Andreas Gritsch

Pfefferblitz und Schaumlikör




















Um vier Uhr morgens stand ein Auto auf dem Parkplatz. Das Gewerbegebiet erstrahlte trotz dieser unchristlichen Zeit in seiner vollen Disney-Pracht. Hinter Bäumen und Hügeln inmitten einer Wiese, die auf Erden wohl kaum jemals ein Feld geworden wäre. Neonlich umhüllt sich selbst wie eine Glocke im Beginn des Tages zu nachtschlafender Zeit. Für einen Moment erscheint dies Bild in seiner Unschuld zärtlich und klar.
Doch natürlich bewegt sich auch in der Stille jene Menschlichkeit, welche uns wohl ohne Bedacht zu dieser Zeit noch auf Federkissen schlummern läßt. Hinter Mauern in Höfen und Lagerhallen beginnen tausend Vorbereitungen für jeden neuen Tag im alten Maß und Gleichsinn ohne Blick auf eine Uhr an irgendeiner Wand. Pausen bedienen ihre notwendige Betrachtung, Essen dampft am Herd, Tabak wird gerollt und die Sonne beginnt ihren Dienst.

Ein Möbelhaus flankiert jene Gebiete als unbedarftes Gewissen, lädt ein, teilt aus, benutzt, bezahlt, erscheint und erlischt. Ebenen von bunter Gestaltung irgendeiner Notwendigkeit vollziehen ihren freien Verlauf. Dazwischen manchmal ein Imbißstand mit Pommes Rot-Weiß. Für alles scheint gesorgt in diesem wunderbar sortiertem Chaos. Verkäufer, Vorgesetzte, Kunden, Hunde, Kinder und Suchende an Händen von Verlorenen ziehen durch Etagen wie ein Strom aus erbrachter Zeit vor sich hin oder darin um sich selbst im Kreis. Lautsprecherdurchsagen in fremder Codierung hinterlassen eine notwendig formulierte Sicherheit. Ein Hund scheisst auf ein Sofa.

Aus Glas türmt sich der Aufzugsschacht von unten bis nach oben. Klare Sicht von wartenden Massen in Bewegung. Sonnenstrahlen filtern ihre Herkunft, der Parkplatz ist nun voll besetzt. Ein Kommen und Gehen zwischen Menschen in Erwartung hier zu bleiben. Ausbildung, Test und Umfang als Bewertung. Möbelrücken als Übung zur Gestaltung jeder Erwartung. Mutti und Vati streiten über einen Sofabezug. Ein Schlichter eilt zu Hilfe um das Wohnen im Zimmer der beiden zu retten. Blicke, Berührungen, Gefühle und Kreditkarten- Die Erde dreht sich.

In einer Ecke fern ab vom Schuss und deshalb vor einen Fenster schildert sich ein Gebärden jener Ausbildung zur Notwendigkeit. Azubis üben Leben. Eine Art Zimmer wird für begebene Vorgaben gestaltet. Alter, Geschlecht, Verdienst, Auftritt, Antritt und Vortschritt. Für die Zeit im Zwischenraum scheint eine Vorstellung der kreisenden Erde still zu stehen. Hier wird ein deutsches Wohnzimmer geprobt. Achtung, Ruhe und Konzentration. Sofas werden aufgeteilt, Tische ausgezogen, Teppiche verlegt und Bilder angeordnet. Schön und gemütlich soll es sein. Dazwischen Lautsprecherdurchsagen und ein hässlicher Typ in der Ecke, der sich das Ganze aus der Ferne betrachtet und sich irgendwelche Notizen macht. Egal, der wird dann auch mal Kunde. Konzentration bis zur Mittagspause. Lichter werden auf- und abgehängt, Vasen hinter Glas gestellt, die Sonne beginnt nun auch in dieser Ecke zu brennen, und der Parkplatz beginnt sich zu leeren.

Um fünf Uhr abends standen drei Autos auf dem Parkplatz. Das Gewerbegebiet erstrahlte trotzdem immer noch in voller Disney-Pracht. Hinter Bäumen und Hügeln inmitten einer Wiese, die auf Erden wohl kaum jemals ein Feld geworden wäre, schleicht ein Wesen in die Büsche ohne Blick zurück zum Imbißstand.































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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.08.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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