Andreas Rüdig

Mama und Sohn

Gibt es ein Leben nach dem Tod?
Das frage ich in meiner Not.
Wenn ja: Wie sieht es aus?
Hat man da sein eigenes Haus?
Frauen, Kinder, Schleckereien?
Liebe, Sex und Neckereien?
Mein Freund, du bist doch Theologe,
und hoffentlich auch Androloge.

Ja, ich kenne beide Wissenschaften
doch die vom Mann kann ich nur schwer verkraften
doch warum fragst du, sag es schnell
damit ich deinen Wissensdurst erhell.

Unerfahren bin ich in der Liebe
Bei Muttern setzte es nur Hiebe,
wenn ich mich traute
und nach einer Schürze schaute.
Mein Leben lang war ich allein
das fand ich gar nicht fein.
Doch will ich oben Frauen schauen,
wer wird mich dann verhauen?

Wir begraben hier Mama und Sohn Müller. Sie haben Zeit ihres Lebens zusammen verbracht. Bildlich gesprochen wurde die Nabelschnur nie gekappt. Und der tragische Unfall vereinte sie nun auch noch im Tode. Erde zu Erde … Asche zu Asche … Mutter zu Sohn ..

Ziemlich eng ist es ja schon in diesem Familiengrab, zuerst Papa, und dann Mama und ich. Es ist ja kaum auszuhalten. Sag mal, Papa, wie hast du es eigentlich geschafft, so lange mit Mama verheiratet zu bleiben?

Ach, weißt du, Sohnemann, anfangs war sie ja gar nicht ein solcher Hausdrachen. Sie war hübsch, mußt du wissen, konnte gut tanzen, gut küssen, und sehr gut kochen. Deine Mama war die ideale Frau für mich. Doch dann bist du geboren worden. Und Mama bekam prompt eine Nachschwangerschaftsniedergeschlagenheit. Sie hatte auf einmal eine Aufgabe, mit der sie nicht vertraut war. Deine Mutter stürzte sich mit einer solchen Begeisterung in diese Aufgabe, daß ich mich vernachlässigt fühlte.

Und? Was hast du da gemacht?

Naja, es gab da noch deine Tante...

Was? Mit der auch?

Warum keift Mama so, Papa?

Ja, weißt du, Sohnemann, es gab da noch andere Frauen in meinem Leben..

Aber Papa! Wie konntest du nur?

Mit großer Freude und Genugtuung. Mama hatte ja einen Ersatz, ich einen Stellvertreter zu Hause. Was meinst du wohl, warum sich Mama so auf dich konzentriert hat?

Dann bist du also Schuld, Papa, daß ich nie eine eigene Frau hatte. DU hast mein Leben verpfuscht.

Nein, das habe ich nicht. Mama ist schuld. Hätte sie mich nicht so vernachlässigt, wäre das alles nicht passiert.

Also Männe! Jetzt ist es aber gut!



Hadamar und Pankratius, die beiden Friedhofswächter, staunten nicht schlecht. In den Grab von Mama und Sohn, die erst vor wenigen Tagen beerdigt worden waren, bewegte sich was. Es öffnete sich ein kleines Loch im Boden. Ihm entstieg ziemlich hektisch und schnell ein Gerippe. Es schaute sich kurz rechts und links um. Als es merkte, daß die Luft rein war, macht es sich, den Schädel schüttelnd, den Unterkiefer bewegend und den rechten Arm schüttelnd, auf den Weg zu dem kleinen Mausoleum in der Nähe. „Schau dir den mal an,“ konnte Pankratius nur lachen. „Der hat wohl die Schnauze voll von seiner Mutter...“

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