Klaus Eulitz

Der fremde Ort der Freude

Der fremde Ort der Freude

 

 

Der Junge, der sich das Haus zum Ziel gesetzt hatte, scheute auch vor dem Regen nicht zurück, der schon lange den Sattel seines Fahrrads durchnässte. Ständig rieb er ihn mit dem Armrücken trocken. Der Boden war nass und schwer.
Pfützen standen herum und spielten miteinander. Es wäre besser, wenn er das Fahrrad schob. Ab und an blieb er stehen, sammelte ein paar Steine auf und warf diese mit Wucht in eine Pfütze. Dann zählte er die Ringe, die sich bildeten und trug diese Zahl in ein kleines Büchlein ein, welches er sofort wieder in seiner Tasche verstaute.
Das Ziel des Jungen, das Haus,stand fernab jeglicher Zivilisation. Erreichen konnte man es, wenn man von der Stadt aus die Bahn nahm, die einen bis ins Dorf brachte. Von diesem Dorf aus fuhr der Bus zweimal am Tag, genau bis zu dem Ort, mit den fünf Häusern. Vom letzten dieser Häuser aus, waren es noch 12 km, die man allerdings entweder zu Fuß, oder eben mit dem Fahrrad bewältigen musste.
Am besten nahm man den kleinen Weg, der als solcher kaum zu erkennen war, aber genau zu dem Haus führte und dort auch endete. Hier gab es nur diesen einen Weg. Befand sich jemand auf diesem Weg, konnte er nur zu den Bewohnern des Hauses wollen, oder aber, er war blind, hatte sich verlaufen und suchte nun sein Augenlicht.
Aus dem Dorf kannte jeder die Bewohner dieses Hauses, allein schon vom Verkauf, ihrer selbst hergestellten Sachen her. Die Krüge, Teller und Tassen, waren im Dorf sehr beliebt. Auch die selbstgenähten Sachen sah man fast überall im Dorf. Zum Einen, hatten die Bewohner des Hauses dadurch sehr viele Freunde und zum Anderen verstanden sie es auch, Feste zu feiern. Selbst der Bürgermeister aß von ihren handgemachten Tellern.
Nach dem Frühstück, welches der Mann des Hauses nicht ohne Liebe für sein "Röschen", wie er sie immer nannte und gemeinsam mit ihr einnahm,zubereitet hatte, bemerkte der Mann beim "aus – dem – Fenster" schauen, einen dunklen Flecken, der sich vom Weg her dem Haus näherte. Jetzt, standen beide Bewohner am Fenster und warteten. Langsam nahm der Fleck Konturen an. Man konnte nun unterscheiden, ob sich dem Haus ein Freund, oder woher auch immer, ein Feind näherte.
Es war der Junge, der sein Fahrrad schob, weil es regnete und der Boden zu schwer befahrbar war. Der Junge warf sein Fahrrad ein paar Mal hin und rannte armfuchtelnd davon. Ob er auch schrie, konnten die Bewohner des Hauses nicht hören. Erst einige Minuten später, schlich er sich wieder langsam an sein Fahrrad heran, nahm es auf und bewegte sich weiter Richtung Haus, in welchem hinter dem nervösen Zucken der Gardine, fragende Blicke ausgetauscht wurden. Soweit schien alles in Ordnung, oder doch nicht? Keiner kannte den Jungen. Was wollte er?
Inzwischen war der Junge mit dem Fahrrad am Haus angelangt, warf sein Fahrrad erneut hin und ging um das Haus herum, gerade so als würde er etwas suchen. Aus dem Inneren des Hauses wurde auch die geringste Bewegung des Jungen wahrgenommen. Keiner getraute sich etwas zu sagen, oder gar raus zu gehen und den Jungen zu fragen.
Endlich schien er gefunden zu haben, wonach er suchte. Diese kleine Hütte, mit dem Herzen in der Tür, welches der Mann allein hinein geschnitzt hatte und dabei an sein Röschen dachte. In eben dieser Hütte verschwand der Junge.
Zufrieden und mit einem glückseligen Lächeln kam er wieder heraus, streckte sich und brüllte die Vögel von den Bäumen. Dann nahm er sein Fahrrad, rieb den Sattel mit dem Armrücken trocken und verschwand wieder.

Es regnete immer noch.


by Klaus Eulitz  

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Klaus Eulitz).
Der Beitrag wurde von Klaus Eulitz auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.11.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Klaus Eulitz als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Atempause von Maike Opaska



Ein weit gereister Journalist schließt innerhalb weniger Stunden Freundschaft mit einem liebenswerten Naturkind. Die Nachricht von seiner lebensbedrohenden Krankheit treibt den engagierten Kriegsberichtserstatter in die Abgeschiedenheit, in die Einsamkeit, wo er allein mit seinem Schicksal fertig werden will.
Doch die Schönheit der Natur, die ungewöhnliche Gesellschaft des Zigeunerjungen lassen ihn Freude empfinden. So werden die Schatten des Todes kürzer und sein Blick wird frei für das Leben und die Wunder der Natur, die täglich neu entdeckt werden wollen.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Absurd" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Klaus Eulitz

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Rüsawo 2 "Rock`n Roll macht glücklich" von Klaus Eulitz (Absurd)
Absurd von Klaus-D. Heid (Absurd)
Teatro Politeama in Lissabon (Rua Portas de Sto.Antao 109) von Norbert Wittke (Reiseberichte)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen