Elmar Trunk

Toni, der Weihnachtsbaum

In einem kleinen Garten, am Rande einer Hecke,
da wuchs einst ein kleiner Baum.
Alle Bäume um ihn herum hatten im Winter Ihr Laub verloren,
doch Toni, so hieß der kleine Baum,
trotzte dem Winter mit seinen spärlichen Ästen,
die aber im Gegensatz zu den Bäumen rings herum mit grünen Nadeln bewachsen waren.
Toni war nämlich eine Tanne, eine ganz kleine Tanne zwar,
aber Toni sagte: „ Ich werde wachsen und eines Tages bin ich groß und dann werde ich ein Weihnachtsbaum!“.

Da lächelte der alte Nussbaum gegenüber verlegen:
„Haha, Du und groß, Du misst ja gerade einmal einen halben Meter und bist auf diesem schon total krumm gewachsen, ein Weihnachtsbaum wirst Du nie, ein Weihnachtsbaum muss gerade wachsen!“
Toni kümmerte das Gerede des alten Nussbaumes nicht, er neigte sein Haupt in den eisigen Schneewind und ließ ein sanftes „oh Tannenbaum“ durch seine Zweige säuseln.

Im nächsten Jahr kam ein sehr schwerer Winter, die Bäume ohne Laub hatten es einfach, aber Toni, der schon etwas gewachsen war hatte den ganzen Schnee an seinen Nadeln hängen und es schneite und schneite und schneite.
Der Schnee auf den Ästen von Toni wurde so schwer, dass er ihn irgendwann nicht mehr halten konnte. Da gab es plötzlich einen Knack, Toni schrie auf: „Aua“, denn die Schneelast hatte ihm einen Ast gebrochen. Doch Toni ließ sich nicht unterkriegen, er beugte sich etwas zur Seite und kämpfte gegen die Schneemassen an.
Da kam eine Gruppe Vögelchen vorbei, die setzten sich auf Tonis Haupt und stöhnten:
„der Schnee liegt soo hoch und wir finden nichts zu essen“

Da erzählte Toni Ihnen dass er ein paar Meter weiter ein Futterhäuschen gesehen habe, die Vögel waren entzückt: „Danke Toni, ohne Dich hätten wir es nicht gesehen und hätten weiter hungern müssen“
Da sagte Toni: „Ihr lieben Vögelchen, ich habe Euch doch gerne geholfen und außerdem ist doch heute Weihnachten und wenn ich groß bin, dann werde ich ein Weihnachtsbaum!“

Da lächelten die Vögelchen: „Mensch Toni, Du bist zwar eine super hilfsbereite kleine Tanne, aber ein Weihnachtsbaum wirst Du nie!
Wir haben schon bei vielen Menschen in die weihnachtliche Stube gesehen und die Weihnachtsbäume dort sahen alle ähnlich aus:
Wie von der Stange gerade und schick, gleichmäßig gewachsen, nicht zu dünn nicht zu dick!“

Das nächste Jahr verging wie im Fluge und in diesem Jahr gab es einen extrem kalten Winter.
Da kamen zwei Eichhörnchen zu Toni und sagten: „Mensch Toni, ist das ein kalter Winter. Wenn wir nur ein warmes Plätzchen finden würden, wo wir uns ein bisschen aufwärmen könnten.“
Da sagte Toni: „kein Problem, kuschelt Euch an mich heran, unter meinen Tannenwedeln seid Ihr etwas geschützt, da ist es Euch nicht ganz so kalt.“
Die Eichhörnchen kuschelten sich unter den Tannenzweigen von Toni zusammen und als die kalte Zeit vorbei war dankten Sie Toni: „Vielen Dank Toni, wie hätten wir nur ohne Dich gefroren.“
Da sagte Toni: „Ihr lieben Eichhörnchen, ich habe Euch doch gerne geholfen und außerdem ist doch Weihnachten und wenn ich groß bin, dann werde ich ein Weihnachtsbaum!“

Da kicherten die Eichhörnchen. „Mensch Toni, wir haben einen Weihnachtsmarkt gesehen, da suchten sich die Menschen Weihnachtsbäume aus.
Die Tannen dort waren eine schöner als die andere, glatte strahlende Nadeln, kein Ästchen war kahl, doch schwer, ganz schwer fiel den Menschen die Wahl.
Die Spitze leicht gelblich, ganz unten zu dicht, ein Ast leicht verdreht - diesen Baum woll’n sie nicht!“
Sie sagten: „Nein Toni es tut uns so leid, ein Weihnachtsbaum wirst Du nie, in der heutigen Zeit!“

