Helmut Wurm

Wie es zu den Sokrates-Wandervogel-Gesprächen kam

Vor einiger Zeit saß ich an einem Nachmittag in einem Park am Rande einer kleineren hübschen deutschen Stadt mit mittelalterlichem Stadtkern. Ich hatte gehört, dass dort etwas Besonderes los sein sollte und war deswegen dorthin gefahren. Es war Sommer, die Hecken und Beetblumen blühten in verschiedenen Farben, die Vögel sangen, die Bienen summten um die Blüten, Sonnenstrahlen spiegelten sich im kleinen Park-See… Über den grünen Büschen sah man in bräunlich-grauen Farben die alte Stadtmauer und deren Wachtürme mit den roten Ziegeldächern ragen… Aus der Stadt klang eine eigentümlich schöne und gleichzeitig männliche oder auch wilde Musik mit Gesangsfetzen herüber… Ein Impressionist hätte sofort zum Pinsel gegriffen und diese Farbpalette festgehalten und ein Poet hätte diese romantisch-farbenfrohe Stimmung in Verse zu fassen versucht…

Ich saß nicht alleine auf der Bank, sondern neben mir saß ein merkwürdig gekleideter älterer Herr. Er war in einen altmodisch-fremden Umhang gehüllt, hatte Sandalen an den Füßen, einen leichten, fremdländisch geschnittenen Bart um die Backen und schaute nachdenklich-sinnend vor sich hin. Er schien besonders auf die merkwürdige Musik und die Gesangsfetzen zu hören. Eigentlich machte er einen sympathischen Eindruck, bis auf sein etwas altmodisch-fremdes Äußere. Aber heutzutage sieht man ja auf den Straßen und in den Parks Europas die ganze Welt flanieren und so machte ich mir keine weiteren Gedanken…

Die Bank, auf der wir saßen, stand nicht alleine an einem Weg im Park, sondern sie war Teil einer kleinen Sitzgruppe am Rande dieses bereits erwähnten Teiches und ständig kamen Leute daran vorbei. Einige blieben nur stehen und genossen das oben erwähnte Farbenspiel, andere setzen sich auf die anderen Bänke. Man saß also nicht alleine und konnte manches Gespräch mithören…

Der merkwürdige alte Mann neben mir merkte bald meine interessiert-fragenden Blicke,drehte sich zu mir hin und sagte freundlich.

Der merkwürdige alte Mann: Ich wirke etwas fremdartig auf Sie, aber das bin ich gewohnt. Natürlich könnte ich mich anders anziehen, so wie es derzeit eben die Mode in Deutschland ist, aber Sie wissen ja, dass man alte Gewohnheiten im hohen Alter nicht mehr ablegen kann. So bleibe ich äußerlich so, wie ich vor 2300 Jahren eben aussah.

Ich wurde dadurch noch mehr verwirrt. Vor 2300 Jahren aussah?…  Vermutlich hielt sich dieser merkwürdige Mann für etwas anderes, als er war… Zuerst wollte ich aufstehen und weggehen. Aber vielleicht war er nur harmlos schizophren. Ich nickte deswegen verlegen und murmelte nur „Natürlich, das weiß ich…“.

Der merkwürdige alte Mann: Ich merke, dass Sie noch etwas unsicherer werden oder sogar erschrecken. Ich möchte mich deswegen kurz vorstellen: Sokrates, aus dem alten Athen, Philosoph, Pädagoge, Aufklärer, Menschfreund…

Da war es mir klar, dass dieser eigentlich sympathische Mann geistig-psychisch nicht normal sein konnte… Ein typischer Fall von Schizophrenie… Da hielt sich jemand für den berühmten Sokrates… Am besten brachte ich ihn dadurch in die Realität zurück, dass ich ihn etwas aus dieser altgriechischen Zeit fragte.

Der merkwürdige alte Mann (vor sich hin): Sie gehören ja auch nicht in diese Welt, sie gehören in die Welt der Romantik, in die ‚Welt der blauen Blume… Aber sie sind harmlos, friedlich und liebenswürdig.

Wieder ein anderer Spaziergänger (korrigierend): Das kann man so nicht sagen, das andere Mädchen hat ja andere Beobachtungen gemacht… Aber es sind doch alle wilde Gesellen, die lange Wanderungen bei Sonne, Wind und Wetter machen und nachts gern am Feuer schlafen. Das ist nichts für viele Frauen… Deshalb sind so wenige Frauen bei ihren wilden Fahrten dabei.

