Das Leben, das mir die Gesunden heute so präsentieren, so möchte ich nicht leben. Diese ganze Konkurrenz, dieses ganze Hauen und Stechen, dieses ganze kämpfen, dieser ganze Stress. Ich gelte als krank, damit ich in der Werkstatt für psychisch Kranke arbeiten kann. Hier habe ich eine Nische gefunden, in der ich ganz gut leben kann. Ich möchte nämlich nicht auf den freien Arbeitsmarkt und darum möchte ich auch nicht als gesund gelten. In der Behindertenwerkstatt macht mir die Arbeit dagegen Spaß, ich gehe jeden Tag gerne zur Arbeit und möchte auch mit niemanden tauschen.
Aber privat möchte ich mich nicht als krank bezeichnen. Ich sage eher "ich bin so wie ich bin". Ich bin weder krank noch gesund sondern ein Original, das gerne lebt. Der Kölner Kabarettist Jürgen Becker hat einmal gesagt, daß man früher alle psychisch Kranken Originale nannte. Und der Kölsche sagt: "Jede Jeck ist anders".
Ich habe nicht die schlanke, sportliche Figur eines Gesunden, sondern ich bin eher ein gemütlicher, dicker Mensch, der sich langsam durch die Welt bewegt. Ich bin stolz darauf, ein Dicker zu sein, und nicht dem schlanken Idealbild zu entsprechen, daß der Staat so von seinen Bürgern hat. Ich finde es viel schöner, sich als Dicker gemütlich und langsam durch die Welt zu bewegen, anstatt als Gesunder durch die Welt zu hetzen. So kann ich die Umwelt genießen und nehme die schönen Dinge und Menschen wahr.
Gesund bin ich nicht, weil ich an der leistungsorientierten, wettbewerbsorientierten und sportlichen Welt nicht mitmachen kann und will. Aber krank bin ich auch nicht, dafür geht es mir zu gut und dafür genieße ich das Leben zu sehr.
Ich bin ein Individuum, daß seinen eigenen Lebensweg geht, eben ein Original.
Konrad Folkmann, 17.11.10