Sylvia Knitel

Ich rufe den Regen - eine Alltagsreflektion

Ich rufe den Regen - eine Alltagsreflektion

Wieder einer dieser Tage an dem man an einer Gabelung steht und nicht weiß, welchen Weg man gehen soll. Es wird vieles In Frage gestellt, Altes ausgegraben, vieles überdacht und man betet, dass Jemand kommt und einen weckt.

Jemand einen anrempelt und sagt : „ Hey, du Schlafmütze, steh endlich auf, es ist schon spät am Morgen!“, doch es kommt niemand und rüttelt einen. Es wird auch niemand kommen, denn man sitzt in der Realität fest.

Ich rufe den Regen.

Man hätte Lust sich zu kneifen - vielleicht hilft es ja, man weiß es nicht, aber ich habe es schon getestet.

Alles fühlt sich nicht echt an und man fragt sich, was für ein mieser Film das ist, der einen gezeigt wird und wer die Geschichte bloß so verpfuscht hat, denn es gibt so viele Ungereimtheiten. Zumindest hat dieser Film tolle 3D Effekte. Man ist ist mittendrin und voll dabei, aber keiner fragt, ob man dies überhaupt will.

Ich rufe den Regen.

Man will schreien und tut es auch, aber man wird wie immer nicht gehört. Habe ich überhaupt Stimmbänder? Und wenn ich nicht gehört werde, bin ich überhaupt real? Wieder einer der Momente in denen man sich kneift oder zumindest darüber nachdenkt es zu tun. Und wenn man gehört wird, warum muss man sich dann immer wieder wiederholen? Ist man vielleicht eine kaputte LP mit realen holographischen Erscheinungsbild, die projiziert wird und die manchmal einfach nur hängt? Ich meine wegen den Gebrauchsspuren, die die Zeit nun einmal hinterlässt. Sie hinterlässt tiefe Ritzen - in einem, auf einen.

Ich rufe den Regen.

Dann, auf ein Mal, ist es mal wieder soweit. Man dreht sich im Kreis und schon ist der Tag vorbei, als ob Jemand von außen den Vorlauf betätigt hätte. Aber nicht, weil der Tag so schön wäre oder komplett ausgefüllt ist, nein, er vergeht ganz plötzlich. Man kann ihn nicht festhalten, man erstarrt in Zeitlupe und alles bewegt sich schneller - mit samt Minutenzeiger, der zu rasen scheint. Man kämpft dagegen an, klammert, taumelt und ist außer Atem, wenn der Tag zu Ende ist. An anderen Tagen vergeht die Zeit schleichend, vor allem wenn es schlechte Tage sind. Vielleicht ist man auch nur eine VHS und der, der sie bedient, hat einen ausgesprochenen schlechten Humor.

Ich rufe den Regen.

Es gibt aber auch Tage an denen man sich ganz irrational vergleicht, so wie in der Werbung. Ich bin eine Nikon oder ich bin ein PC. Na ja, sooo irrational ist es nicht, wenn man näher darüber nachdenkt.Vielleicht ist man auch ein Auto, ein organischer Verbrennungsmotor, der sich immer vorwärts bewegt, immer auf ein Ziel gerichtet. Man hat halt im späteren Leben Kratzer im Lack und hat eine hohe Kilometerzahl auf dem Buckel. Man kann auch nicht mehr mit den neuen Modellen mithalten, die neu auf den Markt kommen.

Auf jeden Fall ist das Leben ein Buch, das man dann und wann raus kramen, rückwärts blättern und die Schönen und spannenden Momente noch einmal Revue passieren lassen kann. Die vorderen Seiten sind leer und füllen sich langsam, aber sicher. Man fragt sich dann, wie dick das Buch wohl werden wird und ob es noch schöne Momentaufnahmen geben wird, die bildlich dargestellt werden.


Und dann, in einigen Momenten, ruft man den Regen, dass er die Tränen verbirgt, einen einhüllt, die Gedanken wegwischt. Das er neues Wachstum bringen möge und Altes wegspült.

Ja, so ein Regen hat schon etwas.

©SylviaK.


 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.07.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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