Hella Schümann

Toskana mein Fototraum

Ich hatte im August eine Woche Zauber der Toskana gebucht nur zum Fotografieren. Mit 12 Gigabyte Speicherkarten und 2 Akkus holte mich das Transferauto ab und ich musste erst in den Norden nach Hannover fahren, um in den Süden zu fliegen. Zwei Sauerkraut gelockte Damen saßen vor mir und sprachen bis zum Flughafen, also eine Stunde lang, kein einziges Wort miteinander. Sie waren sicher müde, denn die Uhr zeigte erst 4:30 Uhr.

Es war streckenweise nebelig. Irgendwann flogen wir über einer geschlossenen Wolkendecke in der Sonne. In München nebelte es so stark, dass wir fast im Blindflug landeten. Ich versuchte die ganze Zeit, ein bisschen Boden zu entdecken und plötzlich war die Erde ganz nah.  Durch den Nebel hatte der Anschlussflug nach Florenz über eine Stunde Verspätung. „Hoffentlich warten sie mit dem Bus auf uns, denn wir müssen weiter nach Montecatini Terme, ein kleiner Badeort.“ Auf dem Weg zur Propellermaschine nach Florenz, im Bus, machte mir eine junge Frau den Platz neben sich frei und es stellte sich heraus, dass sie zu meiner Reisegruppe gehörte. Als ich sagte, hoffentlich warten sie auch auf uns wegen der Verspätung, antwortete sie: „ Wieso, wir sind doch zu zweit, wir sind eine kleine Gruppe. Die Frau hat Humor, wie schön. Sie ist nicht Italienerin, wie ich dachte, sondern Türkin.  Erstaunlich,  dass die Propellermaschinen  noch nicht ausgemustert sind. Stefan H. und Birgit Sch. (Namen sind mir bekannt), die Flugbegleiter, wohnen auch in meinem Heimatort. Als wir über die Alpen flogen sah man eis- oder schneebedeckte Skigebieten.

Der Flugkapitän hatte uns Wolken und Schauer in Florenz bestellt, ich habe keinen Schirm mit und nur sonnige Kleidung. Gerade gibt es Cheesesandwitch und einen Cornyriegel, eine seltsame Zusammenstellung. Als ich den Kaffee bekomme, fängt der Kapitän mit seinem Fluggerät so an zu wackeln, dass ich Mühe mit dem Trinken habe. Unter uns ist, seit er Bozen gesagt hat eine weiße Suppe, man kann nicht mal Wolken daraus formen.

Jetzt um 13:25 müssten wir schon in Italien sein. Immer noch Suppe, wir sind doch nicht im Kreis geflogen? Der Priester auf der anderen Seite neben mir betet ständig und jetzt friemelt er sich im Sitzen seine Schärpe um. Wenn er im Stehen die Arme hebt, erscheint unter den Ärmeln ein Band , das hebt den Rock in die Höhe und man sieht nur lange Socken, keine Hose, also trägt er ein Kleid. Ich frage mich, welche Bedeutung das Band hat, tragen das nur die italienischen Priester, weil es dort so heiß ist, zum Lüften? Oder sollen sie am Abheben gehindert werden? Es ist gut, dass unter mir noch weiße Suppe ist, denn meine 2GB Speicherkarte ist schon voll. Jetzt sehe ich Italien unter uns und ganz viele Swimmingpools, alle blau gestrichen.

