Franz Erni

Die Frau und der Wunsch das Leben zu verändern

Es war einmal eine Frau, die wollte ihr Leben verändern, aber es gelang ihr nicht so richtig. Immer wieder versuchte sie neue Impulse in ihr Leben zu bringen, aber immer wieder fiel sie in die alten Verhaltensweisen zurück.
 
Eines Tages ging sie im Stadtpark spazieren und wollte sich auf eine Bank setzen, doch dann entdeckte sie, dass eine Spinne ein ziemlich grosses Netz über die Bank gesponnen hatte. So setzte sie sich auf die Bank nebenan. Sie begann die Menschen zu beobachten. Viele der Menschen, kannte sie, denn die meisten Menschen kamen wie sie, regelmässig in den Stadtpark.
 
Da kam der Frau in den Sinn, dass normalerweise immer um diese Zeit, ein alter Mann in den Stadtpark kam, sich auf die gleiche Bank setzte und zuerst sein Sandwich ass und dann den Rest davon an die Vögel verfütterte.
 
Auch heute kam der alte Mann in den Park und steuerte zielstrebig auf die Bank zu, auf der nun aber die Frau sass. Zuerst zögerte der alte Mann, setze sich dann aber wie gewohnt auf seine Bank. Die Frau wollte schon aufstehen, denn normalerweise sass der alte Mann alleine auf der Bank, wenn er sein Sandwich ass.
 
Da sagte der alte Mann zu der Frau: „Wenn du dein Leben verändern willst, musst du deine Gewohnheiten ändern. Aber das ist gar nicht so einfach, denn Gewohnheiten sind wie Spinnennetze. Die Fäden sind von Auge kaum zu erkennen, aber trotzdem sind wir ihnen gefangen, ohne es zu merken.“
 
Kaum hatte der alte Mann die Worte gesprochen, begann er wortlos die Vögel zu füttern. Der Frau war es nicht mehr ganz geheuer auf der Bank. So stand sie auf und wanderte hinunter zum Fluss.
 
Am Fluss angekommen setzte sich die Frau auf eine Bank und wartete auf die kleine Fähre, mit der die Parkbesucher den Fluss überqueren konnten. Und schon bald kam der Fährmann angefahren und machte die Fähre mit einer Kette fest.
 
Der Fährmann half der Frau in die Fähre und die Frau setze die auf den Stuhl in der Fähre. Die Frau blickte sehnsüchtig in die Richtung des andern Ufers und wartete darauf, dass die Fähre bald losfahren werde. Als die Fähre nach einer gewissen Zeit immer noch nicht losfuhr, drehte sich die Frau um und wollte den Fährmann bitten, endlich los zu fahren.
 
Doch der Fährmann dachte nicht daran loszufahren sondern sagte mit ruhiger Stimme: „Wenn du dein Leben verändern willst, musst du dich von Ketten deiner Gewohnheiten lösen. Doch dies ist gar nicht so einfach, denn an die stärksten Ketten, haben wir uns schon in der Kindheit gewöhnt und glauben nun, diese seien uns angeboren.
 
Der Frau war es nicht mehr ganz geheuer in der Fähre. So stand sie auf und lief zurück zur Bank, wo der alte Mann immer noch die Vögel fütterte. Der alte Mann schien die Frau schon zu erwarten mit ruhiger Stimme sagte er: „Wenn du dein Leben verändern willst, darfst du vor deinem Leben nicht davon rennen. Vor deinem Leben davon zu laufen, ist genau so mühselig und sinnlos wie in einer noch angebunden Fähre zu rudern. Du wirst nie dort ankommen, wo du hin willst, und vor allem wirst du deine Kräfte unnütz verschwenden, bis du eines Tages erschöpft aufgeben musst.“
 
Etwas ratlos fragte die Frau: „Was soll ich denn machen?“ Der alte Mann klatschte in die Hände, so dass die Vögel damit aufhörten die Reste des Sandwichs zu picken und sich in die Luft erhoben. Mit einem Lächeln auf der Lippe sagte der alte Mann: „Hör auf Reste zu picken und finde heraus, was Deiner Seele Flügel verleiht.“

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Franz Erni).
Der Beitrag wurde von Franz Erni auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.12.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Franz Erni als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Nur eine Lungenentzündung - Begegnung mit dem Tod von Heike M. Major



Eine Lungenentzündung hätte sie fast das Leben gekostet. Aus nächster Nähe schildert Heike Major den Verlauf dieses einschneidenden Erlebnisses: die Einlieferung ins Krankenhaus, den Überlebenskampf auf der Intensivstation und den Weg zurück ins Leben. Der Leser lebt und leidet mit der Patientin und begreift, dass zur Gesundung nicht nur ein funktionierender Körper gehört. Denn Erfahrungen dieser Art hinterlassen innere Wunden…

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (3)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Besinnliches" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Franz Erni

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der Wanderer: Begegung mit dem König I von Franz Erni (Autobiografisches)
Der Arztbesuch 2 von Klaus Lutz (Besinnliches)
Kurts Geschichte von Siegfried Fischer (Fragen)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen