Pierre Sens

Und Gott schuf den Menschen (Satire)

Gott !

- und zwar jener unter den vielen vermuteten Göttern und Göttlichkeiten am himmlischen Firmament, der so göttlich und allmächtig war und damit einzig, wie es eben nur ein Einziger sein konnte, der wirklich allmächtig, göttlich und über alles erhaben war, wie eben jener, der uns einzig bekannte alleinige und barmherzige allmächtige Gott, der, weil er eben einzig war, also wirklich als ein Einzelstück zu betrachten ist, mit nichts anderem beschäftigt war, als vollkommenes zu schaffen, so vollkommenes wie es nur einer schaffen konnte, der wirklich einzig, also einmalig war, in dieser einst so leeren und so unvollkommenen Welt, die aber ebenso vollkommen schien, da auch sie einzig war, wie der weise Gott selbst auch.

Und weil der weise und allmächtige Gott eben so einzig war, wie die Welt, in der er war, war er auch so alleine. Niemand anders, keine andere Göttlichkeit gesellte sich zu ihm hin. Die Welt war kalt und leer und nur mit ihm ausgefüllt. Und da er nicht nur einzig und alleine war, auch dabei bereits unendlich lange alleine war, er lebte ja immer schon, ebenso lange wie die Welt, in der er war, war er doch dadurch schon unendlich alt. Obwohl war er auch zugleich wieder unendlich jung, hatte er doch noch unendlich viel Zeit vor sich liegen in seinem unendlich langen Leben. Aber alleine zu sein war für ihn stets schwer, denn keine Mutter, kein Vater, kein Bruder und auch keine Schwester kamen mal zu Besuch oder für eine nette kleine Unterhaltung zu ihm daher, und deswegen langweilte ihm die Einsamkeit Jahrmillionen von Jahren sehr. In Gedanken (eigentlich bis zu diesem Zeitpunkt seines Lebens seine einzige Beschäftigung) fiel ihm so manche Geschichte ein, und zu einer Geschichte kam ihm auch spontan eine bemerkenswerte Idee; so bemerkenswert, daß seine Gedanken immer wieder mit dieser Idee sich ganz besonders beschäftigten. Ja, diese Gedanken zogen ihn geradezu in ihren Bann, nämlich: "das man an der Welt auch etwas ändern kann!".

So brachte ihm diese Idee dazu, das zu vervollkommnen, was ihm eigentlich bisher schon so vollkommen schien, jedoch in Wirklichkeit vollkommen unvollkommen war, weil es eben leer war und nur mit ihm ausgefüllt. Und er begann, geradezu aus Verzweiflung wegen jener über ihn neu hereinbrechenden Erkenntnis der Unvollkommenheit, den Raum mit dunklen und hellen kugelförmigen Gebilden zu füllen, die oft Tausende Kilometer in ihrem Durchmesser maßen, welche aber, so traurig dies auch für uns klingen mag, in der Unendlichkeit der Welt in der Größe nicht von Bedeutung waren. So trieb es ihm dann eines Tages dazu, also an jener seiner langweiligsten Tage, Sonnen zu formen, damit Licht das dunkle All erhellen konnte und die überall stetig vorherrschende Kälte der Wärme wich. An anderen dieser üblen, sogar hundslangweiligen, Tage schuf er Planeten, oft nur bestehend in ihren Grundelementen aus Helium und Silizium, mitunter aus Wasserstoff, oftmals aus schwerem und leichtem Metall. Und weil es ach so hübsch aussah, kamen anderentags, wo dann die Langeweile ihren höchsten Höhepunkt erreichte, noch einige Monde hinzu, damit diese um die Planeten und Gestirne herumschweifen konnten. Und da das All so unendlich groß war, und die Zeit so unendlich lang und für Gott, da er einzig und alleine war, für ihn so unendlich langweilig, und er so unermeßlich viel Zeit hatte, schuf er also heute jene Sonnen und morgen jene Planeten, und wenn es ihm vor Eintönigkeit dieser Beschäftigung langweilig wurde, daß ihn gar der Frust packte, warf er auch schon mal diesen und mal jenen Mond durch das All und ließ so nebenbei die Asteroiden und die Kometen entstehen, welche mit ihren hell leuchtenden Schweifen bis heute noch durch das dunkle Weltall ziehen.

