer der Schubladen.
Gretel befreite Hänsel aus dem Käfig und sagte: "Ich habe die Frau eingeschlossen. Wir sind frei! Und ich habe noch die Geldkarte mit Geheimnummer gefunden!
Nun sind wir reich! Lass uns schnell von hier verschwinden!" Da machten sich die Kinder auf dem Weg zum nächsten Bankautomaten,
hoben alles Geld ab, kauften sich eine Fahrkarte und fuhren nach Hause. Dort nahm sie der Vater glücklich in die Arme.
Die Stiefmutter war zwischenzeitlich sehr krank geworden und lebte nun in einen Pflegeheim. Der Vater lebte mit den Kindern noch viele Jahre ohne Geldsorgen zusammen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.08.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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