Rüdiger Nazar

Frankreich sollte ein neuer Anfang sein...11....

Und so verging dann Tag um Tag...es war absolut nichts mehr da...was wir essen konnten.
Eines Tages kam uns Michel besuchen...derjenige...der uns damals beim Umzug von Maizieres le Viv nach Azoudange geholfen hat.
Er wollte uns für den heutigen Abend zum Essen einladen.
So konnten wir den Abend garnicht abwarten. Er kam so um achtzehn Uhr und wir stiegen in seinen Wagen ein. Er wohnte in Secourt...ungefähr zehn Kilometer entfernt von uns.
Als wir dort ankamen...strömte uns schon Lärm entgegen...das Haus war voller Besucher.
Die meisten kannte ich...so war auch Andre dabei...der mich verstohlen aus den Augenwinkeln betrachtete. Ich grüßte ihn und seine Frau...die sehr gut deutsch sprach.
Es roch herrlich in dem Wohnraum...nach gebratenem...nach Kaffee...nach Kuchen...oh...uns lief das Wasser im Munde.
Wir saßen genau Andre und Frau gegenüber am Tisch. Und wie geht es dir ?...fragte ich ihn.
Er zuckte die Schultern...mal so...mal so. Ich mochte ihn eigentlich...und wir kamen gut miteinander aus...nur...seit ich nicht mehr bei Jille arbeitete...brach er den Kontakt zu uns ab. Und ich weiß auch warum. Jille sagte zu Andre...wenn du weiterhin nach Rüdiger gehst...brauchst du nicht mehr bei mir arbeiten. Andre hatte nun natürlich Angst ...daß er seine Stelle verlieren würde.
Und so saßen wir da und mampften alles was ging in uns hinein. Es war ein gemütlicher Abend...es kam sogar Stimmung auf...Musik wurde gespielt und getanzt.
Mir war nicht zum tanzen zumute. Die Gäste versuchten mit Gerda ein Gespräch anzufangen...sie waren freundlich und zuvorkommend...aber Gerda war stur. Verstehe nichts sagte sie...und schmollte...die sollen doch deutsch lernen.
Natürlich waren dann auch die französischen Gesprächspartner etwas ungehalten.
Eh...sagte Michel...habt ihr Lust einige Tage bei mir zu arbeiten ? Und ob wir das hatten. Auch er hatte Wäldereien ...wie Jille...die er bearbeiten und bewirtschaften mußte.
Ok...dann gleich morgen früh...um acht...ich hole euch ab.
Geld...schoss es mir durch den Kopf...einkaufen. Ok...ich war schon verdammt geschwächt durch die  dauernde Kotzerei...aber es würde schon gehen...es mußte gehen...so oder so.
Andre sagte während der Gespräche oft "Freund "zu mir...bis mir irgendwann der Kragen platzte. Wieso Freund...sagte ich...du bist kein guter Freund. Seine Augen weiteten sich. Wieso nicht ? Na...rate mal. Wie oft warst du bei uns...seit ich von Jille weg bin ?
Verlegen sah er seine Frau an. Warum eigentlich nicht...fragte ich scheinheilig...da ich ja wußte...warum er nicht kam. Ach viel Arbeit ....sagte er...keine Zeit. Ach sagte ich...ist es nicht viel mehr der Grund...das Jille es dir verboten hat ? Ich setzte noch einen drauf.
Wußte garnicht...daß du dir deine Freizeit von Jille vorschreiben läßt...bist ein schwacher Karakter. Er wurde puterrot im Gesicht...und ich erwartete ein Donnerwetter...aber er schwieg. Schon gut sagte ich...ich verstehe...deine Arbeit. Andre nickte wie in Trance.
Ja sagte seine Frau...Jille ist ein Arschloch. Ich weiß sagte ich und wechselte das Thema.
Gegen vierundzwanzig Uhr...fuhr und Michel zurück nach hause.
Wir gingen sofort in`s Bett...die Nacht war ruhig...ein Käuzchen schrie vor unserem Fenster ...es war schön und friedlich.
Der Morgen kam...nicht mal einen Kaffee. Um kurz vor acht schellte es an der Türe...
