Kim Oestreich

Das Tier in mir - ich.

Ich bin mir begegnet, habe mich gefunden.
Ich habe meine Hand gehalten und wundervolle Abende mit mir verbracht. Ich habe mir zugehört und mich zum ersten Mal verstanden. Ich hätte nie gedacht, dass ich doch ganz ok seinn kann, hätte nie gedacht, dass ich mir etwas wert bin. Ich habe mit mir gelacht und konnte ich selbst sein. Und dann... habe ich mich wieder verloren. Ich bin mir aus der Hand geglitten, sehe in meinem Spiegel eine Fremde, die mir Dreck in die Augen wirft, mit ihrer Faust mein Herz zerquetscht, es ausbluten lässt und mein Brustkorb mit ihren Worten durchbohrt.
Sie schneidet mir tief ins Fleisch und grinst mich erregt an. Ich habe mich verloren und bleibe mit der Fremden zurück. Alles tut mir weh. Sie schmeißt Steine auf meinen geschundenen Körper, schiebt mir Brocken in den Hals an denen ich fast ersticke. Sie zieht hohe Mauen um mich herum und lässt mich rücksichtlos dagegen laufen. Immer und immer wieder. Sie stellt sich mir in den Weg, bringt mich zum schwanken und stolpern. Sie krallt sich fest an mir, bohrt ihre Krallen in meine Haut und schreit mir laut ins Ohr, beschimpft mich, hält mich klein, presst ihre dreckigen Hände auf meine Lippen.
 
Kein Ton erklingt.
Ich kneife die Augen zusammen und presse mir meine zitternden Hände auf die Ohren. Ich will nichts mehr sehen. Ich will nichts mehr hören. Doch fühlen... fühlen kann ich sie. Ich fühle das Brennen in meinen nassen Augen, den stechenden Schmerz in meinem wunden Fleisch. Und ich spüre wie sie sich an meinem Herz vergeht, dass sie sich in meinem Leiden suhlt. Meine Taubheit ist so sinnlos. Sie sitzt in meinem Kopf, sie beherrscht meine Gedanken. Sie atmet durch meine Lunge, spricht durch meinen Mund. Sie sieht durch meine Augen die graue Welt. Sie lebt in mir.
 
Und all die Abende die ich mit mir verbracht habe, die Stunden die ich an meiner Seite genießen durfte scheinen so falsch. Alles was ich mir erzählt habe klingt jetzt wie eine dreckige Lüge. Manchmal laufe ich mir über den Weg, blicke in die Augen, die sich nach den Kindertagen sehnen, die nach Liebe lechszen. Ich versuche mich aufzufangen, mich festzuhalten. Ich möchte mich an die Momente voll Leichtigkeit und Glück errinnern.
 
Doch ich entgleite mir. Bin wieder allein, mit mir und ohne mich.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.03.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Lebenseindrücke: Gedichte von Annette Messerschmidt



Die Autorin, geboren 1960, wohnt im Dreiländereck Nordrhein-Westfalen/Hessen/Rheinland-Pfalz. Erst spät hat sie ihr Talent zum Dichten entdeckt und ihre Gedanken und Erfahrungen zusammengetragen. So entstand eine Gedichtsammlung, an der die Autorin gerne andere Menschen teilhaben lassen möchte, und daher wurde der vorliegende Band zusammengestellt.

Das Leben ist zu kurz, um es mit Nichtigkeiten zu vergeuden oder um sich über die Schlechtigkeit der Welt allzu viele Gedanken zu machen. Wichtig ist, dass man sich selbst nicht vergiften lässt und so lebt, dass man jederzeit in den Spiegel schauen kann.

In diesem Sinn denkt die Autorin über Natur, Naturereignisse und ihre Lebenserfahrungen nach. Dem Leser wünscht sie eine positive Lebens-einstellung, viele gute Gedanken und Freude an der Lektüre.

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