Ulla Meyer-Gohr

Die WERKZEUGTASCHE aus dem ALL

 

Schwerelos segelte die vergessene Handwerkstasche durch das All. Ein Zeuge der letzten Mondlandung. Trudelnd setzte sie ihren Flug fort. Jeder Richtung folgend, die das Umfeld ihr diktierte. Das Aufleuchten und Explodieren eines Himmelskörpers bestimmte ihren neuen Weg. Durch entstandene Druckwellen verlagerte sich die Richtung und der ungebetene Gast unterlag einer anderen Kraftordnung. Wieder, von der  Schwerkraft  erfasst, sauste die Reisende, abwärts, einer ungewissen Zukunft entgegen.


Vorsichtig steckte Zanuto seine präparierten Blasrohrpfeile in den Köcher. Bestrichen mit der Überlebensstrategie der Pfeilgiftfrösche. Ein verlässliches Gift, welches Zanutos Jagd erst erfolgreich machte. Der Indio, vom Stamme der Arani, schloss die Augen. Nachdem er im Schneidersitz die wichtigste Phase seines Lebens vorbereitete. Ein monotoner Singsang begleitete seine Meditation zum großen Apanupo, dem Hüter und Schützer des Regenwaldes. Zu Ehren des großen Apanupo loderte ein Feuer. Die, über Jahre im Tauschgeschäft, erworbenen Muscheln säumten die Feuerstelle. Sie waren der einzige Besitz des Arani und jetzt Opfergabe. Der Indio erbat den Segen, in der Einsamkeit des Waldes, überleben zu können. Auch erbat er ein großes Jagdglück. Zwei wichtige Punkte, die der junge Mann erfüllen musste, um ein vollwertiges, männliches Mitglied des Stammes zu werden.

Ein Krachen und Rauschen war in der Baumkrone zuhören. Als bräche ein riesiger Stein durch das Blätterdach. Zweige lösten sich und nahmen im Fall andere mit. Aus hundert Meter Höhe kam eine geballte Ladung Äste und Blattwerk herunter und schlug am Erdboden auf. Alles Leben wurde unter dem Laub begraben. Mit einem heiserem Schreckensschrei verließ die Harpyie das Nest ihrer Jungen. Geräuschlos glitt der Raubvogel durch den Regenwald und entschwand. Die Affenbande hob ein Protestgezeter an. Ob Brüll - Kapuziner - oder - Totenkopfäffchen, sie alle waren sich einig :


      Man war unerlaubt in ihr Territorium eingedrungen !

Das Spektakel der Beschimpfung dauerte eine halbe Stunde. Im Zeitlupentempo kletterte das Dreizehenfaultier wieder seinen Baum hinauf. Der Störenfried streifte es im Fall, riss es aus seiner hängenden Schlafposition und stürzte mit dem Faultier die letzten zehn Meter zu Boden. Zum Glück federte der weiche, belaubte Boden den Sturz ab und rettete somit sein Leben. Nicht soviel Glück hatten ein Tapir und zwei Kapuzineräffchen. Der Fremdling traf sie direkt am Kopf. Der Arani sah in die Reptilaugen zweier Mohrenkaimane. Der Aufprall musste so heftig gewesen sein, dass es bis in die Flußregion vorgedrungen war. Nur die Augen der Echsen schauten aus dem Wasser und beobachteten das Ufer. Immer auf der Lauer kein großes Fressen zu verpassen.

     " Macht das ihr wegkommt ! - Hier gibt es nichts zu holen !" versuchte Zanuto die schwarzen Reptilien zu vertreiben. Die Augen tauchten unter, um gleich an einer anderen Stelle wieder aufzutauchen.

Der Indio wagte sich nicht umzudrehen. Die Antwort Apanupos lag hinter ihm, das wusste er. In diesem Moment wünschte der Waldmensch die Unterstützung des Schamanen Lukai herbei. Sein Rat brächte Klärung. Aber er musste die Lösung alleine finden, so wollte es das Ritual. Also drehte er sich um. - WAS  WAR  DAS  ? - Er blickte verwundert auf einen übergroßen Laubhaufen ? - Mutig fing er an das Blattwerk ab zutragen. Bis er auf das tote Tapir und die beiden Kapuzineräffchen stieß. Verdutzt starrte Zanuto auf die Tiere. - Dann scholl ein Urschrei durch den Regenwald. Gefolgt von einem Dankbarkeitstanz, Der Indio sprang in die Luft, wirbelte wie ein Kreisel herum und fiel auf die Knie.

       " Danke großer Apanupo, dass du meine Bitte erhörtest und mir ein übergroßes Jagdglück schenktest. Zu viel der Ehre für einen einfachen Mann aus der Wildnis !"

Er küsste den Erdboden und küsste gleichzeitg einen Gegenstand, der im hohen Gras versteckt lag. Erschrocken sprang der Arani auf die Füße. - Mit diesem  DINGSDA  hätte man ihn erschlagen können  !?  - Verunsichert beäugte der Indio sein Umfeld. - Vielleicht wollte  man ihn aus dem Hinterhalt töten ? - Immerhin befand er sich in einem fremden Gebiet, - Aber alles blieb friedlich. - Was war das für ein merkwürdiges Gebilde ? - Zanuto entdeckte die Werzeugtasche, die  vom Aufprall geöffnet da lag. Nur der Hammer wurde herausgeschleudert und Zanutos erste Begegnung mit dem Werkzeug. Vorsichtig roch der Indio an den fremden  DINGSDAS. Seltsame Gerüche gingen von diesen Wunderteilen aus. Erkennen konnte er nur ein  DINGSDA - das Messer - es war sehr scharf; aus einem so festem Material, dass er sich gleich den Finger verletzte. Langsam kam er zu der Überzeugung, diese  DINGSDAS mussten noch ein Geschenk aus der Apanupowelt sein. Vielleicht Werzeug zum Bauen der Apanupohütten in der Geisterwelt ? - Eventuell wollte der große Hüter und Schützer des Regenwaldes seine Klugheit testen ?

           " Ich werde den  DINGSDAS ihr Geheimnis schon entlocken, das verspreche ich dir, großer Apanupo. Ich werde dich nicht enttäuschen !"


Nach Zanutos Heimkehr begann ein neues Leben. Dank der Handwerkstasche, die fast alles konnte, stellte sich bei dem Arani Ansehen und Reichtum ein. Die Gunst des Schamanen, Lukai, lag ihm zu Füßen. Zanuto wurde nach seinem Tode zum Nachfolger ausgerufen. Der Aranistamm erlebte eine große Blütezeit wie nie zuvor. Die Geschichte von Apanupo machte Zanuto zur Legende. Sie wurde von Generation zu Generation weiter erzählt.

                        
    


 

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