Henriette Toska

Spargelzeit

Immer wenn es Frühling wird und endlich der lange Winter vorbei ist fängt alles an zu blühen und zu sprießen. Ich freue mich jedes Jahr darüber und bin glücklich wenn die Vögel wieder zu singen beginnen und zartes Grün die Welt umschmeichelt.
Es ist aber auch die Zeit des jungen zarten Gemüse und endlich ist es vorbei mit den dicken, warmen Speisen. Aber so ist es eben, jede Jahreszeit hat ihre Nahrung und ich halte mich dran, da es mir einfach gut tut.

So wächst auch wieder der Spargel und in meiner Kindheit war mir dieses Gemüse völlig unbekannt, war ja nur ein Essen der besseren Gesellschaft und der älteren Männer und erotischen Frauen und ich war einfach dazu noch zu klein um mich mit diesen Genuss auseinander zu setzen.

Ich kann mich aber noch sehr gut daran erinnern wann ich meinen ersten Spargel gegessen habe.
Es war im Jänner 1971 als mein Mann nach Russland zur Montage geflogen ist.
Ich begleitete ihn zum Flughafen und mir war so traurig ums Herz, da ich ihn viele Monate nicht sehen würde.
Es war noch Zeit bis zum Abflug und so gingen wir ins Flughafenrestaurant eine Kleinigkeit essen. Ja, ja, Trauer macht Hunger und so bestellte ich mir eine Schinkenrolle zum Abschied.

Es war wunderbar für mich als junge Frau in einer Gesellschaft zu sitzen, am Flughafen im noblen Restaurant und freute mich über die köstliche Schinkenrolle, die war komischer weise nicht so wie ich sie kannte mit Mayonnaise gefüllt, sondern mit gelben
" Fisolen", dachte ich, bis ich mit einen Hinweis vom Edi darauf aufmerksam gemacht wurde, dem Profi für Montagen und Essen, dass es sich dabei um jungen Spargel handelt.
Ich bekam einen roten Kopf, schämte mich ein bisschen über meine Naivität und aß, nicht mehr so lustvoll meine Schinkenrolle mit Spargel. Geschmeckt hat sie mir trotzdem und dieser Tag ist mir nicht nur, da mein Mann lange wegflog, sondern auch wegen dem Spargel noch lange in Erinnerung geblieben.


Jahre später, wieder zur Spargelzeit und die Zeiten waren nicht gerade rosig.
Wir hatten Haus gebaut, das Geld war meistens knapp, aber auf Essen legte ich immer noch großen Wert.
So kam es, das wir noch Ungarn einkaufen fuhren da dort die Lebensmittel billiger waren als bei uns.
Das war noch vor dem Wegfall der Grenzen und wir mussten noch brav den Kofferraum aufmachen, ob wir  nicht etwas wertvolles geschmuggelt haben.
So kam es, dass wir am Markt auf einmal frischen Spargel sahen und ich ganz glücklich war, das er soooo billig war.
Also kaufte ich einen Bund und freute mich aufs Abendessen.

Zu Hause angekommen verstauten wir unsere Einkäufe und ich schmökerte in meinen Kochbüchern wie ich jetzt den Spargel wohl zubereite.
Mit Schinken und Käse überbacken schmeckt er sicher am Besten und ich machte mich ans Werk.
18 Uhr... Abendessen.
Ich rief Andreas...unseren Sohn zum Essen. Er war damals ca 11 Jahre und setzte ihm und meinen Mann meine Köstlichkeit vor.
Weder mein Mann noch Andreas konnten die Ehrfurcht mit mir teilen die ich diesem Essen zuteilte und als Andreas darin herumstocherte sagte ich:
" Andreas, iß, es ist ganz etwas tolles, das essen meisten nur reiche Leute."

Worauf Andreas mit seiner Logik antwortete: " Du Mama, ich bin froh, dass wir nicht reich sind, denn sonst müsste ich diesen Spargel öfter essen!"

Somit war das Thema Spargel von meinem Küchenplan gestrichen. Erst als Andreas erwachsen war und ich nur mehr für mich und meinen Mann Abendbrot zubereiten musste esse ich hin und wieder noch Spargel wenn die Zeit dafür da ist und muss  ich jedes mal über die Weisheit meines Sohnes nachdenken und lachen.
Trotzdem esse ich gerne Spargel und freue mich, wenn es Frühling wird und er wieder zu kaufen ist.  

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