Manchmal ließ er in seiner Spielleidenschaft gleich mehrere davon aufeinanderprallen oder diese auf Planeten herabstürzen. Hin und wieder beschleunigte er auch große Brocken um Planeten herum, so daß sie um diese Ringe bilden konnten (wie bei dem uns bekannten Planeten Saturn). Ja, bei manchem Planeten können auch heute noch von Zeit zu Zeit kleinere Teile davon als Sternschnuppen niederprasseln. Und da es das einzige Spiel war, was dem allmächtigen und weisen Gott so lange Zeit einfiel, füllte er das ganze Weltall immer mehr mit solchen Gebilden aus.

Die Anhäufungen dieser geradezu majestätischen Gebilde, welche sich Galaxien nennen und je nach ihrer Form in unserem heutigen "wissenschaftlichen" Fachjargon auch Spiral-, Linsen oder Zwerg-Galaxien genannt werden, sind genau jene des Himmelsspektrums, die sich immer zu weiten Teilen aus sonnenähnlichen Sternen und interstellarem Gas und Staub sich zusammensetzen, sowie aus Fixsternen, Cepheiden, Quasaren oder auch aus den pulsierenden Neutronensternen. Mittlerweile befunkeln sie schon zu Myriaden das Weltall, und manche von ihnen liegen so dicht beieinander, als würde ein Brei aus Milch eine Straße bilden. Wie es eben halt auch unsere Milchstraße ist, die wir, wenn wir des Nachts den Himmel mit unseren Augen betrachten, manchmal an unserem eigenen Himmelsfirmament sehen können (sofern schlechte Sicht unseren Blick nicht trübt).

Unendlich lange beschäftigte sich also der weise und gütige Gott damit, so vollkommene Gebilde zu schaffen, wie es eben halt auch unser eigenes Sonnensystem ist. Doch nach weiteren unendlich lang vergangenen Zeiträumen kam er tief ins Grübeln, und er fragte sich, ob diese runden und in sich geschlossenen Gebilde in der Gestalt von Sternen, Sonnen, Monden und Planeten, wirklich so vollkommen sind, wie es auf den ersten Blick aussehen mag, und ob es nicht möglich wäre, noch andere Dinge zu schaffen, die vollkommener sind als diese meist rundförmigen Objekte, die ja auch nur in die für sie bestimmten Bahnen sich bewegen können. Ja, daß sie einmal so vollkommen sind, wie er es selbst auch ist.

Da schuf er dann, um dieses zu experimentieren, einen kleinen Planeten, nicht unweit einer besonders schönen und wunderbaren Sonne (nur etwa 150 Millionen Kilometer von ihr entfernt), die als ein hell leuchtender gelber Zwergstern am Rande einer Spiralgalaxie eine angenehme wohlige Wärme ausstrahlt, und mit deren Hilfe später einmal dieser Planet sein edles Blau in die Weite des Universums strahlen soll, um als ein einmaliger Blickpunkt im ansonsten so dunklen Weltall die Schönheit der Empfindungen Gottes zu betonen.

So ließ Gott sich dann auf diesem der Sonne nahen Planeten nieder, um von diesem Standpunkt aus einmal zu betrachten, was man an einem solchen bislang recht öden Planeten noch verschönern könnte, um ihn zu vervollkommnen.

Da dieser kleine Planet, wir wollen ihn hier Erde nennen, so unbeschreiblich karg war, und nur Felsbrocken und Staub auf ihm lagen, auf dessen Oberfläche ständig kleinere und größere Meteoriten niedergingen, schuf Gott zu diesem Schutze erst einmal eine Atmosphäre, damit dieser Niederschlag doch etwas nachließe.

Hiernach saß er dann auf dem Gipfel eines Berges und betrachtete nun in Ruhe, ohne jetzt ständig von den niedergehenden Meteoriten getroffen zu werden, das Land, welches sich zu seinen Füßen ausbreitete. Es war karg und trocken, und die Sonne brannte sehr, und er dachte, etwas feuchtes, ja Regen, müßte her. Also ließ er es in seiner unendlichen Weisheit regnen, und es regnete tagelang, bis die ganze Erde unter Wasser stand. Doch so naß war es ihm auch nicht bequem, also machte er zur Hälfte davon wieder ungeschehen. Und wie er da so saß, vor ihm ein Fluß, war das Plätschern des Wassers für ihn ein göttlicher Genuß. So vollkommen, so gut, das macht ihm neuen großen Mut.

Dann, nach unendlich langer Zeit, die er da so saß, und er das Auf und Ab der Wellen betrachtete, das so einzig war wie er selbst, wurde ihm auch klar, so klar wie das Wasser selbst war, daß es wohl doch nicht alles war, was noch einzig sein könnte.

Zum Blau des Himmels, welches sich im Wasser spiegelte, fand er, paßte wohl auch noch Grün - und so ließ er überall die Wiesen erblühen. Und begeistert von sich selbst und von der Welt, von der er jetzt träumte, schuf er sogleich danach auch noch die Bäume.

So beschäftigte er sich tagaus/tagein mal mit den Bäumen, mal mit dem Wasser, mal mit den Wiesen, und wenn er ganz im Eifer des Schaffens war, sogar gleichzeitig mit allen Dreien. Doch eines Tages war ihm keine Pflanze mehr gut genug, diese als vollkommen zu betrachten kam ihm auf einmal vor wie ein Betrug. Die Pflanzen, so schön und bunt sie auch waren, mit ihrer Unvollkommenheit hatte er doch schwer am Herzen zu tragen.

Diese zu betrachten war ihm auf Dauer deshalb kein rechter Genuß, da man ja an jeder Pflanze, noch hier und da, etwas ändern muß. So gesellte sich aus solchem Grunde zu dieser Pflanze noch jene, von Hibiscus bis zur Rebe, vom Rosenstock bis zu Gloire de Lorraine, von Hippeastrum vittatum bis zu Basilikum und Bromeliaceae, und selbst die Tulpe oder der Sonnenschuh kamen geändert, verbessert oder neu hinzu, und so fand zum verweilen Gott nun nicht mehr die nötige Ruh`. Lange Zeit trieb es deswegen Gott auf der Erde umher, vollkommenes zu schaffen fiel ihm, man merkt es hier sehr, manchmal doch schon etwas schwer. Aber schwer getan und letztendlich doch gemacht, hat er schließlich vollkommenes noch vollbracht.

Eines Tages, sein Werk betrachtend, so vollkommen und einzig es war wie er selbst, bemerkte er, daß er dennoch immer alleine war. Denn mit den Blumen konnte er nicht reden, auch konnten sich diese nur im Wind ein wenig hin und her bewegen. Dies zu betrachten fand er auf Dauer ziemlich fad, und er fand keine Freude mehr daran, noch mehr dieser Pflanzen, die ja alledem ortsgebunden sind, zu erschaffen, um damit die Erde zu verschönern. Und so kam es eines Tages, daß er plötzlich in einem wahrlich kreativen Anflug von Geistesblitz beschloß, Kreaturen zu erschaffen, die sich in allen Richtungen bewegten und damit seine Gedanken wieder neu anregten.

