Klaus-D. Heid

Katja

Für Katja, die schon weiß, welche Katja gemeint ist...

Man sagt allen im Sternzeichen Steinbock geborenen Menschen nach, dass sie über einen besonders ausgeprägten Dickkopf verfügen. Für die meisten Steinböcke mag dies ja auch zutreffen – aber in Bezug auf Katja ist es eine maßlose Untertreibung! Sie kennen Katja nicht? Sie wissen überhaupt nicht, von wem ich da spreche?

Danken Sie dem Herrn auf Knien, wenn Sie’s wirklich nicht wissen, denn Katja wäre Ihr schlimmster Alptraum, Ihr größter Horror und Ihr personifiziertes Unglück in einer Person!

Wie ich so über eine Frau sprechen kann? Sie meinen, sie hat bestimmt auch ihre guten Seiten? Kein Mensch hat es verdient, dermaßen verunglimpft zu werden? Sie möchten sie gerne in Schutz nehmen? Sie möchten die starke Schulter sein, an der Katja sich ausweinen kann, wenn sie diese Zeilen liest?

Viel Spaß. Genau in diesem Moment haben sie einen Fehler gemacht. Nicht irgendeinen Fehler, sondern den ärgsten Fehler, den Sie jemals begehen konnten. Von diesem Augenblick an sind Sie nämlich Katja mit Haut und Haaren ausgeliefert. Sie sind sozusagen das Hundefutter in ihrem Napf. Sie sind ab sofort der Fußabtreter, auf dem Katja genüsslich den Dreck des Alltags hinterlässt. Sie sind die Mülltonne, in der all ihre überflüssigen Problemchen verstaut werden, die Katja nicht mehr mit sich herumschleppen möchte.

Sie möchten noch immer Katjas Beschützer sein?

Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus, empfehle ich Ihnen, sich selbst einen Beschützer zu suchen, der Sie vor dem Übel bewahrt, dass bereits in Gestalt einer Katja auf Sie lauert. Verstecken sie sich. Graben Sie sich ein. Ziehen Sie einen zehn Meter hohen Stacheldrahtzaun um sich herum. Bewaffnen Sie sich. Beten Sie...

Ich übertreibe maßlos? Tatsache?

Sollten Sie es nicht einem erfahrenen Katjakämpfer wie mir überlassen, wie die Lage einzuschätzen ist? Wissen Sie oder weiß ich, wovon ich rede? Sie haben ja nicht die geringste Ahnung, Sie Glücklicher! Bislang hat das Grauen noch einen Bogen um Sie gemacht. Bislang sind Sie jener Katja noch nicht in die Klauen geraten, die Sie mit Leichtigkeit in der Luft zerreißen könnten. Sie leben noch! Für mich ist dieser umstand ein untrüglicher Beweis dafür, dass Sie meine Katja niemals kennen gelernt haben. Andernfalls wären Sie jetzt nichts weiter, als ein verkohlter Klumpen Erde, der noch nicht mal zum Umpflügen taugt.

Aber wie gesagt: Sie leben ja noch!

Wieso ich so wahninnig gut über Katja Bescheid weiß? Wollen sie das wirklich wissen? Sicher?

Na gut. Wenn es Ihnen und allen anderen Männern auf diesem Planeten als Warnung dient, will ich es Ihnen verraten. Allerdings tue ich dies nur unter einer ganz bestimmten Voraussetzung. Sollten Sie dieser Bedingung nicht zustimmen können, schweige ich ab sofort wie ein Grab – und kein Wort über Katja kommt jemals wieder über meine Lippen.

Meine Bedingung lautet, dass Sie niemals - verstehen sie? – niemals in Ihrem Leben versuchen werden, Katja kennen zu lernen! Sie müssen verstehen, dass ich diese Forderung stellen muss, weil mir schließlich etwas an ihrem Seelenheil liegt. Niemand soll mir jemals den Vorwurf machen können, dass ich an Ihrem Unglück schuld war!

Also? Was ist? Einverstanden? Ja?

Haben Sie gerade ‚Ja!’ gesagt? Macht es Ihnen etwas aus, mir diese Willensbekundung schriftlich zu geben? Wie bitte? Unsinn! Das ist kein Misstrauen, sondern eine juristische Absicherung für mich. Man weiß ja schließlich nie, ob Andere auch die Wahrheit sagen, oder?

Zufällig habe ich gerade ein Schriftstück in der Tasche, das Sie bitte hier unten, links, unterzeichnen können. Noch das heutige Datum bitte.

Hervorragend. Vielen Dank. Ausgezeichnet.

Nach Ihrer Unterschrift darf ich Sie kurz auf den tatsächlich sehr klein gedruckten Absatz 73, 4. Zeile, hinweisen, in dem Sie sich einverstanden erklären, eine Geldbuße von zwei Millionen Euro zu zahlen, falls Sie der Versuchung nicht wiederstehen können, Katja kennen zulernen. Vorsorglich hat ein guter freund von mir, der Notar ist, bereits gegengezeichnet, so dass dieses Schriftstück rechtlich bindend für Sie ist.

Nochmals vielen Dank!

Was soll ich? Endlich etwas über Katja erzählen? Ja, bin ich denn blöd? Glauben Sie etwa, ich erzähle Ihnen etwas über die schönste, beste, intelligenteste, sensibelste und reizvollste Frau, die ich kenne?

Hatte ich vergessen zu erwähnen, dass Katja meine Freundin ist?

Wissen Sie, Sie sind nun der neunundfünfzigtausendachthundertsiebenundvierzigste Mann, der mir dieses Schriftstück unterschrieben hat. In dieser Stadt leben noch etwa weitere siebzehntausend Männer, die ich überzeugen muss. Sobald auch der letzte Mann unterschrieben hat, kann ich ganz sicher sein, dass sich kein anderer Kerl an meine Katja ranmacht!

Natürlich ist es sehr aufwendig, was ich deswegen veranstalte; aber wenn Sie wüssten, wie toll meine Katja ist, würden Sie’s vielleicht verstehen. Schade für Sie, dass Sie diese Erfahrung nun niemals machen können!

Ihnen noch einen schönen Tag. Ich muss los. Katja wartet...

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Langsam gehe ich auf das sechzigste Lebensjahr zu. Da hinter mir nahezu jede emotionale Erinnerung »verschwindet«, besitze ich keinerlei sichtbare Erinnerung! Vieles von dem, was ich Ihnen aus meinem Leben berichte, beruht auf alten Notizen, Erinnerungen meiner Frau und meiner Mutter oder vielleicht auch auf sogenannten »falschen Erinnerungen«. Ich selbst erinnere mich nicht an meine Kindheit, Jugend, nicht an meine Heirat und auch nicht an andere hochemotionale Ereignisse, die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin.

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