Christina Dittwald

Die graue Maus Rita



Sie waren schon lange verheiratet, die kleine graue Maus Rita und ihr gutaussehender Mann Horst. Eine vorbildliche Ehe, wie alle Freunde anerkennend sagten, nie ein böses Wort, und Rita trägt ihm den Arsch nach.

Was die aneinander finden , kapiert man nicht. So unterschiedlich die beiden, Die Rita kann froh sein, so ein guter Mann, der hätte jede haben können, und auch die Kinder sind wohlgeraten. Etwas lahm ist die Rita ja, mit ihren Blumenbindekursen.Sie war auch schon mal auf dem Kirchentag und zu einem Kochkurs im Sauerland, das war ein Geschenk zu ihrem sechsundvierzigsten Geburtstag von ihrem Horst. Erst wollte sie ja nicht, denn Frikadellen konnte sie. Türmchen bauen wie der Lafer war ihr echt zuwider, aber man kam ja mal raus aus der Kleinstadt.

Niemand konnte sich vorstellen, dass die Rita irgendetwas verheimlichte, sie schminkte sich ja noch nicht mal .Sie fand, es sei Betrug, nicht sein wahres Gesicht zu zeigen. Das sah der Horst zwar anders, und ungern nahm er Rita mit, wenn er abends zu einem Geschäftsessen eingeladen war.  Mit der Rita konnte er keinen Staat machen. wenn sie in ihrem soliden Kostüm mit dem kleinen Pelzkragen schwitzend an der Tafel saß. Sonst stand sie eher auf praktisch, niemals würde sie eine weiße Hose anziehen, nein, eine strapazierfähige Jeans  und Sweatshirts in gedeckten Farben waren zweckmäßiger. Und doch hatte Rita ein Geheimnis, welches sie mit in die Urne  nehmen wollte, und im eigenen Interesse auch musste. Vor Jahren anläßlich eines Klassentreffens ihrer Jahrgangsstufe in einem kleinen Ort im Münsterland hatte sie den pickeligen Martin wiedergetroffen. Nur dass der jetzt eine blendende Erscheinung war  und nach einigen Bommerlundern sah auch er die Rita in schillernden Farben.

Man beschloß, etwas Verrücktes zu machen, nachdem die anderen Klassenkameraden sich in dem alten Gutshaushotel,  zurückgezogen hatten. Martin erhoffte sich eine heiße Nacht mit Rita. Auch Rita hatte da eine Idee. Ihr war bewusst geworden, als sie die Erfolgsgeschichten der Klassenblödesten den ganzen Abend gehört hatte, in welch todlangweiligen Bahnen ihr Leben verlief, und verlaufen würde, und immer so weiter, bis sie tot war und niemals würde sie irgendetwas getan haben, für das sie sich schämen müßte, oder das ihr keiner zutrauen würde. Bisher hatte sie niemanden geschockt.

Also sagte sie zu Martin : ich will was Heißes mit dir anstellen ! Lass uns etwas machen, das wir hinterher keinem erzählen können ! Martin stimmte erfreut zu und sagte, da bin ich dabei ! Nur hatte er sich die Nacht anders vorgestellt, als Rita ihre schwarzen Strümpfe auszog, und ihm einen gab. Zieh den mal über den Kopf, ob der dir passt. wir werden einen Kiosk ausrauben. Martin stand der Mund offen. bist du verrückt! Einmal im Leben, ja ! Ritas Herz schlug heftig, sie glaubte selbst nicht, was sie sagte. Komm. Los. Martin hielt das immer noch für einen Scherz, und folgte ihr lachend.Der Kiosk auf der Hauptstrasse wollte gerade schliessen, es war kurz vor Mitternacht .Es ging ganz leicht. Strümpfe über den Kopf, einen Schal über das vorhin in der Tombola gewonnene Marzipanbrot, das auf den panischen Kioskbesitzer zeigte , Hände hoch , Geld her - und schon war Rita um 3000 Euro reicher. Der Kioskbesitzer bekam die Weisung, sich auf den Boden zu legen und sich 30 Minuten beim Leben seiner Großmutter nicht zu rühren. Sie rannten kichernd zum Hotel und waren so aufgekratzt, dass die gemeinsame Nacht sehr interessant wurde. Als sie sich morgens ansahen, beschlossen sie, es dabei zu belassen, und nie mehr das Bett, sondern nur noch die Beute zu teilen und die ganze Sache als ungeschehen zu betrachten.
Es kam nie etwas heraus. Wenn Rita sich mal etwas Schönes kaufen wollte, zum Beispiel einen geschmeidigen  Bast für ihre Blumengestecke, griff sie auf ihr "Taschengeld" zurück.
Ihr Horst kapierte nie, warum sie lächelte, wenn er sie anschnauzte, sie solle doch mal etwas aus sich herausgehen, seine kleine graue Rita-Maus.


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.02.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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