Eugen Merk

Quibers rätselhafte Tagebuch - Freitag

 Warum, warum um alles in der Welt muss ich immer mit Gewalt geweckt werden? Ein Zitat? Nein, das wahre Leben! Ich glaube es war noch sehr früh, da wurde mir ohne Vorwarnung ein Revolver über den Schädel gezogen. Und dieser gehörte niemand anderem als Mc Kornikel! Ich weiß, ich müsste es langsam gewöhnt sein, aber es macht mich krank andauernd was auf die Birne zu bekommen. Besonders dann wenn eine Platzwunde, so lang wie ein ausgerollter Glühbirnenfaden, das Resultat ist. Und dass ich das nicht mag hab ich Mc Kornikel mit meinem rasiermesserscharfen Schlagring nahe gelegt. Er verstand! Trotz allem machte ich ihm ein Kompliment über sein Kruppstahlharten Revolver, der mich flink wie ein Windhund überfiel und eine Wunde, zäh wie Leder, hinterließ. Jedoch bestritt er den Besitz eines Revolvers, und so kamen wir nun ins Gespräch. Er erzählte viel über Gerald, besonders die vielen Sexgerüchte die um ihn Kreise wie Geier zogen, wurden von Mc Kornikel peinlich genau sowie widerlich erörtert. Die einzig brauchbare Information war jene, dass Gerald der einzige Zeuge eines schweinischen Verbrechens war. Ein Verbrechen dessen Handschrift ohne ersichtlichen Grund zu Johnny de Muerte führte. Doch bevor das Verbrechen gelöst werden konnte, wurde Gerald von A nach B aufgeschlitzt. Es liegt nun mehr in meiner Hand das Rätsel um Gerald und sein geplantes Vorhaben zu lösen. Ein unmögliches Unterfangen musste ich mir eingestehen. Mc Kornikel wechselte plötzlich das Thema als ihm erneut Blut von meiner Platzwunde ins Gesicht spritzte.

Es ging um ein Mysterium. Denn über Nacht ist ein Haus wie vom Erdboden verschwunden. Da wo es einst stand gibt es nichts mehr was daraufhin deutet, dass dort jemals etwas war. Von Mc Kornikel erfuhr ich sofort die Adresse. Komischer weise war es dieselbe Adresse bei der ich mein Mofa verloren habe. Weiter erzählte er, dass darin einige Halbstarke wohnten die ebenfalls seit gestern Nacht als vermisst gelten und es wohl immer bleiben werden. „Geschieht ihnen ganz Recht“, rief ich daraufhin und fing so laut an zu lachen, dass mir wieder Blut auf Mc Kornikels Mantel spritzte. Aufgrund dieser Reaktion fragte er mich ob ich diese Personen etwa kannte. Ich bestritt aber, jemals auch nur in die Nähe dieses Hauses gekommen zu sein. Also blieb ihm nichts anderes übrig als sich zu verabschieden. Ich gab ihm noch einen Blutspritzer mit auf den Weg und schon war er aus meinem Karton verschwunden. Zuhause hielt mich nichts mehr. Ich ging raus und wollte mir auf dem Weg zu meinem Arbeitsplatz Gedanken über Gerald machen.

Ich wusste, ohne Mofa würde dies ein langer Spaziergang werden. Demnach blieb mir nichts anderes übrig als mir den motorisierten Rollstuhl einer Blinden unter den Nagel zu reißen. Irgendwie kam Sie mir bekannt vor. Doch da Sie offenbar keinen Blindenhund bei sich hatte, blieb die Erinnerung verschlossen. Ich hatte nun also ein Fahrzeug, eines welches Stunden in Anspruch nahm um es zu frisieren. Ganz Recht, es fuhr ganze fünf km/h schneller als vorher. Bewusst sage ich „fuhr“, denn als ich an der Bar ankam überhitzte der Motor und der Rollstuhl ging in Flammen auf. Dies war mir allerdings nur ein Schulterzucken wert. Aber es war der pure Schock als ich mein eiskalten Blick auf die Armbanduhr richtete. Immerhin fiel mir auf, dass ich zu Fuß bereits vor einer Stunde hätte hier sein können. Das nichtfachgerechte Rollstuhltuning kostete eindeutig mehr Zeit als geplant. Brennender Rollstuhl Hin oder Her, jedenfalls machte ich mir viele Gedanken auf der Fahrt.

Könnte es sein, dass die Frau, von neulich in der Bar, mit Gerald den Beischlaf vollzogen hatte? Aufgrund der unzähligen sexuellen Gerüchte über Ihn wäre dies durchaus denkbar. Und es wäre ein Grund für Johnny de Muerte den perversen Gerald von Plus nach Minus aufzuschneiden. Um das herauszufinden entschied ich mich dazu, meine Vorwürfe Johnny persönlich an den Kopf zu schmeißen. Ich ging in die Bar, legte mir die Schürze an, und lauerte auf einen günstigen Zeitpunkt um mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Nach längerem Warten kam plötzlich aber endlich de Muerte zur Theke, nahm natürlich seinen Freund „zweifach gehärtete Rückhand“ mit. Er schrie mir ausdruckslos ins Gesicht das sich alle Gäste wegen der nach Blut schmeckenden Getränke beschweren. Und noch ehe er diesen Satz beenden konnte, spritzte ihm nahezu ein Liter Blut von meiner Platzwunde auf die Krawatte. Ich nutzte die ungünstige Gelegenheit und warf ihm meine, an den Haaren herbeigezogene, Theorie über Geralds Mord ans Genick. Während ich das tat, hielt ich die Augen verschlossen und wartete darauf bald eine zweite Körperhälfte zu bekommen. Es kam anders. Johnny blieb gelassen. Unerwartet gestand er mir, dass die Frau von neulich seine Schwester sei, und es stimmt, Gerald hatte sie einst begattet. Weiter versicherte er mir mit Geralds Verschwinden nichts am Hut zu haben. Das Einzige was er in Sachen Gerald weiß ist, dass er Hauptbelastungszeuge bei einem Verkehrsunfall war. „Mc Kornikel kann dir mehr darüber sagen. Und jetzt verpiss dich in ein Krankenhaus. Du bist schon blass wie jemand der aus irgendeinem Grund eine Menge Blut verloren hat!“ Mit diesen Worten wandte sich Johnny de Muerte ab und ich sofort in Richtung Ausgang. Ich bekam noch mit wie ein Kunde die Situation schamlos auszunutzen versuchte und über die Theke sprang um sich die Kasse abzugreifen. Allerdings rutschte er bei der Landung auf einer Blutlache aus und prellte sich sein Face, bewusstlos blieb der Ärmste am Boden liegen. Dann verließ ich die Bar. Sorgen um einen Schlafplatz brauchte ich mir keine zu machen. Im Krankenhaus angekommen hatte ich keinen Tropfen Blut mehr in mir. Denn auf dem Weg dorthin löschte ich damit unabsichtlich ein explodiertes Auto. Ich wusste, die Bluttransfusion würde die ganze Nacht dauern, also nickte ich ein und schlief erschöpft, verlassen von jeglicher menschlicher Kraft, ein.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.03.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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