So erschuf er dann den Fisch und anderes Meeresgetier, schuf irgendwann die Qualle und später den Hai, dann den Sonnenbarsch und dazu noch den Ukelei, auch eines Tages den Karpfen und dazu den Hecht, doch nach vielen weiteren vergangenen Tagen, die ihm so unendlich lang vorkamen, Tiere nur im Wasser zu betrachten fand er auf Dauer einfach doch zu schlecht.

So folgten dann, ganz den Gesetzen der Dimensionen entsprechend, die Tiere in der Luft, wie beispielsweise der gierige Geier oder die kleine Fledermaus, die kreischenden Möwen und die flinken Finken. Aber auch der stolze Adler war mit dabei, selbst fehlte nicht hier der bunte Papagei. Weiterhin kamen dazu der Uhu und der Kakadu. Aber auch der Sperling und der Specht fanden sich in der Luft sehr gut zurecht. Und damit auch ja niemand von ihnen einsam blieb, denn die Tiere und sich hatte Gott sehr lieb, kamen noch viele Vögel mehr hinzu, wie beispielsweise der singende Schwarzhaubenbülbül oder der langschnäblige Sunda-Marabu. Doch, egal welche Arten er hier auch erfand, dies ging ihm immer ganz locker von der Hand, folgten danach, wie konnte es auch anders sein, die Tiere, die sich bewegten auf dem Land.

Die ersten davon jedoch schuf der liebe Gott zu klein, so klein, daß er sie nicht mehr wiederfand. Ein so winziges Tier, wie der Floh oder gar die Zeck`, kaum entstanden -schwups - waren sie weg. Viele davon wurden auch zu groß, wie beispielsweise die Spezies der Dinosaurier, welche waren zu Lebzeiten unheimlich riesige Tiere, eben wie der uns mittlerweile bekannte Tyrannosaurus Rex oder gar der Trachodon, selbst aufrecht gehen konnte dieser schon. Aber da er (er, der weise und meist gütige Gott) diese übergroßen Tiere bald wieder von der Erde verbannte, weil ein jeder von ihnen so unerhörlich auf seine schönen Wiesen trampelte, kamen dafür noch viele andere Tiere neu hinzu, wie der gescheckte Leopard und der schwarze Panther, aber auch das hüpfende Känguruh. Selbst das spuckende Lama und das einhöckrige Dromedar waren mit dabei, der Bär in Rußland oder etwa die Pferde in der Mongolei. Irgendwann kam mal dazu der Affe und die Maus, der Tiger und die Laus, dann auch noch der Igel, der Hase und der Fuchs, und wie sie alle über die Wiesen jagten, war dies zu betrachten für Gott wieder ein göttlicher Genuß. So betrachtete er nach getaner Arbeit besinnend halt die Wiesen, die Tiere und den Wald. Und als abends über dem Meer ganz romantisch die Sonne unterging, jauchzend vor Glück er in einem Baume hing, ließ er sich alsdann später im Grase nieder und schuf nach unendlich langer Zeit vor Freude Pflanzen wieder. Doch diesmal nicht nur zum ansehen, obwohl das auch, sondern vielmehr zu weiterem Gebrauch.

Er schuf die Traube und gärte daraus Wein, mal von den Hängen in der Bretagne, mal von denen an der Mosel und auch schon mal von denen am Rhein. Später erschuf er den Weizen und destillierte daraus Korn, und somit wurde zum erstenmal hochprozentiger Alkohol geboren. Diesen verfeinerte er immer wieder im Geschmack, und es wurden noch verschiedene andere erlesene Spirituosen daraus gemacht. Als dann bei seinen Experimenten aus den besten Trauben gegoren, einmal wie ein echter feiner französischer Weinbrand ganz zart in seinem Geschmack, er einen Cognac hat daraus gemacht, oder mal ganz sanft im Herstellungsprozeß kam bei seinen Experimenten mit Roggen und Mais so etwas wie ein edler amerikanischer Kentucky-Bourbon-Wiskey herausgepreßt, fühlte er sich dazu erkoren noch weitere Getränke zu kreieren und zu erschaffen. Und als er davon probierte, mal von diesem und mal von jenem hochprozentigen Getränk, und er bemerkte, welch` göttliche und damit geistige Getränke er da erschuf, blieb es natürlich beim Probieren nicht nur bei einem Versuch. Er trank weiter und ließ sich ganz sanft im Grase nieder und sang zum erstenmal in seinem unendlich langen Leben - erstaunlicherweise was für welch` schöne Lieder!

