Eugen Merk

Quibers rätselhafte Tagebuch - Freitagnacht

 Dunkel. Alles ist schwarz und kalt. Als völlig ausgelutscht könnte man diesen Zustand beschreiben, 
was ich auch hiermit tue. Ich glaubte schon keinen Funken Leben mehr in mir zu spüren, aber plötzlich wich die Dunkelheit. 
Helle Farben zeichneten sich vor mir ab und verblassten wieder. Unbemerkt verschwammen damit auch die Grenzen, welche die 
Realität mit der Welt der Träume voneinander trennen. Mit einem Klirren zersprang ein Schnapsglas an meinem Dickschädel. 
Gestank von Alkohol und Gelächter arbeitsloser Männer machten mir bewusst wo ich mich befand. Noch konnte ich nicht viel 
erkennen, ein verzerrender Schleier hing über meinen Augen. Das würde auch so bleiben vermutete ich. Denn allem Anschein 
nach hatte ich hammerhart "einen sitzen". Während ich so meinen Blick schweifen lies, erspähte ich etwas an der Wand hinter 
dem Barkeeper. Mit größter Mühe gelang es mir das Wort „Sonntag“ zu entziffern. Ein Kalender also!  Trockenheit breitete  
sich in meiner Kehle aus. Mein peripherer Blick entdeckte auf dem Boden  einen verschütteten Dirty Doppelkorn, gewürzt mit
authentischem Dreck. Ich schmiss mich eben auf den nackten, kalten Fußboden als mit überragendem Gepolter und ohne Vorwarnung 
die Tür eingetreten wurde. Im schwachen Mondschein waren Umrisse einer untersetzten Gestalt zu erkennen. Diese bewegte 
sich in meine Richtung und blieb schließlich direkt vor mir stehen. Langsam wanderte mein Blick von den Sohlen bis zum Scheitel.

>>   Gerald? Bist du das?<<
Ein Gefühl von Erleichterung überkam mich.
>>   Dann lebst du also noch?<< stammelte ich weiter. 
>>Wie? Was laberst du da? Und was machst du auf dem Boden?<< 
>>Ähh, ich hab mein Insulin fallen lassen, und ähh… <<
>>Hör auf mit dem Unsinn. Du bist doch gerade dabei den verschütteten Schnaps vom Boden zu saugen. Das machst du andauernd. <<
Ich sah schon, ich konnte ihm nichts vormachen. Nach einem Hocker tastend richtete ich mich auf. 
>>Was ist los Gerald. Warum die Hektik mit der Tür auftreten und so?<< 
>>Tut mir leid, aber bei dem was ich heute gesehen habe, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. <<
>>Gerald, beruhige dich erst einmal und gönn' dir einen Drink!<< 
Ohne zu zögern folgte er meinem Anliegen und trat die Theke ein um des Barkeepers Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Mit dem Drink 
würde allerdings nichts werden, denn der sich clever vorkommende Barkeeper hatte kurz zuvor die Spelunke angezündet und sich anschließend 
aus dem Staub gemacht. Fälle von Versicherungsbetrug kamen in dieser Gegend öfters vor. Um nicht zu sagen, es war und ist die 
Haupteinnahmequelle dieser skrupellosen Geschöpfe. 
>>Vergiss den Drink Gerald Gay, und erzähl mir was dir heute passiert ist! <<
>>Was absolut Schweinisches, sag' ich dir. Es begann damit, dass ich ganz gediegen durch die City schlenderte, auf der Suche nach 
einem besseren Job und so. Und was mussten meine treuen Augen da sehen? Eine alte, blinde Dame versuchte mit ihrer Gehhilfe die 
Straße zu überqueren. Das just in diesem Moment ein wahnsinniger Mofafahrer sehr langsam angerast kam, konnte sie nicht ahnen.<<
>>Heute Nachmittag, in der City sagst du? Ähh da hab ich noch ähh geschlafen, und außerdem hab ich noch ähh, wie auch immer, 
erzähl weiter Kumpel! <<
>>Die Dame quälte sich also über die Straße. Normalerweise hätte ihr Hund sie ja gewarnt, aber dieser hatte gerade Einkäufe für 
die alte Frau getätigt, wie ich später erfuhr. Skrupellos streift der Mofagangster die Gehhilfe der Alten, worauf diese auf die 
Fahrbahnmitte geschleudert wurde. Bruchteile von Sekunden später kam auch schon ein Kraftfahrzeug angebraust und walzte die 
Gehhilfe platt. Ich schrie dem fahrerflüchtigen Kraftfahrer nach, dass ich ihn bei der Polizei melden würde.<<
>>Und dann, was hast du dann gemacht?<<
>>Was wohl? Ich hab die unverfrorene Sau natürlich angezeigt. Seitdem hab ich das Gefühl permanent beschattet zu werden.<<
>>Hast du den Fahrer erkannt?<<
>>Nein, ich hab mir nur das Nummernschild von dem Wag…<<
>>Nein nein ich meine, hast du den Mofafahrer erkannt?<< 
>>Was soll das, wieso interessiert dich der Mofafahrer? Ist doch egal.<< 
>>Natürlich, entschuldige Gerald. Aber warum glaubst du permanent beschattet zu werden?<<
>>Na weil der Wagen einem Gangster gehört. Und wenn er vor Gericht muss kann das ganz schön ungemütlich für ihn werden.<<
Ich wollte gerade auf Details des Mofafahrers eingehen, doch durch mein plötzlich eintretenden Hustenanfall bekam ich kein Wort 
heraus. 
>>Gerald, wir werden gleich mitgeröstet hust, wenn wir nicht sofort verduften!<<

Wir versuchten uns durch die auflodernden Flammen, hin zum rettenden Ausgang durchzukämpfen. Und keine Sekunde zu früh schmissen 
wir uns durch den Türrahmen in die Freiheit. Just als der Dachstuhl zusammenbrach. Der dichte Rauch stieg mir bis tief in den Kopf 
und wieder wurde alles dunkel und verschwommen. Die Grenzen verdichteten sich schließlich und ich spürte wie eine ungezügelte Kraft 
meine Adern durchströmte.  Endlich konnte ich tief und kräftig durchatmen. Dennoch zog mich der rastlose Schlaf wieder zu sich. 
Die Träume verstummten für den weiteren Verlauf der Nacht..

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.06.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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