Rainer Nikisch

EINKAUFSRATGEBER FÜR SINGLE-MÄNNER

Vorneweg oute ich mich mal: Ich kann kochen. Ok, ok, furchtbar uncool, ich weiß. Der gemeine Macho erzielt ja durchaus beachtliche Erfolge mit Sprüchen wie: “Ich lasse sogar Kaffeewasser anbrennen“ oder “Woher soll ich auch wissen, das man die Pizza VOR dem backen aus der Folie nehmen muß?“.
Aber irgendwann, wenn man(n) nicht mehr jeden Tag zu Muttern fahren mag, festgestellt hat, daß Tiefkühlkost auch keine echte Alternative ist und der ewige Imbißbuden-Mampf schon zu den Ohren rauskommt, dann steht der echte Single vor der Alternative: trag ich von jetzt an einen großteil meines Einkommens in diverse Restaurants oder lerne ich einfach selbst zu kochen? Ich hab mich´s für´s Koche entscheiden. Anfangs etwas mühselig, aber nach `ner kurzen Eingewöhnung macht´s sogar Spaß. Jedenfalls das Kochen. Über das renovieren der Küche nach dem Kochen schreib ich dann ein andermal, vielleicht....
Aber durch das Kochen hab ich auch ein wirklich prima Flirtrevier gefunden, daß mir vorher nie in den Sinn gekommen wäre. Nicht Disco, nicht Biergarten, der handelsübliche SUPERMARKT bietet sich geradezu ideal an zur Kontaktaufnahme. Allerdings muß man sich schon etwas “auf die Location einstellen“. Zeit also für den