Leicht schwindlig, wie ihm schon war - er kannte noch nicht vom Alkohol die Gefahr - wurde ihm nach so viel Fröhlichkeit schwermütig und einsam wieder, und er beschloß: schaffe ich nach den Pflanzen nun Lebewesen wieder. Machte dann so ein "Ding", das auf zwei Beinen aufrecht ging, jedes Bein hatte noch einen Fuß und an den Armen hatte es Hände, und auf dem Rumpf noch einen Kopf, und der Kopf war voller besonders feiner Fäden, die ließ er blond und recht lang, er sich für dieses Wesen also besonders schöne Haare ersann, und auf dem Rumpf ließ er noch Brüste sprießen, und zu gutem Schluß machte er noch unten einen Schlitz - so war für ihn die Sache erst einmal geritzt. Da trank er sich aus Hopfen und aus Malz ein edles Gebräu, wir nennen es heute Bier, und goß sich anschließend weitere seiner hochprozentigen "Lebenserquicker" hinterher.

So beschwingt, wie seine Gedanken nun waren, kam ihm doch beim Betrachten seines Werkes so manches Unbehagen. Da dachte er: "mache ich von diesem Wesen im Gesamten doch Zwei und schau, ob nicht eins davon besser sei". Und so fing er von vorne an und machte nach der Frau nun auch den Mann. Im groben ähnelte das zweite dem ersten Wesen auch, hatte es doch statt Brüste einen dicken Bauch. Und dort, wo man fand bei der Frau einen Schlitz, hatte der Mann einen Pitz. Ansonsten, bis auf die Dellen, fand Gott, war er stellenweise recht platt, doch so betrachtet, glaubte er, habe er es auch recht gut gemacht. Doch es sollte ja etwas vollkommenes sein, und so hauchte er ihnen beiden auch noch Liebe ein. Dann wurde es ihm so seltsam schwer, der Alkohol wirkte nun sehr, da legte er sich in eine Höhle irgendwo hoch oben auf einem Berg und schlief ein, und im Traum schwebten über ihm auf einmal seine neueste Erfindung - die Engelein. Solange er da lag, verging für die Erde weiter Tag auf Tag.

Als er dann seinen Rausch ausschlafend, nach vielen tausend Jahren erwachte, das war für ihn selbst nicht sehr lang (natürlich mit einem fürchterlich dicken Kopf, zumal er auch aus dem Hals noch immer stark nach Fusel roch), und er dann ins Tal blickend sah, was inzwischen auf der Erde geschah, fragte er sich, ob das seiner göttlichen Macht entsprach, oder hatte er einfach hier nur im alkoholisierten Sinnestaumel versagt?

Denn inzwischen hatten sich die beiden Lebewesen erheblich vermehrt, und statt Liebe und Friede war überall Krieg eingekehrt. An jedem Ort kehrte Verwüstung ein, vernichtet wurden selbst die schönsten Ländereien. Zerstört wurden auch Feld und Korn, das entwickelte in Gott einen fürchterlichen (geradezu teuflischen) Zorn.

So etwas unvollkommenes hatte Gott noch nie gesehen, wie machte er das nur ungescheh`n? Lag es doch in seiner Macht, zu vernichten, was er selbst geschaffen hat. Aber vernichten war es nicht gerade des Menschen liebste Tat, hatte da ein Gott nichts besseres parat? Da wandte er sich vom Geschehen erst einmal ab, und dachte lange für sich nach, und es verging für die Erde wieder Tag auf Tag.

