Eva-Maria Herrmann

Wo ist schon wieder mein....?

„Wo ist schon wieder mein Nagelzwicker?“ brüllt mein Mann aus dem Bad.
Auf Fragen, die mit „Wo ist schon wieder mein..“ anfangen, reagiere ich immer erst beim zweiten Mal. Meistens erledigt sich die Antwort nämlich schon innerhalb ein paar Sekunden von selbst, weil die Sachen direkt vor der Nase des Suchenden liegen.
„Wer hat schon wieder meinen Nagelzwicker gehabt?“ diesmal schiebt sich schon der Kopf meines Gatten aus der Badezimmertür.
„Der muss doch im Spiegelschrank auf deiner Seite sein.“ Antworte ich gelassen.
„Wenn er da wäre, würde ich wohl nicht fragen,“ kommt prompt die Antwort.
„Nie könnt ihr was zurücklegen, was ihr in den Fingern gehabt habt. Wahrscheinlich liegt er irgendwo bei den Kindern unterm Bett!“ langsam steigert er sich so richtig in seine Wut hinein. „Das ist mein Nagelzwicker und niemand hat irgendetwas in meinem Schrank verloren! Ich werde an alle meine Sachen jetzt Panzerketten hängen und die dann anschrauben!“
„Nimm doch derweil den anderen, Schatz,“ flöte ich, um ihn wieder zu beruhigen.
„Der andere ist Scheiße, deswegen habe ich mir ja extra den größeren gekauft.“
Stimmt zwar nicht, den größeren habe ich ihm geschenkt, nachdem ich mir Ewigkeiten anhören musste, was für ein ‚Scheiß’ der Alte ist, aber ich will ja mal nicht kleinlich sein.
„Zur Not wird er’s wohl jetzt tun.“
„Hier geht’s um Prinzip! Niemand hat meine Sachen ohne zu fragen aus meinem Schrank zu nehmen. Und wenn du es nicht warst, dann waren es die Kinder. Denen werde ich helfen! Bevor mein Nagelzwicker nicht wieder da ist, haben die Beiden Fernsehverbot!“
Spricht’s, reckt sein Kinn und stapft Richtung Kinderzimmer, um die beiden davon in Kenntnis zu setzen.
Währenddessen öffne ich den Spiegelschrank.
Und zehn Sekunden später habe ich seinen Nagelzwicker gefunden.
Er hatte sein Aftershave davor gestellt.
Und während meine Kinder sich nun streiten, wer von ihnen dieses dämliche Teil nun genommen hat und Schuld an dem Desaster ist, stapft mein Mann triumphierend auf mich zu.
Ich halte ihm wortlos sein Allerheiligstes unter die Nase.
„Wo war der?“
„In deinem Spiegelschrank wo er immer ist!“
„Kann gar nicht sein, ich hab’ ja nachgeschaut!“
„Hast du auch hinter dein Aftershave gesehen?“
„Wer hat ihn da dahintergeschmissen?“ grunzt er immer noch angesäuert.
Mit einem Seufzer blicke ich ihn kopfschüttelnd an, dann gehe ich meine Kinder von ihrer Schuld erlösen, bevor sie sich die Köpfe einschlagen.

„Wo hast du schon wieder meine Hausschuhe hingeräumt?“ tönt es da aus dem Bad.

Was wäre eine Ehe, ohne diese kleinen würzenden Erlebnisse? Ziemlich fade oder? Also streuen wir uns Salz in die Wunden und Pfeffer in den A..., damit unsere Ehe feurig bleibt. Und solang man noch darüber lachen kann, ist's halb so schlimm.Eva-Maria Herrmann, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.02.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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