Diethelm Reiner Kaminski

Eine Spitzenkraft



Entschuldigen Sie die Störung. Darf ich Ihnen unsere neue Mitarbeiterin vorstellen? Vera Hirschgraben. Frau Hirschgraben, das ist Jakob Prater, Sektionsleiter IV.“
Herr Prater ist verdutzt aufgesprungen. „Und wo soll Frau Hirschgraben eingesetzt werden?“
„Ja, haben Sie denn die gestrige Organisationsverfügung nicht gelesen? Bei Ihnen, lieber Herr Prater, bei Ihnen. Sie haben sich doch immer beklagt, Sie seien chronisch unterbesetzt in Ihrer Einheit. Ich lasse Sie jetzt allein. Veranlassen Sie bitte alles Weitere. Viel Erfolg und einen guten Anfang.“
Schon ist der Chef wieder draußen. Herr Prater steht etwas hilflos da, bevor ihm einfällt, Frau Hirschgraben einen Stuhl anzubieten.
„Ja, ich zeige Ihnen dann wohl erst mal Ihren zukünftigen Arbeitsplatz … Erlauben Sie mir vorher aber noch ein paar Fragen: „Ich gehe davon aus, dass Sie gute IT-Erfahrungen mitbringen …“
„Gute Ideen? Die habe ich immer gehabt. Es war zum Beispiel eine gute Idee, nach fünfjähriger Auszeit meinen alten Chef anzurufen und ihn an unsere gemeinsame Zeit zu erinnern. Ich kann Ihnen sagen, wir haben so manches Mal einen drauf gemacht. Wir hätten auch geheiratet, wenn sich nicht in letzter Minute diese rothaarige Jacqueline Fischbach zwischen uns gedrängt hätte. Das konnte ja nicht gut gehen. So ein feiner Mensch und dann diese … Wundert mich nicht, dass die schon wieder geschieden sind.“
Herr Prater versucht Frau Hirschgrabens Wortschwall zu unterbrechen: „Und Word, Excel, Powerpoint?“
„Power hab ich, das kann ich, ohne zu übertreiben, von mir behaupten. Den Rest können Sie mir ja mal in einer ruhigen Minute erklären.“
Herr Prater unternimmt einen erneuten Anlauf: „Und Erfahrung in der Öffentlichkeitsarbeit?“
„Ja, wenn ich ehrlich sein soll – häuslich war ich noch nie. So alt bin ich noch nicht, dass ich mich einschließen möchte, und wenn ich jetzt wieder ein regelmäßiges Einkommen habe … Vielleicht könnten wir mal zusammen etwas …?“
„Da bin ich nun einigermaßen ratlos. Was mache ich denn bloß mit Ihnen?“
„Wissen Sie was?“, rettet Frau Hirschgraben die Situation. „Ich mache uns am besten erst mal eine gute Tasse Kaffee. Den hat Ihr Chef auch immer so geliebt. Wo steht die Kaffeemaschine? Mögen Sie ihn lieber schwarz oder lieber mit Milch und Zucker? Anschließend zeigen Sie mir dann meinen Arbeitsplatz. Und Besucher nur nach telefonischer Anmeldung, das habe ich immer so gehalten. Wissen Sie, ich bin es gewohnt, selbstständig zu arbeiten, aber ein Tag im Büro vergeht ja so schnell. Und wenn man dann noch ständig gestört wird, bleibt wieder alles liegen bis zum nächsten Tag. Ist das Telefon schon freigeschaltet fürs Ausland?“
 


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