EINKAUFSRATGEBER FÜR SINGLE-MÄNNER

Die wichtigsten Grundsatzentscheidungen sind erstmal Wann und Wo geh ich einkaufen? Lidl, Aldi und Co. sind nur sehr bedingt zu empfehlen, hier tätigen zu 90% Familien ihren Großeinkauf, also kein ideales Revier. Auch Riesen-Einkaufsparks sind nicht unbedingt zu empfehlen, hier verliert man das Zielobjekt einfach zu leicht aus den Augen und mit unsteten Blick, den Einkaufswagen vor sich hin schiebend nach ihr zu suchen, das lassen wir doch lieber.
Zum richtigen Zeitpunkt: An Samstagen und vor Feiertagen ist der Laden meist sehr voll und die Einkaufenden sind in der Regel leicht genervt, daher ist dieser Tag nur bedingt zu empfehlen. Der optimale Zeitpunkt ist eigentlich der normale Wochentag nach 17 Uhr, wenn die berufstätigen Single-Frauen (die setz ich jetzt einfach mal als “Zielobjekt“ voraus) auf dem Weg von der Arbeit nach Hause schnell noch mal was einkauft.
Nachdem das also geklärt wäre, stürzen wir uns in´s Getümmel. Moooment! Als geübter Einkäufer ist man natürlich gewappnet, und wir wollen doch durch Abgeklärtheit glänzen. Also, kurze Kontrolle: 1 Euro Münze für den Einkaufswagen sowie ausreichend Tragetaschen für den ordnungsgemäßen Abtransport der gekauften Waren am Mann? Zur Zeit besonders Trendy sind statt Tüten übrigens aufklappbare Plastikboxen. Allerdings sind die weder besonders praktisch und sehen zudem noch nach “Familieneinkauf“ aus. Also setzten wir uns einfach über diesen Trend hinweg und verbleiben bei der ordinären Tüte. Wer sich gern einen umweltbewußt-aufgeklärten Note sichern möchte, der besorgt sich ein paar Stofftaschen. Für alle anderen reichen auch die Standard-Plastiktüten.
Hilfreich wäre auch eine ungefähre Vorstellung von den zu erstehenden Waren. Einkaufszettel ist hierbei allerdings absolut TABU. Der entlarvt uns als Anfänger und sieht außerdem nach von Mutti bzw. Frau/Freundin losgeschickt aus und wäre daher eher kontraproduktiv.
Derart vorbereitet geht es nun also los, auf zum Einkaufsparadies unserer Wahl. Hierbei ist übrigens die motorisierte Anfahrt durchaus zu empfehlen. Tüten nach Hause schleppen kann echter Stress sein und selbst das jung-dynamische Mountainbike für 3 Monatsgehälter macht mit mehreren Plastiktüten am Lenker nicht wirklich was her.
Am Parkplatz vor dem Konsumtempel gilt es, an einem merkwürdigen Ritual teilzunehmen. Die Parkplatzsuche. Es wäre zwar durchaus möglich, auf den hinteren, zu 80% freien Teil des Parkplatzes zu fahren, aber als echter Mann nimmt man natürlich am zähen Kampf um die wenigen Plätze direkt vorm Eingang teil. Das kann zwar was dauern, verschafft uns aber schon ein erstes Erfolgserlebnis. Schließlich haben wir grade Durchsetzungsvermögen und Jagdinstinkt bewiesen. Das macht schon was her.
Nun lässig einen Einkaufswagen aus der Box gezogen und verächtlich an jenen vorbei stolziert, die an der Backwaren-Theke um Geldwechsel betteln. Bäckereifachverkäuferinnen können ja sowas von ungnädig sein.
Jetzt kommen wir zum eigentlichen Einkauf. Für absolute Anfänger könnte es hilfreich sein, sich die ersten 2-3 male ganz auf die angebotenen Waren zu konzentrieren. An den meisten Regalen kann man nicht viel falsch machen, clevererweise sind die meist nach “Themengebieten“ geordnet. Es ist also eher unwahrscheinlich, daß die leckeren Plätzchen, die´s neulich im Büro zum Kaffee gab, irgendwo zwischen dem Büchsengemüse versteckt liegen. Spätestens nach zwei oder drei Einkäufen hat man den Dreh raus.
Echte Problemzonen sind dagegen die Obst- und Gemüse-Abteilung sowie Wurst und Fleischwaren. Obst und Gemüse sind ja heutzutage zu 99% Selbstbedienungs-Abteilungen, das erleichtert unseren Auftritt enorm. Der ein oder andere abschätzende Blick auf das Gemüse vor uns (das in den Regalen!), ab und an mal etwas kennerisch in die Hand genommen und von allen Seiten betrachtet, durchaus auch mal was mit abschätzigen Blick wieder zurückgelegt, das ist schon die halbe Miete.
Kniffliger wird´s schon an der Wurst- und Fleischtheke, zumindest wenn es eine mit Bedienung ist. Hier sollten wir schon im Voraus wissen, was wir haben möchten oder uns zumindest gemerkt haben, was wir laut Kochbuch benötigen. Ein unbeholfenes, fingerzeigendes “was is dassn?“ macht unter Umständen unseren ganzen, bisher souveränen Eindruck zunichte.
Wie gesagt, mit Ausnahme dieser beiden Abteilungen ist eigentlich alles andere leicht zu bewältigen, und eine leichte “Unkoordiniertheit“, das heißt ein gelegentliches, suchendes umherirren zwischen den Regalen nimmt uns als Männern niemand übel. Eher im Gegenteil.
Wenn wir aber auf der Suche nach irgendwelchen exotischen Zutaten wie zum Beispiel “Paniermehl“ (das steht so ziemlich in jedem Supermark wo anders) sind, sollten wir uns aber darüber klar sein, das unser verwaister Einkaufswagen durchaus abschätzenden Blicken ausgesetzt ist. All zuviele “Familienpackungen“ sollten wir uns also vermeiden und auch die Kombination “Six-Pack, Miraculi, Dany+Sahne, Toilettenpapier“ ist nicht unbedingt verkaufsfördernd. Das Bier holen wir lieber im Getränkemarkt und das Toilettenpapier gibt´s auch im Aldi. Dafür kommen ein paar Kiwis oder anderes exotisches und gesundes Obst in den Wagen, das macht immer Eindruck.
Übrigens sollten wir den Wagen stets übersichtlich halten. Flaschen und alles schwere und große kommt nach hinten, das Zerbrechliche und Empfindliche nach vorne.
So wie unser Wagen eine Visitenkarte ist, so können wir natürlich auch in den Wagen der uns interessant erscheinenden Damen lesen. Ein Wagen voller Millumil (oder so...) dürfte den ein oder anderen abschrecken und wenn auf jeder zweiten Packung ein “Für 2-3 Portionen“ steht ist ebenfalls Vorsicht angebracht. Um die Variante: “Tofu-Wurst, Auflauf Vegetaria und eine Packung Brenessel-Tee“ sollten zumindest alle Freunde des Jägerschnitzels eher einen Bogen machen.
Nach Abschluß des Einkaufes kommen wir nun noch an einen extrem heiklen Punkt: Die Kasse! Welche der geöffneten wir auch wählen, wir liegen eigentlich fast immer falsch. Das ist fast unvermeidbar und daher kein Grund zur Ärgernis. Sollten wir allerdings im Verlauf des Einkaufs ein geeignetes Flirtziel gefunden haben, so stellen wir uns keinesfalls in der Schlange hinter ihr an. Schon mal jemand gesehen, der seinen Wagen rückwärts schiebt?
An der Kasse angekommen gibt es eigentlich nur eins. RUHE BEWAHREN. Niemand räumt seinen wagen so schnell wieder ein, wie diese Damen die Ware über den Scanner schieben. Also räumen wir ruhig noch etwas weiter ein, während die Kassiererin mit aufgehaltener Hand wartet. Nur so vermeiden wir, das der nächste Kunde “abgerechnet“ wird, während unsere Waren noch das Band blockieren. Falls der SB-Markt zu den ganz fortschrittlichen zählt, bei denen Obst und Gemüse an der Kasse abgewogen werden, legen wir das Zeug ganz nach hinten, das verschafft uns etwas Luft.
Dank der mittgebrachten Einkaufstaschen haben wir jetzt noch die Möglichkeit, alles ordentlich zu verstauen (wir sind halt Profis) und erhobenen Hauptes den Supermarkt zu verlassen.
Und falls es mit dem Flirten nicht geklappt hat (alles kann ich Euch ja nun auch nicht erkläre ) haben wir wenigstens mal wieder den Kühlschrank voll und der notleidende Einzelhandel kann weiter hoffen

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.02.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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