Einer der Spaziergänger (<i :="" aber="" alte="" angekommen="" auf="" auto="" b="" bank="" bedauerlich="" besser="" bleiben="" chlich="" class="" MsoNormal""="" das="" dem="" der="" deshalb="" ehrenvolle="" es="" etwas="" fahrten.="" hat="" herr="" i="" ich="" komisch="" ltere="" man="" mich="" mit="" nennen...="" nger="" nun="" p="" r="" rdige="" scheinen="" sein.="" sie="" sind="" sollte="" span="" spricht="" stimmt="" style="" mso-bidi-font-style:"="" und="" viele="" von="" vorhin="" wanderer="" wandern="" wieder="" zu="">weiter redend) Und irgendwie scheinen sie nicht zu wissen, was Alter und was Jugend ist. Alle reden von „jugendbewegt“, auch die älteren Männer reden sich mit „alter Junge“ an und singen Jungenlieder… Wie passt denn das zusammen?

Der merkwürdige alte Mann (<i style='"mso-bidi-font-style:' normal"="">wieder bedauerlich seufzend): Ja, dass ist auch eine Schwäche bei ihnen, dass sich viele für alte Jugendliche und nicht für jugendliche Alte halten… Das kann man ihnen einfach nicht austreiben…

Ich war langsam immer interessierter geworden. Ich fragte deswegen den alten Mann neben mir, woher er denn offensichtlich so viel über die Wandersänger oder Wandervögel wisse.

Der merkwürdige alte Mann: Ich kenne diese Wandervögel schon seit über hundert Jahren und sie besitzen meine ganze Anteilnahme… Es sind wirklich einmalige Typen, so etwas gibt es sonst nur selten auf der Welt… Aber sie sind oft wie Kinder und können nicht immer ihre romantische Welt der blauen Blume und die Wirklichkeit in Übereinklang bringen… Da brauchen sie manchmal meine ernüchternden Gespräche und meinen korrigierenden Rat…  

Er kannte sie angeblich also schon über hundert Jahre?… Wieder so eine Bemerkung, die mich in meiner bedauernden Beurteilung bestärkte… Aber er wusste trotzdem viel über diese so genannten Wandervögel… Und da ich mehr über diese merkwürdigen Gesellen erfahren wollte, fragte ich ihn, ob er mir noch mehr erzählen könnte. Er sagte daraufhin:

Der merkwürdige alte Mann: Wissen Sie, kommen Sie doch einfach mit mir. Ich soll mich nämlich die nächste Zeit etwas um diese Wandervögel kümmern, ich und mein alter Wandervogel-Freund. Der Mephisto scheint auch zusätzlich einiges zu planen. Seien Sie dabei. Da lernen Sie diese einmaligen Wandervögel besser kennen, als wenn ich Ihnen von denen erzähle.

Auf meine Frage, wer ihn denn beauftragt oder gebeten hätte, sich um die Wandervögel etwas zu kümmern, zeigte der merkwürdige alte Mann nur stumm mit dem Daumen nach oben. Und auf meine weitere Frage, was denn die Märchenfigur Mephisto mit diesen Wandervögeln vorhätte, antwortete er nur, dass den ihre Einmaligkeit sehr ärgere.  

Da kam wieder das alte Misstrauen in mir hoch und ich dachte, mich am besten von diesem Mann zurückzuziehen. Aber er schien das zu merken und sagte weiter: 

Der merkwürdige alte Mann: Ich brauche nämlich noch einen Schreib-Gehilfen, der gewissermaßen Protokolle über das führt, was ich mit diesen Wandervögeln spreche, was ich erlebe, was ich mit meinen alten Wandervogel-Freund tue, verhindern kann… Seien Sie gewissermaßen mein Schüler… Ich muss Sie zwar vorher noch etwas genauer informieren, über mich, meinen Auftrag, Mephisto und natürlich besonders über diese merkwürdigen, einmaligen Wandervögel, über ihren Stärken und Schwächen und über die Gefahren, die ihnen drohen... Aber das können wir am besten beginnen, wenn wir jetzt in die Stadt gehen und ihnen zuhören…   

Und damit war ich gewissermaßen auf Zeit der Schüler des Sokrates geworden, der Protokolle über seine Gespräche mit den Wandervögeln und über das Geschehen um diese einmaligen Gesellen führen sollte…. Und so ist dieses Büchlein entstanden. Ich habe darin die Ereignisse zwar nicht einfach streng protokollarisch aneinander gereiht, sondern sie in Themenbereiche gegliedert und mit Erklärungen versehen. Aber dadurch werden das Geschehene und die Hintergründe hoffentlich noch besser verständlich.

(Vorbemerkung des discipulus socratis zu seinen Berichten über die Ereignisse um die Wandervögel und zu dem zusammenfassenden kleinen Büchlein "Die Wandervögel, Sokrates, Mephisto und der alte bündische Führer", siehe www.buendische-blaue-blume.de) 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.08.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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