Als er da so lange vor sich hinphilosophierte, und er von diesem bösartigen Geschehen betäubt sich nicht mehr von der Stelle rührte, besann er sich schließlich darauf, wie vollkommen die Welt doch war, bevor er diese seltsamen Lebewesen erfand, und er zweifelte abgrundtief an seiner eigenen Vollkommenheit, an seiner Allmacht und selbst sogar an seinem göttlichen Verstand. Doch wissen wollte er, daß dies nicht so war, und er raufte sich selber vor Gram sein schütteres Haar.

Er hörte, wie die Menschen von ihrem Schöpfer sprachen, andere Menschen die Idee eines Schöpfers dagegen nicht vertraten. Zuweilen hörte man von ihnen auch, Menschen sind Tiere auch! Gott dachte, wenn er den Menschen ein überirdisches Zeichen schicke, richten sich alleine auf ihn, ihrem Schöpfer, alle Blicke. Denn erkennen sollen sie, daß sie einen Schöpfer haben, und lieben sollen sie sich, und auch sollen sie sich immer miteinander vertragen.

So tat er zu diesem Versuche einmal das Meer in zwei weite Teile spalten im Glauben, daß die Menschen dieses Zeichen verstehen und sich danach anders zueinander verhalten. Doch nützte dies kaum, stand dieses Zeichen für viele Menschen unverstanden und leer im Raum.

Da machte er auch mal zum besseren Verständnis den Hungrigen aus Steinen Brot, denn in der Wüste war die Not doch wirklich immer sehr groß. Im Glauben, daß jeder Mensch nun dieses Zeichen verstand, hat er seine Fähigkeiten doch hier leicht verkannt, und je mehr er sich nun bemühte, und die Wut in ihm immer stärker glühte, mußte er sich eingesteh`n, hatte er hier doch nur einfach dumm ausgeseh`n.

Da dachte er, schicke er doch jemanden zu ihnen hin, der von ihm, dem "allmächtigen Gott", verkündet und dann zugleich auch eine Gottesreligion unter den Menschen begründet. Und er (der von Gott gesandte Mann) wird wandern durch das gelobte Land und verkünden von ihm, dem "weisen und allmächtigen Gott", und die Menschen werden herauskommen aus ihrem mörderischen Trott. Ja, dann wird alles friedlich werden, und die Menschen werden sich nicht mehr so unmöglich wie bisher gebärden.

Da lief er nun, der arme Mann (wir wollen ihn hier der Einfachheit halber Jesus nennen), durch das heiße Wüstenland (ich glaube wohl, mit heutigen Namen Jordanien genannt), doch Frieden kehrte nicht ein, im Gegenteil, die Menschen schlugen und bespuckten ihn, und wegen seines von ihm verkündeten christlichen Glaubens jagten sie ihn, doch er wollte vor ihnen nicht flieh`n. Ja, zuletzt nagelten sie ihn sogar mit beiden Beinen und Händen fest an einem abgesägten Baum mit einem Beil, bis sein Tot trat herbei. Dann wurden alle seine Anhänger aus jenem gelobten Land verbannt, und später wurde selbst Rom, diese besonders schöne Stadt, wegen der bereits großen Gefolgschaft seines von ihm verkündeten Glaubens an das Christentum, abgebrannt.

