Eugen Merk

Quibers rätselhafte Tagebuch - Donnerstag 2/2

Diesen Gedanken zu Ende gedacht musste mich wohl ein unnachgiebiger Gegenstand ereilt haben, denn der Gedankenstrom riss ab. Und als ich mich wieder aufrappelte folgte schon die rotgleißende Sonne ihrem Weg hinter den Horizont. Kurz darauf kam mein Nachbar aus seinem Haus gestürmt und meinte mein Boss, Johnny de Muerte, wäre am Telefon. Ganz recht, ich missbrauche regelmäßig den Telefonanschluss meines Nachbarn. Er selbst bezeichnet sich ja als den Vater von Gerald, aber ich hab diesen armen Tropf noch nie für voll genommen. Ich richtete mein Focus also auf den Hörer und konnte kaum erwarten was mir mein Boss dolles mitteilen wollte. Allerdings kam nichts Unerwartetes! Und nach achtzehn Minuten permanenter Beleidigungen brauchte ich es mir nicht länger anzuhören und mein Auflegefinger zuckte schon ganz wild. Doch eine überaschende Androhung zur Kündigung ließ mich aufhorchen und ich fuhr mit meinem aufgetankten Mofa schleunigst in Richtung Bar. Vorher entsorgte ich natürlich den Telefonhörer in einem Gullydeckel, ha harr.

Da stand ich also wieder, hinter dem Tresen dieser meist Zugedröhnten Bar. Zunächst ließ ich mein Blick schweifen, hielt aber inne als ich im hintersten und dunkelsten Eck Johnny erblickte. Offenbar unterhielt er sich gerade auf schmutzigster Weise mit einer dubiosen Frau. Unglaublich war das, noch nie sah ich eine Frau in dieser Bar! Eben wollte ich die Schrotflinte hervorholen um die Frau wegzublasen, doch sie verschwand eilig, warf jedoch noch einen verschmähten Blick zu Johnny. Ich überlegte kurz was diese Frau in dieser besudelten Bar wollte abgesehen davon, dass ich mir fast ein Zelt gebaut hätte wenn nicht meine schiesswütigen Finger nach der Flinte griffen. Bäm, eine dreifach fixierte Rückhand mit Federrückgestelltem Nachzug zischte mir durch die Fresse. Mister de Muerte meinte ich solle mich verziehen da alle Gäste bereits gegangen waren und die Bar in 5 min. schließt. Dabei hätte ich wetten können, dass ich eben erst gekommen war. Ein Blick auf meine Micky Maus- Armbanduhr verriet mir allerdings, dass ich bereits 5 Stunden in der Bar war. Was soll’s, ich verabschiedete mich kurz bei meinem Boss mit einer harten Linken und platzierte mein Hintern auf den Sitz meines Mofas, um nach viermaliger Umdrehung des Gashebels endlich Fahrt aufzunehmen.

Es dauerte nicht lange, da wurde auch schon eine blinde, alte Dame auf mich aufmerksam. Was suchte sie wohl nachts in den gefährlichen Strassen dieser laternenlosen Gegend? Entweder hatte sie es auf mein nichtzugelassenes, unversichertes, bis zum Anschlag auf 20km/h frisiertes Mofa abgesehen, oder sie fühlte sich von dem unerträglichen Lärm, welchen es erzeugt, belästigt. Letzteres schloss ich aus, denn sofort warf sie ihren Blindenhund in die Speichen meines Kraftfahrzeuges. Dieser wurde vertikal von Schwanz nach Kopf zerschnitten und ich wollte ohne weiteres unbeirrt meine Fahrt fortsetzen. Plötzlich fing der Tank meines mobilen Fahrzeuges grundlos an zu stinken. Ich brachte all meine menschenmögliche Kraft auf und konnte das unberechenbare Vehikel noch rechtzeitig auf Kurs eines dicht besiedelten Wohnviertels lenken, bevor ich gezwungen war abzuspringen. Das vom Mofa getroffene Haus ging sauber in Flammen auf. Daraus zog ich die Schlussfolgerung, dass es vorher mit reichlich Zunder präpariert wurde. Während es so vor sich hin flambierte machte ich mich auf einen langen Fußmarsch nach Hause gefasst. Es war ein langer und anstrengender Tag. Ich schlief wie ein Baby!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.03.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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