So vergingen die Jahre und Toni der mittlerweile schon die ein oder andere Frostbeule hatte wuchs weiter heran. Winter für Winter half er den fröstelnden Tierchen die schwere Zeit zu überstehen und im Sommer baute manchmal ein Vogelpärchen ein Nestchen in seine Zweige.
Die Apfelbäume aber, die bei Toni standen spotteten verächtlich über Toni: „Was bist denn Du für ein nutzloser Baum, wir bringen Jahr für Jahr reichliche Frucht und nähren so die Menschen. Du aber stehst hier am Gartenrand und bietest krumm und verrenkt nur eine erbärmliche Gestalt.“
Da entgegnete Toni: „Lästert Ihr nur, ich werde eines Tages als Weihnachtsbaum die Menschen erfreuen!“
Da lachten die Apfelbäume: „die Äste geschwungen, symmetrisch gebaut, der Stamm nicht zu dick - was zu massig ausschaut. Einfach gesagt, ein idealer Baum - das ist bei den Menschen der Weihnachtstraum!“
Sie sagten: „Oh Toni, schau Dich doch an, an diesen Traum kommst Du nicht ran!“

Da wurde Toni traurig, leicht beugte er sich in den Wind und ließ diesen ein leises „Oh Tannenbaum“ durch seine Äste blasen.
Auch wenn die Apfelbäume wohl die Wahrheit gesagt hatten, so träumte er doch heimlich weiter einmal ein Weihnachtsbaum zu sein. Und wie er so träumte da löste sich eine Tannenbaumträne und tropfte zu Boden und Toni dachte bei sich:
„Nein, die schönste Tanne bin ich nicht, aber ich bin eine Tanne mit Charakter!“

Am nächsten Morgen, es hatte gerade frisch geschneit, da hörte Toni leise Schritte auf sich zukommen. Knarzend kam da ein Mann auf ihn zu, mit seiner roten Mütze und dem weißen Bart sah der Mann fast ein wenig aus wie der Weihnachtsmann. Der Mann kam näher auf Ihn zu und da erkannte Toni, der Mann sah nicht nur wie der Weihnachtsmann aus, es war der Weihnachtsmann!

Der Weihnachtsmann sprach: „Du musst Toni sein, ich bin auf der Suche nach einem Baum mit Charakter und die Vögel und Eichhörnchen haben mir erzählt wie hilfsbereit Du zu ihnen gewesen bist. So möchte ich dich belohnen und Du darfst in diesem Jahr mein Weihnachtsbaum sein!“
Der Weihnachtsmann nahm Toni mit zu sich nach Hause und schmückte ihn reichlich mit Lichtern, roten Kugeln, Sternen, Engelchen und roten Paketen. Ganz oben befestigte der Weihnachtsmann zwei rote Glöckchen.
Toni, der ja eigentlich ein wenig bucklig war, war ganz stolz und versuchte sich ganz, ganz gerade zu stellen.

Und wie schön er aussah mit all dem Schmuck, der Weihnachtsmann sagte sogar, dass er viel schöner sei, als all die anderen so gleich aussehenden Weihnachtsbäume, immerhin sei Toni ja ein Weihnachtsbaum mit Charakter! Das machte Toni noch stolzer und wenn man ganz genau hinsah, dann sah man den Stolz von Toni. Er leuchtete und strahlte viel mehr als die Lichter die ihn erleuchteten.

Alle die vorbei kamen staunten nicht schlecht. So einen Weihnachtsbaum hatten sie noch nie gesehen und alle Leute erzählten von Toni dem Weihnachtsbaum und welche Freude er ausgestrahlt habe.
Und dank Toni wandelte sich die Ansicht der Menschen, die wollten plötzlich nicht mehr nur die schicken und schönen Tannenbäume. Nein, so manch eine Familie erkannte die wahre Schönheit und gab auch einem krummen Baum eine Chance.
Und wenn sie gefragt wurden: „was habt denn Ihr da für einen Weihnachtsbaum?“
Dann antworteten Sie: „Wir haben einen Toni, einen Baum mit Charakter!“

(by Elmar Trunk 23.12.2010)



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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.01.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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