Michell war da. Wir hatten unsere Arbeitskleidung angezogen...und ich bemerkte...daß sie mir etwas am Leibe schlotterte. Mußte schon ganz schön abgenommen haben.
Der Wald lag in der Nähe von Secourt...also da...wo Michel wohnte.
Überall lagen umgefallene Baumstämme vom letzten Sturm...Gestrüpp...und Äste. Diese mußten nun kleingeschnitten werden. Das Holz von den Stämmen wollte Michel dann als  Kaminholz verkaufen....Äste und Gestrüpp...sollten auf einen Haufen gestapelt werden ...und dann brennen. Es war ein harter Tag...schmerzende Muskeln...und der Rücken drohte zu zerbrechen. Auch Pierro war nicht mehr so gut auf den Beinen.
Guck mal hier...rief Pierro...und sagte...fang`auf. Er warf mir etwas zu. Ich... rein reflexmäßig...fing es auf. Ich hatte eine Granate...das Projektil von einer 8,8 Flak aus dem zweiten Weltkrieg in Händen. Pierro lachte. Du sammelst doch so etwas. Es war eine deutsche Granate...und vollkommen intakt...also ein Blindgänger...der nicht explodiert war.
Pierro lachte sich krumm und dämlich...ich wurde kreidebleich.
Das Projektil war zwar total verrostet...aber der Aufschlagzünder an der Spitze sah noch verdammt intakt aus. Etwas weiter...so zwanzig Meter etwa...lief ein kleiner Bach durch die Wiese. Vorsichtig...Schritt  vor Schritt...ging ich auf den Bach zu. Als ich ihn erreicht hatte...standen mir Schweißperlen auf der Stirn.
Da wollte ich nun die Granate loswerden...sie einfach im Wasser versenken...und so tat ich auch. Ich war so froh...dieses Geschenk...von Pierro loszuwerden.
Mit einem Glucks...versank sie im Morast des Baches. Schlafe in Frieden sagte ich...und machte mich auf den Weg zurück zu den Kollegen.
Pierro grinste immer noch breitflächig...ich hätte ihm so eine kloppen können.
Hier in den Wäldern findet man sehr viele Sachen aus den beiden letzten Weltkriegen...
hauptsächlich aus dem zweiten. In meiner Jugend durchstöberte ich alle Bunker der Gegend von Alemonte...St.Jure...Vigny...und den anderen Dörfern. Meine Sammlung zuhaus in Deutschland war riesig...Stahlhelme der Wehrmacht...der US Armee... französische...sogar zwei Stück vom ersten Weltkrieg...und mein Highlight war...ein Messingadler des Kaiserreiches...von einer Pickelhaube....einem Lederhelm...mit Messingspitze und dem Adler vorne vor. Heut`zu Tage kostet der Adler alleine im Fachhandel...sage und schreibe...180 Euro...die Pickelhaube 300 bis 500...je nach Zustand...nur soviel dazu.
Es wurde Abend...und wir waren total geschafft. Gut gemacht sagte Michel...ihr habt euer Geld verdient. Als er uns zuhause absetzte...drückte er uns jeden...100 Franc...in die Hand...also umgerechnet...33 DM. Spo wenig...für zehn Stunden Knochenarbeit...aber wir waren dennoch froh und Dankbar...obwohl es schon Ausnutze war. Zusammen hatten wir nun 200 Franc...und konnten einkaufen...die Frauen waren glücklich...so viel Geld?  sagte Gerda ...und ich mußte mir einen Spruch unterdrücken.

                                                                                                      Rüdiger Nazar
                                                                                                  melvin6@gmx.de
                                                                                                      28.April 2011






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