Christa Astl

K(l)eine Heilige


 
Die „Mare“, wie sie allgemein im Dorf genannt wurde, lebte ganz in meiner Nähe.
Sie war eine einfache, wenig gebildete Frau. Mit ihrem Mann, einem Kriegsversehrten, wohnte sie am Rand des Dorfes in einer Baracke. Durch die Ritzen am Fenster wehte oft eisiger Wind. Sie lebten in für heutige Zeit ärmlichen Verhältnissen, Wasser holten sie vom Brunnen vor dem Haus, die Toilette befand sich am Ende des Gartens. Hühner und Hasen waren ihr Viehbestand, ein kleiner Garten, der ans Haus angrenzte, versorgte sie mit dem nötigen Gemüse. Alles musste sie allein besorgen, der Mann war auf Grund seiner Kriegsverletzung zu keiner körperlichen Anstrengung fähig. Von früh bis spät war die fleißige Frau bei einer Arbeit, doch nie hörte man sie klagen. Geld war in diesem Häuschen äußerst knapp.
Der größte Reichtum war ihr goldenes Herz. Wer zu ihr kam, wer etwas von ihr brauchte, jedem half sie mit dem Wenigen, das sie besaß. Kräutertees aus dem Garten, eine „Schmirb“ (Salbe) zum Einreiben hatte sie stets bereit, dazu und das war wohl das Wichtigste, gute tröstende Worte. Allein durch ihr stilles Zuhören konnte sie trösten, man fühlte sich bei ihr einfach daheim, aufgehoben.
Ihre besondere Liebe aber galt den Kindern. Um ein Weniges dazu zu verdienen, nahm sie oft eins, manchmal auch zwei in Pflege. Viel Luxus konnte sie nicht bieten, aber genug zum Essen, ein Bettchen und saubere, warme Kleidung, die sie von irgendwoher geschenkt bekommen hatte. Dankbar nahm sie alles an, flickte und besserte aus und suchte das Passende für ihre „Poppelen“ heraus. Die heute üblichen hygienischen Vorschriften waren ja damals noch unbekannt. Aber obwohl die kleinen Fingernägelchen manchmal schwarz waren, obwohl es unter den Näschen feucht und klebrig glänzte, die Augen der Kleinen strahlten, wenn die „Mare-Mame“ eins auf den Arm hob und zärtlich schlangen sich Liebe suchende Ärmchen um sie.
Ein schlichtes schmuckloses Kreuz zeigt ihre letzte Ruhestätte an.
 
 

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Weihnachten, Advent, die Zeit der Stille, der frühen Dunkelheit, wo Menschen gerne beisammen sitzen und sich auch heute noch Zeit nehmen können, sich zu besinnen, zu erinnern. Tirol ist ein Land, in dem die Krippentradition noch hoch gehalten wird. Ich habe meine Krippe selber gebaut und auch die Figuren selber gefertigt. So habe ich mir auch die Geschichten, wie jede wohl zur Krippe gefunden hat, dazu erdacht.

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