In Italien regnet es wie versprochen und es regnet in Florenz und weiter in Montecatini Terme. Nach dem Check in im Hotel regnet es immer noch, ein Gewitterregen behaupten sie an der Rezeption. Tatsächlich donnert es dann auch zur Bestätigung. Ich gehe mit Serap, der Fliegerbekanntschaft in die Stadt. Wir wollen uns dafür zwei Schirme an der Rezeption leihen, aber es gibt nur einen. Wir suchen den Stadtkern und gehen mal hier und mal dort lang und ich frage Serap, „finden wir auch wieder zurück?“ Sie ist sehr optimistisch und ich verlasse mich auf sie. Weil es immer schlimmer wird mit dem Regen, setzen wir uns in das nächste Cafe’. Ich bin völlig durchnässt und ziehe deshalb meine Jacke aus, denn der Wind macht die Nässe kalt. Ein Schirmverkäufer kommt vorbei und wir kaufen jeder einen für 5 €. Das ist hier wohl so eine Masche: Erst bestellt der Flugkapitän Regen, obwohl ich genau weiß, in Italien regnet es nie im Sommer, dann verregnet es uns die Ankunft und die erste Berührung mit dem Urlaubsort. Danach schicken sie einen Schirmverkäufer und wenn wir  den Schirm gekauft haben, stellen sie den Regen wieder ab.

Zweimal knallt es in der Stadt, Serap meint, dass sind Schüsse und für mich hat es sich auch so angehört. Na ja, in Italien gibt es auch die Mafia. Als Krönung des ersten Tages kommt dann der Rückweg, Serap kennt sich hier noch weniger aus als ich. Ich habe wenigstens die Adresse des Hotels mit und Serap kann ein bisschen italienisch, sodass wir tatsächlich zurückfinden, nachdem die meisten Leute keine Ahnung hatten, wo unser Hotel oder die Straße war.

Der zweite Tag war sehr anstrengend. Um 6:30  Uhr klingelte der Wecker, damit ich um 7 Uhr frühstücken konnte. Dann waren wir bis 19 Uhr in Sachen Kultur unterwegs. Antonio unser Reiseleiter erläuterte uns ohne Luft zu holen den Tagesablauf. Man konnte nicht mal eine Frage stellen, es gab keine Redelücken. Andererseits erzählte er so spannend, dass ich von vorne bis hinten zuhörte. Oft schalte ich, wenn Männer reden, nach dem dritten Satz ab und beim letzten wieder an, aber das ist eine andere Geschichte. Ich fotografierte wie ein Weltmeister (am Schluss hatte ich 2500 Fotos). Das Motiv von einem Casa und einer Pinie auf dem Hügel habe ich nie gesehen, ich glaube das gibt es nur als Gemälde. Hätte ich gewusst, dass es in den Kirchen fast keine Stühle gab, hätte ich mir einen mitgebracht. Zum Glück konnten wir beim Essen gemütlich im Lokal sitzen.

Wenn es wieder losging, rannten sie vorne gleich weg, sodass ich glaubte, ich sei in einer Walkinggruppe. Ich denke mal, ein Reiseleiter sollte ab und zu zurückschauen… Nun, ich habe es gesagt und dann ging es besser. Den ersten Tag verbrachten wir in Volterra  (1398 stand auf dem Schild), also eine mittelalterliche Stadt, sehr gut erhalten. Die Alabaster-werkstatt war interessant zumal gerade gearbeitet wurde. Der Staub ist nicht giftig stand auf einem Plakat, aber er verstopft vielleicht die Lunge und wenn er feucht wird, klumpt er oder so, dachte ich im Stillen. Wir hatten auch Zeit für uns und konnten den mittelalterlichen Markt besuchen, der immer am 22. August stattfindet. Renate, Helga und ich schlenderten durch die kleine Stadt und suchten ein Lokal um etwas zu trinken, denn es war ziemlich heiß. Schließlich landeten wir auf einer Art Veranda, wo die Tische so eng standen, dass sogar der Kellner außen herum zu unserm Tisch musste. Im Reiseführer hatte ich gelesen, dass es in Italien üblich ist, eine gemeinsame Rechnung zu bekommen und sie erwarten, dass nur einer bezahlt. Aber wir drei sind weder verwandt, noch befreundet, noch wirtschaftlich voneinander abhängig, da geht das nicht so. Wir bestellten alle drei eine Flasche Aqua minerale, nur Renate brauchte noch eine Minipizza. Als wir bezahlen wollten, flog die Rechnung weg, die der Kellner lose auf den Tisch gelegt hatte, darüber fing er schon an, sich zu ärgern. Dann hatte keiner von uns Kleingeld, das wäre es ganz einfach gewesen. Der Kellner kam und wir sagten: „Einzeln bezahlen.“ Der Ärger vergrößerte sich, man konnte es deutlich sehen. Dann sagte er zu Helga: „uno Euro“. Helga gab ihm 5 €, er nahm den Schein, ging damit ins Lokal, brachte 4 € zurück und bekam kein Trinkgeld. Nun war ich an der Reihe: „1 € .“ er nahm meine 2 Euro und kam mit einem zurück, wieder kein Trinkgeld. Jetzt Renate, 3 €, sie gab 10 er ging damit ins Lokal und als er das restliche Geld wieder ablieferte ging er zum leeren Nebentisch, schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte und schimpfte. Ob er wohl gedacht hatte, wenn er dreimal läuft bekommt er ein großes Trinkgeld? Wäre er nicht gleich so unfreundlich gewesen, hätte er 40 Cent Trinkgeld bekommen. Wahnsinn!

