... rote Schleier zogen sich vor die Augen. Der letzte Hieb hatte sie von den Beinen geholt. Nun lag sie dort.. in diesem fremden Land... auf einem ihr bis vor einigen Wochen unbekannten Kontinent. Liljan... Tochter der Linne aus Troir, der Dorfgemeinschaft an den nordischen Küsten der alten Welt. Der Schleier nahm ihr die Sicht, hinderte sie an der Ausübung ihrer Pflicht: Schutz geben für die Heiler. Doch wer waren diese Menschen, wer waren ihre Gefährten überhaupt. Sie hatte vor ein paar Wochen ein Schiff bestiegen und ist einem Tross gefolgt. Wollte Kunde einholen von einer dunklen Streitmacht um herauszufinden, ob diese auch ihr Dorf, ihre Gemeinschaft, ihre Familie gefährden könnte. Zurückgelassen hatte sie Mutter, ihren Sohn ...und ihren Ehegatten... sowie fast hundert weitere Seelen...
Um sie herum waren die Geräusche mit einem Mal wie gedämpft, der Schlag des schwarz-blau gekleideten Kriegers hatte sie direkt in der Taille erwischt und mit schierer Gewalt auf das vom Regen durchtränkte Gras geschmettert. Ihr Atem ging schwer und sie spürte, dass es dieses Mal den ledernen Harnisch zerrissen hatte. Was suchte sie hier auf dem Schlachtfeld ... inmitten dieser fremden Gesichter? Welchen Schwur hatte sie abgelegt, der ihr verwehren sollte, einfach zurückzukehren und ihren Sohn in die Arme zu schließen, ihren Mann ... kein Schwur, aber ein Versprechen... und eine neugewonnene Hoffnung, die die aufkeimende Angst zurückzwang. Was - in aller Götter Namen - würde die Krieger diese Streitmacht aufhalten, wenn dieser Kontinent gefallen wäre? Was wäre ihr nächstes Ziel? Noch konnte sie ihren Schwertarm bieten um ihnen entgegenzutreten. Schwarzes Eis, Untotes Fleisch und Leere. So nannte man sie. Hier wurde jede Frau ... und jeder Mann gebraucht.
Sie rappelte sich wieder auf, mehr ein letztes Aufbäumen, als wirklich gezielte Aktion. Etwas in ihrer Magengegend sagte ihr, dass die Wucht des Aufpralls nicht nur eine Rippe zertrümmert und nicht nur eine Innerrei angerissen hatte.
Sie hielt das Schwert fest, das Schwert ihres Standes, geschmiedet von eigener Hand und in Ritualen den Göttern geweiht, den Göttern ihrer Heimat... zum Schutz auserkoren. Sie wollte stets über ihre Leute wachen. Und wo war sie nun? Wollte nur ein paar Wochen Sohn und Familie verlassen. Aber sie hatte versprochen zurückzukehren, hatte es ihrem Man und ihrem Sohn versprochen, bevor diese in See gestochen sind... "Schwestern schützt unser Heim... "
"Verlorene Tochter..." Sie sah erneut einen Angreifer und stellte sich zwischen ihn und die junge Heilerin vom Orden. Für einen Tag waren es genug Schlachten... für einen Tag genug Wunden. "Ich werde nicht ..."
Die Waffe traf ihre Hände und zerbarst ihre Knochen... ein Schrei hallte über das Feld .. sie erkannte ihre Stimme... die Klinge fiel zu Boden, doch ihr Geist war wieder klar durch den Schmerz, Tränen der Wut gingen an ihrem Gesicht herab und sie schrie dem Mädchen zu, dass sie ihre Hände heilen solle, damit sie wieder ein Schwert halten könne. Die Ordensnovizin eilte und tat ihr möglichstes. zwischen zusammengepressten Zähnen sties sie hervor: "Ich werde nicht... " ein weiterer Kämpfer wollte Blutzoll. "...hier sterben!" Sie griff nach dem Schwert und hieb es gegen die Beine des rennenden Kriegers. Der Rückprall erinnerte sie daran, dass die Wunden zwar äußerlich geheilt waren, aber noch nicht versiegten. Erneut schossen Tränen in die Augen und sie spannte den Kiefer an. Der nächste Schlag traf nur den Oberarm eines Mannen, der mit einer merkwürdig anmutenden Stabwaffe angriff. Er parierte, doch dieses Mal kam ihr jemand zu Hilfe. Fast hätte sie, blind von durchnässten Haaren im Gesicht, um sich geschlagen, doch sie zügelte sich und erkannte einen Freund. In ihrer Nähe machte sie eine blaue Gestalt aus, nicht der Gegner eine Verbündete. Sie kämpfte gut, obwohl sie sich nicht kannten.
Um sie herum tobte weiter das Gefecht. Es war Wahnsinn, es war der blanke Hohn, dass sie mit 30 Leute gegen diese nicht-menschlichen Gegener antreten sollten. Eine Aufgabe, zu welchem Zweck? Sie konnten nicht bestehen, es war, als kämen sie zurück, als würden schwarze Künste sie von den Gefallenen auferheben und sie weiterkämpfen lassen. Sie konnten nicht bestehen. Sie sah den zweiten ihrer "Anführer" fallen. Sir Elias! Ein Mann, aber durchaus ehrenhaft und respektabel. Er hatte sich ihre Toleranz verdient. Wo war Sir Drakar?
Unachtsamkeit, es rächt sich immer schwer, Liljan... wie auf der Jagd. Was hat dich Mutter gelehrt? Konzentriere dich auf dein Ziel, deine Beute. Sie fiel und um sie herum versank die Welt in blutrotem Nebel... der letzte Schlag zielte auf ihren Nacken und ihre Augen schlossen sich...
"Odin!".. jemand schrie neben ihr. Es war Olaf. Sie hatte den Nordmann hier kennengelernt. Sie befanden sich auf neutralem Grund. Man hatte die Verletzten getragen und sie befand sich nun in einem Feldlazerett. Wenn sie sich nicht arg täuschte, würden sie und Olaf zusammen heimfahren können... auf dem gleichen Schiff die Küste der Heimatlanden erblicken... Ein Heiler war gerade damit beschäftigt ihn von seinen Wunden zu befreien. Und allem Anschein nach, schmerzte dies... sosehr dass Niflheim unter seinen Schreien erschauerte .... und der Allvater ihn unmöglich ignorieren konnte ... doch noch ist es nicht soweit, Olaf, noch haben Wotan und Donar keinen Platz für uns in ihren Hallen. Sie lächelte bei diesem Gedanken... noch nicht! Nicht bevor ich meinen Sohn und Car erneut in die Arme geschlossen habe ... Während sie sich langsam wieder aufsetze und ihre vormals verletzten Handgelenke betrachtete, richtete sich ihr Blick auf den Sonnenuntergang und den blutrot eingefärbten Himmel, welcher über die letzten Stunden aufgeklart war... Für die Glutklingen... für Ignis!...
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.08.2011.
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