Richard von Lenzano

Leicht gekniffen

Leicht gekniffen
 
 
 
Wir packen unsere Koffer und versehen die Enden der Reißverschlüsse mit einem stabilen Schloss der Marke Albus. Dann, Transport von der Wohnung zum Flughafen nach Hamburg und – warten auf den Urlaubsflieger.

Es wird eingecheckt und das Gepäck, welches in der Gewichtsnorm liegt, ist auf dem Weg zum Verladen. Nach dem Aufruf gehen wir an Bord der Boeing 707 und nehmen unsere Plätze ein. Meine Frau sitzt links am Gang, während ich rechts vom Gang sitze. Es ist ein recht ordentlicher Flug von Hamburg nach Antalya, in die Türkei. Der Pilot setzt eine perfekte Landung hin. Allerding müssen wir irgendwo auf dem Areal des Flugplatzes aussteigen und mit dem Shuffle zum Terminal fahren. Nach der langwierigen Prozedur des Auscheckens und der Passkontrolle können wir uns endlich frei in der Türkei bewegen.
Mit dem Bus, der knackig voller Urlauber war, werden nun die einzelnen Hotels an der Türkischen Riviera – sprich auch Side – angefahren und ausgeladen. An der Rezeption des 5-Sterne-Hotels werden wir herzlich empfangen und begrüßt. Wir erhalten alle Unterlagen und die Chipkarte, um in das Zimmer zu gelangen. Mit kleinem Gepäck geht es in die Unterkunft, welche zunächst begutachtet und als zufriedenstellend befunden wird.

Kaum 10 Minuten später erscheint der Page mit unserem großen Gepäck. Meine Frau leert einen Koffer und bittet mich, den anderen aufzuschließen.  Ich nehme den Schlüssel und will das Schloss öffnen – was mir aber nicht gelingt. Mehrfach, selbst mit Fein- oder Zartgefühl habe ich nicht die Chance, dass Schloss zu öffnen. 
Es war mir einfach rätselhaft, was hier vor sich geht. Zu Hause hatte ich nach meiner Meinung den Schlüssel probiert und – das Schloss ließ sich öffnen. Scheinbar habe ich da wohl geschlafen oder war nicht aufmerksam genug, da ich hier einfach  - den falschen Schlüssel habe.

Was nun? Was soll ich jetzt machen? Wie bekomme ich das Schloss auf, ohne den Koffer zu beschädigen? Jetzt ist guter Rat teuer!

Ich begebe mich um 23:00 Uhr zur Rezeption und bitte um Hilfe. Man sagt mir zu, dass ein Techniker aufs Zimmer kommen würde. Es dauert eine Weile, bis dieser erscheint. Bei sich, hat er ein minikleines Köfferchen – fast Handtäschchen – indem sich sein Einsatzwerkzeug befindet. Er nimmt einen einfachen Seitenschneider heraus und nickt mir wohlwollend zu, so nach dem Motto: Das haben wir gleich erledigt.
Er setzt das Werkzeug am Bügel des ABUS-Schlosses an, fängt an zu drücken. Sein Kopf läuft leicht rot an, die Wangen sind aufgepustet, aber er drückt einfach weiter. Ich grinse in mich hinein, weil ich bereits die Erfolglosigkeit des Versuches erkenne.  Es ist ein Versuch  - mit untauglichen Mitteln am tauglichen Objekt.

Nun will er sehen, was er bisher bewirkt hat und nimmt das Schloss in Augenschein. Ich schiele über seine Schulter und erkenne: Keine einzige Einkerbung oder Kratzer sind am Bügel zu erkennen. Trotzdem setzt er erfolglos zu einem zweiten Versuch an. Diesmal arbeitet er wieder mit beiden Händen, in der rechten Hand hält er den Seitenschneider und in der linken eine Kombizange. Er versucht nun, mit all seiner Gewalt, den Bügel aus dem Schloss zu hebeln, was ihm natürlich nicht gelingt. Ich erkenne auf seiner gestressten Stirn nun bereits nicht nur Sorgenfalten, sondern auch schon die ersten Schweißperlen.
Eine Konversation war leider nicht möglich, da ich kein türkisch und er kein deutsch oder englisch spricht bzw. versteht. Somit bestand unsere Kommunikation lediglich durch Zeichensprache und Mimik.
Nun scheint er einen Gedankenblitz zu haben, denn er nickt mir zu, hebt den Zeigefinger der rechten Hand und deutete an, dass er etwas holen will.

Nach geschätzten 10 Minuten erscheint er mit einer Säge, der sogenannten Puchsäge, welche man beim Installateur benötigt. Er lächelt mich siegessicher an, ich drehe mich zu meiner Frau um, um nicht laut loszulachen. Nun setzt er das Werkzeug an, und fängt an zu sägen, Ungefähr nach 3 Minuten kann er nicht mehr, denn entweder geht ihm die Puste oder die Kraft aus. Er besieht sein Werk und staunt. Der Bügel ist weiterhin unversehrt und beschädigungsfrei.
Er deutet nun an, dass ich das Schloss mit der Kombizange halten soll, während er weiterhin versucht, mit der Säge in den Stahl des Bügels zu gelangen. Jetzt sind wi8r beide voll in Aktion mir tun bereits die Finger wehr und ihm rinnt der Schweiß in Strömen von der Stirn. Nach diversen Versuchen schüttele ich den Kopf und deute an, dass es so niemals was werden wird. Ich beschreibe mit meinen Händen einen großen Bolzenschneider  mit entsprechender Übersetzung. In seinen Augen blitzt es wissend auf und er schleicht sich wieder.

Nachdem er wieder am Ort ist gehen wir gemeinsam an das Problem.  Meine Frau ist langsam am Verzweifeln, denn wir haben einen langen Tag hinter uns und sie ist entsprechend müde. Leider wird aber vorher einiges aus dem bewussten Koffer benötigt.

Somit gehen wir zum Endspurt über und versuchen zu zweit, dem kleinen Schloss den großen Garaus zu machen. Nur, dabei spielt das Schloss weiterhin nicht mit, der Bügel will und will nicht brechen. Mein Techniker hat die Zange an allen möglichen Stellen des Bügels angesetzt, leider alles ohne Erfolg.

Nun fange ich ernstlich an, mir erstens Sorgen, und zweitens Gedanken zu machen. Ich schaue das Schloss erneut und diesmal sehr genau an. Es besteht aus dem Stahlbügel und einem Messingkörper, in dem der Bügel verankert ist. Jetzt kommt mir zu Gute, dass ich in der Schule nicht immer nur geschlafen oder gepennt habe. Mir fällt ein, dass Stahl wesentlich härter als Messing ist – logisch.

Ich zeige nun dem Fachmann, wo er die Schneide der Zange ansetzen soll. Es war dies im Messingteil des Schlosses und zwar in Höhe der innseitig befindlichen Zuhalterung. Nun drückt er zweimal fester, wobei ein Arm der Zange sich als Hebel auf dem Boden befindet. Ein kurzes Knacken und das Schloss ist auf, allerdings muss ich nun im Zimmer so ca. 10 Messingteile zusammensuchen.

Die gesamte Aktion war sehr erfolgreich, wenn auch übernormal langwierig, aber, wir haben unseren Koffer gerettet und müssen nur wieder ein neues Schloss kaufen. Allerdings werden wir den Schlüssel immer mit einem Band am Schloss belassen – sofern er nicht benötigt wird…..
 
 
 
 

© 05-2011   by  Richard von Lenzano

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.05.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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