Der Handwerkermarkt interessierte mich nicht so, das gibt es auch bei uns, nur sprechen sie hier alle italienisch. Ich finde es auch immer ziemlich daneben, wenn die mittelalterlich gekleideten Leute ihre Brillen und Uhren tragen. Ich würde lieber blind gehen.

Antonio hatte uns gesagt, wir sollten die Stadtmauer nicht durchbrechen und wie das so ist bei drei Frauen die klönender Weise durch den Ort wandern, plötzlich waren wir draußen. Die Etrusker, die hier im Ort ihre Hand im Spiel hatten meinten es nicht gut mit uns. Um den Ort zog sich die Hauptstraße mit viel Verkehr. Die Zeit wurde knapp und knapper, der Treffpunkt nicht in Sicht und die Straße wollte partout nicht links abbiegen. Helga blieb immer weiter zurück. In weiser Voraussicht hatte ich mir Antonios Handynummer geben lassen, aber wenn ich unter Stress stehe und da ich mein Handy nur im Notfall benutze, drückte ich in der Hektik die falschen Tasten. Dass das Handy auch nie begreift, was ich will. Am Ende hatten wir uns um 10 Minuten verspätet, nur weil die Straße nicht nach links abbiegen wollte. Wir sollten in der Woche nicht die einzigen sein, die zu spät kamen.

Weiter ging die Fahrt nach Pisa zum Piazza dei Miracoli. Nun weiß ich auch, was ich manchmal zu Hause esse, Miracoli das Wunder. Die Tauf-, die Hochzeits-, die Bestattungskirche und der Glockenturm stehen auf diesem Platz außerhalb der Stadtmauer. Von Anfang bis Ende des Lebens und der Glockenturm der die Stunden zählt ist der schiefe Turm. Er ist so schief, dass er schweigen muss wegen der Vibration der Glocken. Pisa ist eine Universitätsstadt. Dort kann man alles studieren außer Architektur. Das wäre ja auch peinlich, wenn man zugeben müsste, man hat Architektur in Pisa studiert. Verwunderlich ist es nicht, dass der Turm sich neigt, denn die Ebenen in der Toskana sind morastig. Man hat auf verschiedene Arten versucht, den Turm aufzurichten. Im Endeffekt sind es 40 cm geworden. Ich habe vergeblich versucht, den Turm gerade zu fotografieren, vielleicht hätte ich mal nachdenken sollen, aber dazu war keine Zeit, auf dem Foto ist er nun noch schiefer. Nach Pisa stand noch San Piero a Grado auf dem Programm. Dort sahen wir uns die Kirche an, wo der heilige Petrus das Festland betreten hat, sie stammt aus dem 11. Jahrhundert.
Am Abend war ich total erledigt, aber dann kam erst die richtige Geschichte:
Ich wollte nachsehen, ob ich morgen die Fahrt nach Lucca mitmache, weil Antonio sagte, es fahren nicht alle mit, das kostet extra. Meine Reiseunterlagen waren im Koffer wie auch das Ladegerät für meinen inzwischen leeren Akku. Es ist wie bei den Schildbürgern, der Koffer ist abgeschlossen und der Schlüssel liegt darin. Ich knackte das Schloss mit einer Haarspange, die sollte eigentlich beim fotografieren mein Haar bändigen, ich habe sie aber noch nie benutzt. Nun weiß ich wofür sie gut ist.

