Andreas Rüdig

Meine tote Oma

Daniel ist ein guter Junge. Er ist strebsam, fleißig, gelehrig, folgsam, gut in der Schule - und mit seinen 18 Jahren immer noch unglaublich naiv. Von Frauen hat er überhaupt keine Ahnung. Er kennt nackte Frauen nur von Postern. In natura hat er sie noch nie gesehen, geschweige denn je berührt. (Ich muß es ja wissen. Ich halte ja hier vom Himmel aus meine schützende Hand über ihn). Es macht mich schon ein bißchen traurig. Seine Mutter ist nämlich Schuld an seiner Unschuld. "Schon von meinen Mädchenbeinen an habe ich immer Frauen bevorzugt," berichtet sie zurückblickend. "Ich war die erste Lesbe in unserer Straße. In der Schule wußte jeder Bescheid - vor allem jede! Ich habe sie nämlich alle ausprobiert. Meine Güte, war das herrlich. Und dann kam meine Mutter, also Daniels Großmutter, und forderte: `Ich will ein Enkelkind!´ Also durfte ich fortan nicht mehr mit den Mädchen in der Schule zusammen sein, sondern mußte mich mit den doofen Jungen abgeben, Heirat, Schwangerschaft und Geburt mit inbegriffen. Ich möchte das Daniel ersparen. Er darf von Anfang an schwul sein."

Schade, daß Oma tot ist. Sie war - trotz ihres Alters - eine Klassefrau. Sie wußte immer, was für einen Jungen gut ist.! Bier trinken? Konnte man bei ihr jede Menge. Am Ende gabes noch ein Pfefferminzbonbon wegen des Mundgeruchs. Fußballspielen? Oma hätte am liebsten im Tor gestanden. Nur wenn es um Freundinnen, Mädchen, Sex und erste Liebe ging, war sie etwas komisch. Da konnte sie sich nicht gegen Mama durchsetzen. "Zum Glück habe ich nichts falsch gemacht. Sonst gebe es dich nämlich nicht, Daniel," erzählt sie mir eines Tages kryptisch. Zum Glück lese ich heimlich Mamas Liebesromane. Sonst würde ich immer noch glauben, der Klapperstorch würde die Babies bringen. So weiß ich wenigstens, daß der Dildo der Freudennuckel ist, der die Babies macht.


Klinge - linge - ling.

Was schellt da? Ein Telefon? Ich habe doch gar keins.

Klinge - linge - ling.

Huch - schon wieder? Was ist das  - das Foto meiner Oma vibriert. Es macht auch diese komischen Geräusche. Oma? Bist du das? Du bist doch tot? Oder? Oder doch nicht?

Natürlich bin ich es, Daniel, mein Junge.

Was willst du, Oma?

Ich habe eine Nachricht aus dem Jenseits für dich.

Welche denn?

Du gehst heute Abend in die Besenkammer, schnappst dir einen solchen, schraubst die Bürste ab und legst dann den Stil in den Bett.

Aber warum denn, Oma?

Das wirst du heute Nacht zu sehen, mein Junge. Eigentlich wollte ich dich ja bitten, einen Baum zu fällen. So zart, wie du bist, wäre das aber zu anstrengend und vor allem: zeitaufwendig gewesen. Also müssen wir uns für den Anfang mit einem Besen begnügen.

Daniel ist, wie schon gesagt, ein folgsamer Junge. Wie befolgen legt er einen Besenstil ohne Bürste in sein Bett. Ein Foto seiner Oma stellt er daneben auf. Ob es wohl auch seine Oma ist, die mitten in der Nacht bei ihm im Bett liegt? Daniel ist sich da gar nicht so sicher. Eine Sache steht jedenfalls fest. Als er aus seinen wollüstigen Träumen aufwacht, ist da eine kalte, knochige Hand unser seiner Bettdecke. Sie kriecht ganz zart in seine Hose, liebkost den Hoden, zieht die Vorhaut zurück und rubbelt ganz sanft und zar. "Oma, bist du das," fragt er ängstlich. "Pssst," glaubt er, eine Stimme aus dem Hintergrund zu hören. Und hat ihm da nicht gerade der Besenstiel zugeblinzelt? Oh diese Weiber ... sind sind doch alle gleich .. . lüsternd -- sie haben auch nur das eine im Kopf.


Ich gebe gerne zu, daß mich ein Text aus der Internetenzyklopädie Wikipedia zu dem obigen Text angeregt hat. Ich gebe hier mal einen kurzen Ausschnitt als Zitat wieder.

"Allgemein beruht die Totenbeschwörung auf der Annahme einer Existenz der Verstorbenen oder ihrer Seelen nach deren Tod. Durch bestimmte Rituale wird dann versucht, einen Kontakt zu den Toten herzustellen. Durch diese Kontaktaufnahme entsteht die Nekromantie (oder Totenorakel), eine Art von Zauber, dessen Ziel es ist, entweder psychisch mit den Verstorbenen in Verbindung zu treten, oder diese auch physisch wiederzubeleben, um sie über die Zukunft zu befragen (Mantik).

  • Scyomantie (auch Skiamantie und Psychomantie):
Bei der Scyomantie wird ein Abbild des Verstorbenen herbeibeschworen. Dieser kann Auskunft über Menschen geben, dem Beschwörer schriftliche Aufzeichnungen hinterlassen und kann Lebende schwächen oder erkranken lassen. Von der Existenz und Wirksamkeit solcher Techniken war man grundsätzlich überzeugt. Sie wurden im Wissenssystem des Mittelalters neben den artes liberales und den artes mechanicae als artes magicae (auch artes incertae, artes inhibitae) klassifiziert. Die Grenzen zwischen Naturwissenschaft und Magie waren dabei fließend.
  • Nekyomantie:
Hier wird der gesamte Körper des Verstorbenen wiederbelebt. Dieser "WIedergänger“ (im Voodoo" Zombie" genannt) soll mystische Fähigkeiten besitzen, ist aber sein zweites Leben lang an seinen Meister gebunden. Dieses zweite Leben endet jedoch meist schnell. Der Grund an den Glauben von Wiedergängern sind Scheintote. Es gibt auch eine Erklärung für das Schaben und Kratzen in den Gräbern. Oft wurden Leute während der Zeit der Pest noch lebendig verscharrt. Verzweifelt versuchten sie sich aus ihrem Gefängnis zu befreien, bis sie qualvoll erstickten. Im allgemeinen wird die Nekromantie, insbesondere die Animation von Toten, zur Schwarzen Magie gezählt und gilt somit als moralisch zweifelhaft.," berichtet die Internetenzyklopädie Wikipedia.


 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.04.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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