Robert Kuehl

Schreibblockade


Manchmal ist Schreiben richtig leicht. Manchmal aber überhaupt nicht. Schwierig sind Zeiten, in denen man schreiben möchte, es aber nicht kann, weil schlicht Ideen fehlen.

Es gibt verschiedene Hilfsmittel, sich selbst ins Schreiben hinein zu führen. Es gibt Autoren, die schwören darauf, einen Moment überlegend in der Nase zu bohren. Andere gibt’s, die warten einfach weil sie sicher sind, dass wieder was kommt. Ich selbst bin ein Verfechter des Freewriting – sich hinsetzen und einfach das zu schreiben, was den Kopf durchströmt, so unsinnig das auch ist, was man da zusammenschreibt. Aber es kann in einen „Beginn“ führen.

Nur heute klappt das irgendwie nicht. Auch nicht, nachdem ich dass Freewriting schon nach dem Free ohne jegliches Writing abgebrochen habe und nun ein Zwangsthema“ beginnen will: Herbst.

Und nun sitze ich hier schon seit einer halben Stunde vor meinem Rechner, und es tut sich nix. Ich schaue auf den Monitor: ein weißes Blatt Word mit nichts drauf. Ich schaue aus dem Fenster, aber auch da tut sich nichts. Außer dass es windig ist. Doch das ist normal um diese Jahreszeit. Wir haben Sturmflutwarnung hier an der Küste, und da gibt’s den Wind kostenlos mit dazu. Und Regen. Ohauehaueha! Regen wie eine Wand aus tiefschwarzen, fetten Wolken. Dicke Tropfen, die fast waagerecht gegen mein Fenster knallen und es mit einem Wasserfilm bedecken, der den Baum gegenüber merkwürdig verzogen wiedergibt.

Trotzdem ist er ganz gut zu sehen, der Baum. Seine goldenen Blätter strahlen durch das windige Grau zu mir herüber. Aber die Natur zerrt heftig an seinem Kleid. Mit jedem Windstoß muss er sich von ein paar seiner Blätter trennen.
Schmunzeln muss ich, als jetzt ein übergestülpter Regenschirm zwischen Fenster und Baum vorbeifliegt. Da ist sicher wieder ein Bayer zu Besuch hier oben im Norden ...

Aber zum Thema Herbst fällt mir immer noch nix ein. Ob ich es übertrage auf „Herbst des Lebens“? Aber das verlangt ja nach noch mehr Nachdenken. Womöglich muss man mit Erfahrungen um sich schmeißen. Oder mit Weisheiten gar. Nee... mir ist eher nach etwas Lockerem, Kurzweiligem. Wenn jetzt noch eine Idee käme, könnte ich sofort loslegen.

Aber sie kommt nicht, die Idee. Muss jetzt aber auch noch warten, denn es hält mit Blaulicht die Feuerwehr gegenüber. Die Straße wird abgesperrt und eine Leiter ausgefahren, die einer der Feuerwehrmänner mit einer Kettensäge besteigt.

Aha, einer der Äste scheint morsch zu sein. Jedenfalls wird an ihm so lange herumgesägt bis er fällt. Erstaunlich, dass der Feuerwehrmann auf der wackeligen Leiter sich bei diesem Sturm einhändig so festhalten kann, dass er mit der anderen Hand die Säge bedient. „Hut ab“, kann man da nur sagen. Es dauert eine ganze Zeit, bis der dicke Ast, der auf den Gehweg geplumpst ist, in kleine Stücke zersägt wurde und abtransportiert werden konnte. Fast zwei Stunden hab’ ich nun zugeguckt, bis alles aufgeräumt ist.

Nun ist’s wieder ruhig und alles wie vorher. Der lausige Wind, der Baum gegenüber mit zunehmend weniger Blättern, das Wasser auf den Fensterscheiben. Nur der Regenschirm kommt nicht mehr vorbei.
Es ist Zeit für einen heißen Kaffee. Der belebt. Und vielleicht hilft er mir ja bei der Suche nach einer Idee zum Thema „Herbst“. Und wenn das nicht klappt, lass’ ich’s halt. Es wird schon wieder werden ...

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.01.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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