Ach ja, das hätte ich beinahe vergessen, als ich aus dem Zimmer wollte bekam ich die Tür nicht auf. Wenn mir etwas unbekannt ist, wie das Schloss an der Tür probiere ich immer erst bei geöffneter Tür wie das geht. In dem Türknauf war ein Riegel den musste man zum verschließen nach rechts drehen. Wenn man den Riegel wieder nach links drehte um die Tür zu öffnen, war da noch oben auf dem Knauf ein Riegel den man runterdrücken musste, erst dann war die Tür auf. Der obere Riegel ließ sich aber nicht reindrücken. Ich probierte eine Weile und dann rief ich bei der Rezeption an. Jemand kam und wir versuchten es beide. Wenn er drückte ging es, bei mir nicht. Als ich es dann mit aller Kraft versuchte, gab er auch bei mir nach.

Lucca hatte ich nicht gebucht, so konnte ich mich ein wenig erholen. Morgens um 9 Uhr war es noch relativ kühl, gefühlte 15° C. Nach dem Frühstück schaute ich auf den Stadtplan von unserm Ort. Montecatini Terme ist ein Kurort mit botanischem Garten. Kaum war ich dort, zogen schwarze Wolken auf. Wie gut, dass es in Italien nicht regnet und noch besser, meinen neu erstandenen Schirm hatte ich im Bus vergessen. Es gab einen kräftigen Regenschauer und ich stellte mich zu einer Italienerin unter einen Baum. Sie sagte: „So ein Mistwetter.“  Schön, das ich italienisch kann, ich habe sie verstanden. (Nicht wirklich, ich ahnte eher, was sie sagte.) Meine italienischen Worte sind: prego, grazie, scusi, uno, arrividerci, salute, si, ti amo, parlare, quando costa...

Der botanische Garten entpuppte sich dann als Park. Keine einzige Blume habe ich gesehen, aber einen Wasserlauf und einen Bambuswald mit 4-6m hohem Bambus und die Halme sind armdick. Dann gab es noch ein verwunschenes Tor mit einem Vorhängeschloss. Dahinter sah man Bänke für Trolle und Gnome. Schade, gerade dort, wo es spannend wird, ist es verriegelt.

Für mein Mittagessen musste ich selber sorgen und bestellte in einem Bistro eine kranke Pizza (sie war sehr blass) und ein Aqua minerale. Als die Rechnung kam, dachte ich, sie hätten sich verrechnet, 3 Euro für beides? Ich fragte die Kellnerin, die kein englisch konnte und kein deutsch, in fließendem italienisch ob sie die Pizza vergessen hätte (quando costa Pizza). Vor lauter Schreck über den kleinen Preis gab ich ihr 4 €

Gestern Abend beim Essen haben wir uns vorgestellt, wir die halbe Reisegruppe. Der Rest am Nebentisch ist ziemlich still, während wir viel zu lachen haben. Als sich am nächsten Tag Antonio an unseren Tisch setzte und irgendeinen Stuhl wählte, sagte ich aus Spaß: „ Da sitzt Renate.“ Er sprang sofort auf und ich musste lachen und erzählte die Geschichte von den alten Frauen die sich zanken, wenn sie nicht auf ihren Stammplatz können. Also an unserem Tisch sitzen Renate, Michael, seine Verlobte Dagmar, Robert, ich, Helga und Serap.