Da wurde es Gott zuviel. Ja, es kam ihm in Gedanken, daß er selbst sogar gar nicht mehr leben will. Er setzte sich wieder hoch oben auf einen Berg und schaute abermals hinab ins tiefe Tal, beobachtete dabei die Menschen, dieser Anblick war ihm jetzt eine Qual. Er dachte nach, was ist mächtiger als Gott? Ist es der von ihm erfundene Teufel? Oder der Mensch, mit seinem selbst erschaffenen Schafott? Nein, er ist es, der Herr, er, der alles kann, seine Macht fängt doch schließlich bereits bei der Unendlichkeit an. Unendlich lange ist sein eigener jüngster Tag schon her, einen Planeten zu schaffen fiel ihm in seinem ganzen Leben niemals schwer. Und jetzt schaut er sich sein letztes Werk, die Menschen, noch einmal genauer an und glaubt, mit seiner Allmacht hat er sich wohl diesmal leicht vertan. Und als er da so einsam saß, fragte er sich, was wäre wohl die mächtigste, die größte und für ihn die schwierigste Tat? Und er kam darauf, denn es war nicht schwer, seine eigene Endlichkeit müßte nun einmal her. Unendlich lange habe er schon gelebt und so viel Wert auf Vollkommenheit gelegt, doch Unvollkommenes zu schaffen bereitete ihm immer Schmerzen im Bauch, beende er nun deswegen seine Allmacht, seine Göttlichkeit und sein langes Leben auch, dann werde er auch einer von diesen Menschen werden und dann eines Tages ebenso wie diese, ja vielleicht sogar einmal glücklich, sterben. Ist er nun allmächtig, so wird auch dieses geschehen, und die Welt hat Gott zum letztenmal gesehen. Und so probierte er es auch, und es war ihm geglückt, er wurde ein Menschenkind.

Doch durch das, was er auf der Erde als Menschenkind den anderen Menschen erzählte, nämlich er sei mal Gott gewesen, hielt man ihn ganz klar für verrückt. Und im düsteren Mittelalter, heute glaubt man so was kaum, erschlug man Verrückte, begraben wurde er unter der Erde neben einem Olivenbaum.

Und die Menschen auf der Erde streiten sich nun bis heute weiter, ob es denn einen Gott wohl gäbe, das ist nicht heiter.

Wenn diese die Wahrheit nur wirklich wüßten, dann würden sie auf einmal wachsam sein oder sie würden vor Wut allesamt plötzlich nur noch eine Farbe klar sehen: nämlich Rot, denn sie wissen nun, die Gerechtigkeit und vor allem:

Gott ist tot!

Doch ohne auch nur einen Funken solcher Ahnung feiern die Gläubigen heute noch jedes Jahr zum Geburtstag von Jesus, um ihn zu ehren, ein großes Fest, so als würde sein Schöpfer Gott heute noch leben und sie müßten ihn damit gleichzeitig zur winterlichen Weihnacht segnen, das gibt der Tragödie doch glatt den Rest.

Also dann ihr lieben Menschen, wünsche ich Euch mit dieser neuen Erkenntnis ein wirklich frohes Fest!

© Copyright by Pierre Sens

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Pierre Sens).
Der Beitrag wurde von Pierre Sens auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.01.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Pierre Sens als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Die goldene Bahre der Inkas von Peter Splitt



Eigentlich beabsichtigte Roger Peters, Inhaber einer Reiseagentur für Abenteuerreisen, ein paar ruhige Tage in Lima mit seiner peruanischen Freundin Liliana zu verbringen, bevor er zu abgelegenen Andenregionen zwecks Erkundigung neuer Reiserouten aufbrechen wollte. Das Auftauchen wertvoller antiker Kulturobjekte und das gleichzeitige mysteriöse Verschwinden eines befreundeten Kunsthändlers aus der Antikszene, stürzen Roger Peters jedoch in unvorhergesehene Abenteuer. Er begibt sich mit seinen Freunden auf die Suche nach alten Inkaschätzen und sieht sich schon bald mit einer international operierenden Hehlerbande für antike Kulturgüter konfrontiert

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Weihnachten" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Pierre Sens

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Sollen Menschen Tiere essen? von Pierre Sens (Gesellschaftskritisches)
Der Spielverderber von Klaus-D. Heid (Weihnachten)
Mörderisch makellos von Claudia Savelsberg (Leidenschaft)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen