Werner Wadepuhl

Ein Tag auf den Lofoten



Aus meinem Reisetagebuch.
Ein Tag auf den Lofoten.


Unter leicht verhangener Morgensonne nähern wir uns von Svartisen kommend durch die ruhige See des Vestfjorden den Fischerinseln der Lofoten . Eine dünne Abschirmung aus Schäfchenwolken lässt den dahinter liegenden blauen Himmel erahnen. Wir erleben im Frühdunst eine ähnlich zauberhafte Landschaft wie bei unserer ersten Begegnung mit Norwegen vor ein paar Tagen auf dem Weg von Kiel nach Bergen und in unserem Reiseführer steht, die Lofoten lägen da, wo Norwegen noch ein bisschen norwegischer sei.
Zu unchristlicher Zeit stehen wir bereits an Deck und folgen mit unseren Augen den abwechslungsreichen Konturen dieser Inselkette nördlich des Polarkreises, die sich dunkelgrün im Vordergrund über immer mehr ins bläuliche übergehend bis dunstig blau am Horizont vom Festland her reich gegliedert nach Südwesten verlaufend darbietet. Schönwetternebel liegen streckenweise wie ein schwebendes weißes Handtuch über den Gewässern zwischen den Inseln und trennen die reichlich gezackten Bergrücken vom tiefblauen Wasser. Man kann sich nicht satt genug daran sehen und Fotografien können es eigentlich nicht ersetzen, nur ein wenig daran erinnern. Ab heute gibt es nun keinen Sonnenuntergang mehr, es ist Ende Mai und wir haben das Land der Mitternachtssonne erreicht.

Um acht Uhr morgens macht die Columbus an der Pier von Gravdal / Leknes fest und wieder stehen drei verschiedene Ausflugsprogramme zur Auswahl. Wir haben uns für eine Ganztagesfahrt in den Süden der Lofoten entschieden.
Irgendwann nach dem Frühstück sitzen wir dann im Bus und ich kann eigentlich hier ausnahmsweise nur den Text aus dem von Hapag Lloyd erhaltenen Reiseführer übernehmen, denn besser könnte ich es auch nicht beschreiben.

Teils kahle, teils grün bewachsene Felsen ragen in gewaltiger Kulisse aus dem Meer auf, in kleine Buchten schmiegen sich Fischerdörfer mit bunten Holzhäuschen, überall hängt Stockfisch zum trocknen, weiße Strände und leuchtendes Grün ergänzen das Bild. In einfachen Bussen, so einfach waren die nun auch wieder nicht, normale Reisebusse halt, in einfachen Bussen fahren sie von Leknes aus durch den neuen Unterseetunnel nach Napp auf der Insel Flakstad. Hier besichtigen Sie die kleine Kirche aus dem 18. Jh., bevor Sie weiter nach Sund fahren.
Diese Kirche, so erzählte man uns, sei ein Geschenk aus Russland und von der Gestaltung her eben eine Russisch Orthodoxe Kirche gewesen, daher der für Norwegen ungewöhnliche Zwiebelturm. Auch ihr Inneres weist einige Besonderheiten auf wie einen separaten Umkleideraum und ein abgegrenztes Refugium, in dem die Kinder betreut wurden.
In Sund wird das Fischereimuseum besucht, denn der alte Schmied dort hat sich durch seine handgeschmiedeten Kormorane einen Namen gemacht und hier sollte ich den Text erneut unterbrechen und einiges hinzufügen.
Wir haben natürlich dem Schmied zugeschaut, wie er wirklich wunderschöne Kormorane und auch Seepferdchen und anderes Seegetier in allen möglichen Größen und Formen schmiedete. Der jetzige Schmied ist ein Nachfolger des legendären Schmieds von Sund, der den Kormoran zum Königskormoran gemacht hat und das sei so gekommen, hatte uns die junge und überaus kompetente Reisebegleiterin, eine schon länger in Norwegen lebende Deutsche, erzählt.
Irgendwann sei der König auf die Inseln gekommen und man hat ihm natürlich einen gebührenden Empfang bereitet und die entsprechenden Honoratioren dazu geladen. Der Schmied, ein wohl recht grobschlächtiger Mann, hatte sich ebenfalls beworben, um einen selbstgeschmiedeten Kormoran zu überreichen. Weil sich aber in Norwegen alle duzen und nur der König mit Sie angesprochen wird und man das dem Schmied nicht zutraute, wurde ihm der Zugang verwehrt.
Als der König dann unter Jubelrufen der paar Leute in Sund freudig begrüßt wurde, schaffte es der Schmied, sich durch die Absperrung zu drängen und mit den Worten „hey Olaf, ich hab ein Geschenk für Dich“ einen seiner handgeschmiedeten Kunstwerke vor dem blass gewordenen Bürgermeister zu überreichen. Der König, der sich darüber wohl riesig gefreut hatte, meinte darauf, das sei ja wohl nun ein richtiger Königskormoran und dabei ist es geblieben.

Anschließend setzen Sie ihre Fahrt in südliche Richtung fort, so heißt es weiter, zu dem kleinen Fischerdörfchen Aa, wo auch die Lofotenstraße endet. Das Dorf Aa ist heute zu einem Museum geworden und Sie werden sich die verschiedenen Häuser näher ansehen.
Das haben wir natürlich hier und später auch in Nusfjord getan und einiges fotografiert, die über den Fenstern der Häuser nistenden Möwen, die Batterie Briefkästen, die im Dorf zusammengefasst an einer überdachten Wand montiert dem Briefträger lange Wege ersparen und die zum Teil interessant bemalt sind, die Stockfischgalerien und die roten, gelben oder weißen Häuser, die laut Erklärungen den Armen, dem Mittelstand und den Begüterten oder deren Steuerklassen zuzuordnen sind.
In einem Restaurant in Aa wird Ihnen auch das landestypische Fischmittagessen serviert. Es war großartig und ein Jammer, dass gut Zweidrittel stehen gelassen wurde. Es war einfach zu viel und man kann ja nun wirklich nicht mehr essen als hinein geht.
Anschließend geht es durch die beeindruckende Natur nach Norden und sie besuchen das idyllische ehemalige Fischerstädtchen Nusfjord mit seinen hübschen roten Holzhäusern, die heute meist als Sommerhäuschen benutzt werden. Nach diesem Besuch kehren Sie zur Columbus zurück.
Es gab aber auch die eine oder andere nette Geschichte zu hören. So ist das Straßennetz wohl durch den zunehmenden Wohlstand Norwegens mehr oder weniger erst in den letzten zwanzig Jahren entstanden, das heißt, man hat die einzelnen Inseln durch meist einspurige und ampelgeregelte Brücken wie auch Unterseetunnel verbunden. Auf einer dieser Inseln lebten wohl Füchse, auf einer anderen Kaninchen. Und da Füchse wohl schlau sind, haben sie irgendwann ihre Stockfischspeisekarte durch Kaninchen von der anderen Insel ergänzt, indem sie bei ihren nächtlichen Streifzügen den Tunnel benutzten. Die immer weniger werdenden Kaninchen sind dann wohl mal irgend jemandem aufgefallen und man sann gemeinsam auf Abhilfe. Jetzt hat der Tunnel eine für Menschen nicht wahrnehmbare Ultraschallsirene und der Kaninchenbestand hat sich wieder erholt.
Sieben Stunden waren wir mit dem Bus auf den Lofoten unterwegs und erreichten die Columbus kurz vor sechzehn Uhr.
Punkt siebzehn Uhr heißt es „Leinen los“ und wir verlassen die Pier von Leknes, um Kurs auf das nächste Etappenziel, den nördlichsten Punkt dieser Reise namens Stokmarknes zu nehmen. Wir werden es wohl morgen früh erreichen. Doch diese Inselgruppe der Lofoten hat sich in ihrer kargen Schönheit mit ihren meist auf Stelzen stehenden roten Fischerhäuschen, den Hopfenfelder ähnlichen Gestellen, an denen der Kabeljau zu Stockfisch wird, den Möven, die an unmöglichsten Stellen nisten und den wenigen Einheimischen, die uns überall freundlich willkommen hießen, wohl dauerhaft in unserer Erinnerung eingeprägt. Wer Ruhe und Erholung in grandioser Natur pur sucht, sollte dort wie einst Kaiser Wilhelm oder Helmut Schmidt seinen Urlaub verbringen. Diese Mitternachtssonne, die jede Nacht zum Tage macht, ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber sie dauert ja nur von Ende Mai bis Mitte Juli.

Morgens um
Sieben vor den Lofoten Vor uns das
Tagesziel -Leknes auf den Lofoten- Die Pier von
Nussfjord Möven wohnen
bescheiden Lachsfarmen Auch die
Fischerhütten gehören zu den Lofoten Weiße Häuser
gehören den Reichen Auf dem Weg
von Leknes zum Trollfjord

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.06.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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