Gestern am 17. August war Seraps Geburtstag. Helga stellte ihr eine Kerze mit einer geklauten Blume auf den Tisch und ich hatte eine Karte besorgt und alle unterschreiben lassen. Serap lud uns am Abend zum Cocktail ein. Vorher aßen wir noch sehr lecker im grünen Corsar (Cosaro verde) Der Cocktail war nicht das, was ich darunter verstehe, es war mehr ein Longdrink. Dafür gab es aber Oliven und Nüsse dazu. Na ja, in Italien ist eben alles anders, wütende Kellner und Cocktails ohne Eis und Dekoration.

Ein Tag Florenz und man geht auf allen Vieren. Renaissance, Kirchen, Leonardo da Vinci, Botticelli, Michelangelo und unterwegs der Wohnort von Andrea Bocelli. Kultur hoch 5. Sehr eindrucksvoll waren auch die verschiedenen Marmorarten, die überall verbaut sind.

Heute ist der 19. 08. 2010
Wie gut, dass das mal  wieder ein Tag für mich ist. Die anderen sind noch einmal nach Florenz in die Offizien gefahren. Das hätte mich wohl auch interessiert, aber das kostete 70 € extra. Helga hat heute Geburtstag und deshalb bin ich gestern zum Kellner gegangen, um ihn zu bitten, die Karte von uns allen auf ihren Platz zu legen. „Ich stelle eine Kerze hin“, sagte er. Er kam dann auch mit einem liebevoll hergerichteten Teller mit einer Kerze auf einem Törtchen und drei Rosenblüten auf einem Puderzuckerbett. Helga hatte Tränen in den Augen.

Am Vormittag waren Helga, Renate und ich mit der Seilbahn auf den Berg gestiegen nach Montecatini Alto. Plötzlich, auf halber Höhe, sagte Renate: „Wenn nun ein Seil reißt, man weiß ja, wie nachlässig die Italiener sind.“ Deshalb saß Helga da wie ein Häufchen Elend, sie hatte das Gleiche gedacht Und ich mit meiner Fotografiererei war so abgelenkt, dass mir das nicht im Traum eingefallen wäre. Der Ort ist sehr eng, man kann nicht glauben, dass sich dort die Autos zwischen den Stühlen auf dem Marktplatz durchdrängeln. Auf der Rückfahrt sah ich dann, dass das Seil nicht immer über der Führungsrolle lag, aber das verschwieg ich lieber. Ganz oben am Berg stand noch eine Bahn, aber man sah nur eine Spur. Es gab in der Mitte eine Weiche wo wir der anderen Bahn begegneten.

Gestern am Donnerstag stand der Bus schon um 7:40 Uhr vor der Tür, es ging nach San Gimignano mit den Geschlechtertürmen, wieder Mittelalter, dann in die wohl schönste Stadt der Toscana, nämlich Sienna. In Sienna finden jedes Jahr mitten in der Stadt Pferderennen statt. Die Mitte des riesigen Platzes ist überfüllt von Menschen, fast nur Einheimische und die Pferde rennen außen herum.Der Tag schloss auf dem Weingut, wo wir zu einem kleinen Imbiss mit Weiß oder Rotwein eingeladen waren. Das Weißbrot war mit reichlich Knoblauch gesegnet und Olivenöl getränkt und schmeckte hervorragend. Es wird nicht nur Weiß- und Rotwein hergestellt, sondern auch Olivenöl und Safran. Sie haben Krokuswiesen für den Safran, das muss auch schön aussehen, wenn die blühen. Ich habe immer noch nicht das Haus auf dem Hügel mit einer Zypresse gesehen. Abends waren wir noch einmal einen Cocktail trinken gegangen, auf Helgas Geburtstag, sie hatte ihn spendiert. Das war der Beste und der Dritte in dieser Woche. 6 € hat er gekostet, bei uns ist er viel teurer.

