Andreas Rüdig

Yeti

Den Yeti gibt es wirklich. Dessen ist sich Gudrun Dagmar absolut sicher. "Als die Ritter vom Yetlmatochtl-Kometen vor 5.000 Jahren bei uns waren, mußte sie ihn bei uns zurücklassen. Der Uchtlmuchtl-Komet nähert sich nämlich bedrohlich der Erde. Hätten die Uchtmuchtl-Kometen-Leute mitbekommen, daß die Yetlmatochtl-Kometen-Leute auf der Erde angekommen sind, wäre es automatisch zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen. Schließlich betrachtete die Uchtmuchtl-Komet die Erde als sein Siedlungsgebiet."

Sie haben auch noch nicht vom Uchtmuchtt und Yetlmatochtl gehört, liebe Leser? Ein Wunder ist das nicht. Schließlich ist Gudrun Dagmar die erste Person, die darüber berichtet. SIe ist aber nicht irgendwer. Sie ist die Ehefrau von Alfons Knickerbeck, dem bekannten, beliebten und berühmten Tibetologen. Und der wiederum hat jahrelang zum Yeti geforscht, theoretisch wie praktisch, sehr zum Unwillen seiner Damen und Herren Forscherkollegen, die seine Lehrverpflichtungen mit übernehmen mußten ob seiner vielen Abwesenheit.

"Ach, das ist doch unwichtig, was Sie da erzählen," entrüstet sich in diesem Augenblick Gudrun Dagmar. "Unsere Forschungsergebnisse sind sensationell. Das Himalaya-Gebirge ist nicht durch die Kontinentalverschiebung von Indien in Richtung Norden entstanden. Nein, mitnichten. Indien war schon immer dort. Es hatte allerdings nicht - wie heute - eine Dreiecksform, sondern Quadratform. Als die Yetlmatochtl-Kometen-Leute auf der Erde landeten und mit ihrer Besiedlung des Planeten beginnen wollten, stellten sie fest, daß ein geeigneter Landeplatz fehlte. Also schickten sie Yeti, `den´ Yeti, quasi also Vorauskommande voraus. Die Südindische Tiefebene ist überigens das Ergebnis seiner Ankunft. Er landete so unsanft, daß die Erde emporspritzte, in die Luft flog, in hohem Bogen im Wasser landete und dort das Eiland Ceylon bildete."

Und was hat das alles mit dem Himalaya zu tun?

"Ganz viel. Wie genau es geschehen ist, läßt sich heute nicht mehr sagen. Auf jeden Fall hat es der Yeti geschafft, ganz viel ERde vom Süden in den Norden Indiens zu schaffen und dort das Himalaya zu mauern."

Dann muß er aber ein schlechter Maurer gewesen sein.

"Äh, wieso denn?"

Schauen Sie sich doch die vielen Täler und Unebenheiten des Geländes an. Ein Profi hätte das bestimmt besser gekonnt.

"Auch Quatsch. Die Täler sind doch erst später hinzugekommen.

So? Wann denn?

"Na ja, die Yetlmatochtl mußten sehr überstürzt flüchten. Das hat zu diversen Fehlstarts geführt. Die Motoren der Flugmaschinen stießen hinten im Auspuff eine große Feuerwelle aus. Einige fielen auch wenige Meter nach dem Start wieder auf die Erde zurück; dank ihrer stabilen Bauweise nahm der Startblock mehr Schaden als die Flugmaschinen selbst. Und außerdem brauchten die Tibeter, Bhutanesen und Nepalesen viel Material für ihre Wohnungen. Was lag da näher, als auf das vorhandene Baumaterial, nämlich die Berge, zurückzugreifen?"

Und wo ist der Yeti heute?

"Er lebt immer noch im Himalaya, aber nicht auf der Erdoberfläche, wie oft fälschlicherweise behauptet wird. Er lebt vielmehr unterirdisch. Er hat anfangs - einem Maulwurf gleich - angefangen, Löcher in den Boden zu graben. Dann ist er auf ein natürliches Höhlensystem gestoßen. Dort verbirgt er sich heute."

Und wovon ernährt er sich?

"Unterschätzen Sie das Leben im Boden nicht. Dort gibt es nicht nur Knochengerüste wie Fledermäuse. Gelegentlich fallen oberirdische Gebirgstiere in eine Höhle / Felsspalte und verenden dort. Manchmal fliegen aber auch Vögel hinein und verirren sich. Manchmal muß aber auch der Yeti auf Jagd gehen. Er holt sich dann Yaks und andere Tiere."

Der Yeti kommt dann also noch an die Erdoberfläche?

"Ja, ja, gelegentlich."

Und wie sieht er aus?

"Groß, zotteliges, braunes Fell - er könnte fast ein Vorläufer des Menschen sein. Mein Mann untersucht gerade, ob wir von ihm abstammen."

Und wie haben Sie ihn gefunden?

"Durch seine Verdauung."

Durch seine Verdauung? Nun erzählen SIe schon, Frau! Spannen Sie mich nicht auf die Folter!!

Ja, natürlich durch seine Verdauung. Wie denn sonst? Etwa durch Blinkzeichen? Und was meinen Sie denn, wie die dichte Bewaldung im Himalaya zustande kommt? Bestimmt nicht durch die vielen Steine! Der Yeti hat mit seiner regen Düngung zu dem Baumbewuchs beigetragen. Insbesondere sein Durchfall is sehr nährstoffreich. Da brauchte nur ein Samenkorn drauffallen und schon sprießt und schießt die Pflanze in die Höhe."

Haben Sie auch schon Kontakt zum Yeti aufnehmen können?

Wir wollten, konnten aber nicht. Um ihre nächste Frage auch schon gleich mit zu beantworten: Es lag an den Ohren des Yeti. Seine Ohren sehen wie Grammophontrichter mit aufgespannten Trichtern aus. Selbst wenn wir schreien, ist das für den Yeti nur wie ein leichtes Kitzeln dieser Membranhaut. Er könnte uns also überhaupt nicht hören. Wollte er uns hören können, müßte der Lärm so groß sein, daß uns Menschen die Trommelfelle platzen würden.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.03.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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