Joana Angelides

Schutzengel, gibts die?


Jeder Mensch hat einen Schutzengel. Das wurde uns schon im zarten Kindesalter gelehrt.

Diese Engel können aber nicht immer gegenwärtig sein, denn wo war er denn, als ich als Dreijähriger von der Rutsche fiel und mir mein Knie aufgeschlagen habe?

Leider war er auch nicht da, als ich mit meinem Rad den Abhang hinunter fuhr, nicht mehr bremsen konnte und mit voller Wucht in den Transportwagen vom Berger Sepp mit all den Hühnern hineinfuhr. Das Gackern der Hühner und das Geschimpfe vom Berger Sepp höre ich heute noch. Abgesehen davon, daß ich mithelfen mußte all diese Hühner wieder einzufangen.

Den Stein bei der Biegung zu unserem Haus hätte der Engel auch ein wenig wegrücken können, als ich mit dem Festtagsbraten in der Bratpfanne von der Großmutter kam und stolperte. Ich konnte leider nicht alle Steinchen vom Braten fernhalten, als ich ihn wieder in die Pfanne legte. Das kostete dem Vater einen Zahn und der Großmutter brachte es eine Rüge ein.

All diese Ereignisse ließen mich schon damals dran zweifeln, daß so ein Schutzengel immer dann da sein kann, wenn er gebraucht wird.

Naja, so viele Engel werden auch nicht zur Verfügung stehen und außerdem, müssen die ja auch einmal frei haben!

Mein Schutzengel ist besonders unaufmerksam, denn ich bin ein Unglücksvogel besonderer Güte. Mir passiert immer irgendwas im Leben, das ja so ein Schutzengel verhüten könnte, wenn er da wäre!

Wo war er denn, als ich gerade mittels meinem Head-Set die neueste Musik hörte und mein Chef den Raum betrat und mich anbrüllte, weil ich das Telefonläuten überhört habe?

Hatte der Engel gerade frei, als meine Frau in meinem Anzug die Rechnung für zwei Gedecke eines sehr teuren Restaurant fand, in das mit ihr zu gehen, ich mich immer weigerte? Ich stotterte zwar von einem geschäftlichen Essen, aber der eheliche Frieden war für eine Woche gestört und kostete mich eine Pelzstola.

Ich meine gar so viel hat er ja nicht zu tun, da ich ja täglich ca. 8 Stunden mindestens schlafe und wer schläft sündigt nicht, fährt nicht Rad und geht auch nicht fremd.

Bleiben also sowieso nur sechzehn Stunde, in denen er mich beschützen sollte. Von diesen sechzehn Stunden sitze ich wiederum fast täglich vier Stunden vor dem Fernsehapparat, also verbleiben zirka zwölf Stunden.

Da auch meine Frau einen Schutzengel haben sollte, könnten wir theoretisch auch keinen Autounfall haben, da ja wenigstens einer von den beiden aufmerksam sein sollte. Wie kam es dann vorige Woche zu meinen Auffahrunfall als wir zur Schwiegermama zum Essen fuhren?
Schließlich hätten doch beide dafür sorgen sollen, daß mir der Wind nicht den elegant um den Hals meiner Frau geworfenen, überdimensionalen Schal um den Kopf wickelte. Wo waren sie denn? Beide Rücksitze waren frei. Wahrscheinlich haben sie getratscht.

Dort wiederum hätte es nicht passieren dürfen, daß mir meine Schwiegermutter die heiße Suppe in den Schoß kippte, denn wo war denn wiederum ihr Schutzengel? Von meinem ganz zu schweigen!!
Es wird noch einige Tage dauern, dieses Ereignis zu vergessen!! Es tut höllisch weh.

Also, es kann mir niemand verdenken, wenn ich daran zweifle, daß es tatsächlich Schutzengel gibt.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.02.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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