Der Freitag, wieder ein Tag für mich alleine war wohl der schönste Tag der ganzen Reise, ein Tag voller Freundlichkeit. Ich machte mich morgens gleich auf den Weg zum Hippodrom (Ipodrom in Italienisch), eine Trabrennbahn. Ich hatte sie vom Bus, mit dem wir oft über Land fuhren, gesehen und auch, dass dort immer trainiert wurde. Das Hauptportal war natürlich verschlossen, aber es musste ja noch einen anderen Eingang geben. Zu Fuß machte ich mich auf den Weg und ging dann an der hohen Mauer entlang, bis ich zu einem Lokal kam, von dem man auf die Rennbahn schauen konnte. Nun war es aber erst 10 Uhr morgens und das Lokal war geschlossen. Glück muss man haben: Eine Frau fegte den Bürgersteig und als ich sie fragte, ob sie englisch kann, sagte sie: „Nein, deutsch“. Ob ich wohl vom Lokal aus ein paar Aufnahmen von den Pferden machen dürfte? „Da muss ich erst meinen Chef fragen und vielleicht müssen Sie eine Pizza essen“, war ihre Antwort. Die Putzfrau sprach zwei Sprachen, der Chef nur eine, wie seltsam. Natürlich durfte ich, sogar ohne Pizza und sie öffneten für mich ein Fenster. Dann machte ich mich auf den weiten Weg, um an das andere Tor zu kommen, dort, wo die Pferde herein mussten.

Schließlich erreichte ich ein Tor, nachdem ich der Pferdeäpfelspur gefolgt war. Ein Mann winkte mich heran und fragte mich auf Italienisch, ob ich hinein wollte. „Si, si“, war meine Antwort. Das große Tor wurde aufgeschoben und ich konnte ungestört zwei Stunden lang Pferde fotografieren. Wenn ich mich an eine andere Stelle der Tribüne bewegte, musste ich aufpassen, dass ich nicht in Hundekot trat. Wunderschön anzusehen war es, wenn die Pferde im Trab vorbeizogen. Eins von ihnen wandte immer den Blick zu mir und die Augen waren weit aufgerissen dabei. Ob es wohl Angst vor der 7-fach vergrößerten Kamera hatte? Die Männer lächelten mir zu und die Pferde waren irritiert, sonst ist es immer andersherum.

Es war ein wunderschönes Erlebnis für mich, denn ich war noch nie auf einer Trabrennbahn, weil Rennen mich nicht interessieren. Auf dem Rückweg zum Hotel sah ich zwei berittene Polizisten, die gerade abbiegen wollten.Als ich meinen Fotoapparat zückte, sagte der eine Polizist: „Ci sta fotografando qualcuno,cambiamo la direzione dei cavalli e andiamo diritto". Auf Deutsch: Da fotografiert jemand, lass uns geradeaus reiten. Sie kamen mir lächelnd entgegen.

Kurz vor dem Hotel traf ich einen Mann, den ich erst wahrnahm, als er „Hallooooo“ zu mir sagte. Was sollte mir das Hallo der besonderen Art sagen? Es war wohl einfach nur ein freundlicher Gruß. Ich glaube, ich versprühte so ein Strahlen um mich herum, weil der Tag so schön  war, oder ich hatte Pferde in meinen Augen. Am Nachmittag wollte ich mir von meinem restlichen Geld noch etwas Hübsches zum Anziehen kaufen,  denn ich hatte nur bequeme Sachen mitgenommen, während alle anderen aus meiner Gruppe auch elegantere Kleidung trugen, dann hätte ich mich an unserem Abschiedsabend auch mal aufgedonnert. In einer Boutique  fand ich ein entzückendes Kleid aus Jersey mit einer Art transparenter Schürze. Das Kleid war so eng und ich fand die Armlöcher nicht, alles war verdreht und dann fiel mir die Brille herunter, die sehr lose sitzt. „Bloß nicht die Füße bewegen.“ Ohne Brille kann ich aber die Brille nicht wieder finden. So stand ich in der Umkleidekabine, oben am Hals hing das Kleid, unten sah man die Unterwäsche oder das Minimalistische, was man als solches bezeichnen kann und auf dem Boden lag irgendwo die Brille. Bücken wäre in der Unterwäsche sicher sehr komisch für die Verkäuferin gewesen, denn der Vorhang der Umkleidekabine ging nicht bis auf den Boden. Hätte ich keine Schuhe angehabt, wäre alles leichter gewesen. Es stellte sich dann schließlich heraus, nachdem ich doch in die Hocke gegangen war: Ich stand schon mit dem Schuh auf dem Brillenbügel und merkte es nicht, weil der Teppich so flauschig war. Ich habe das Kleid nicht gekauft, es war viel zu eng.

Abends sind wir alle, also die ganze Reisegruppe, zusammen in eine Bar zum Abschied feiern gegangen. Ich habe 3 Cocktails getrunken, sogar mit Alkohol und war hinterher nicht mal beschwipst. Vielleicht stand der Alkohol ja nur auf der Karte…

Rund um war der einwöchige Urlaub sehr schön. Allerdings war ich oft überfordert von den vielen Eindrücken, vom Mittelalter bis zur Renaissance von den Kirchen ohne Stühle, von den vielen Vorträgen bei denen man keine Frage dazwischen bekam. Ein wenig enttäuscht war ich, dass ich fast nur die Landschaft von der Autobahn, aus dem Bus oder der Eisenbahn fotografieren konnte und das Haus auf dem Hügel mit einer Pinie und einem Sonnenblumen-feld davor habe ich nicht gesehen.Was mir sehr gut getan hat war unser lustiger Tisch, die Gemeinschaft und der kleine Flirt mit Marco dem Receptionisten, der mit mir sogar ins Internet ging, um dort auf meinen Seiten zu stöbern.
So ganz ist die Geschichte noch nicht zu ende, weil zu Hause noch der Schlusspunkt kam. Als ich meinen Trolly öffnete, zischte mir mein Haarschaum entgegen.  Der Deckel war abgefallen und die Dose klemmte im Koffer fest. Durch das Öffnen des Reißverschluss konnte sich die gut geschüttelte Dose dann entladen und über meine Seidenhose sprühen. Wie gut, dass ich nicht durch den Zoll musste. In Amerika wäre ich sicher verhaftet worden.

Bild zu Toskana mein Fototraum

Zu dieser Geschichte gehören natürlich Bilder, deshalb werde ich für mich ein Fotobuch machen. wer ein paar Toskanafotos sehen Möchte, hier sind sie:
http://www.fotouristen.de/user/luise/fotos
Hella Schümann, Anmerkung zur Geschichte

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Hella Schümann).
Der Beitrag wurde von Hella Schümann auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.09.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

Bild von Hella Schümann

  Hella Schümann als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Legenden zwischen Lenden: Mittelmeer Gedichte von Dr. André Pfoertner



André Pfoertners Poeme wurzeln in der archaischen Erkenntnis, dass Erotik und Lyrik seit jeher eng miteinander verschlungen sind. Seine mit Meerwasser gesalzenen Verse kreisen um mediterrane Liebesakte zwischen göttlicher Schöpfung und irdischer Erschöpfung.
Aphrodite, Kalypso und andere bezaubernde Frauen begegnen legendären Liebhabern wie Odysseus, Casanova oder Lord Byron. Unter einer immer heißen Sonne, die von der Antike bis in die Neuzeit Hormone zum Brodeln bringt, zeigt Ischtar, die babylonische Göttin des Krieges und des sexuellen Begehrens, ihre beiden Gesichter. Die Liebenden in André Pfoertners lyrischem Mittelmeer treiben ruhelos zwischen Lust und Verlust hin und her.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Sonstige" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Hella Schümann

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der Schattenkontolleur von Hella Schümann (Gesellschaftskritisches)
Omas Pflaumenkuchen von Heideli . (Sonstige)
Amanda von Monika Drake (Wahre Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen