Klaus Georg

Beste Voraussetzungen

Beste Voraussetzungen
 
 
 
Manchmal, wenn man lange genug in der Stadt unterwegs ist und sich wenigstens ab und zu die Muße nimmt, für kurze Zeit auch einmal die Umgebung zu betrachten statt nur die Fahrbahn, dann kann man schon die eine oder andere sehr merkwürdige Begebenheit beobachten.
 
Die junge Mutter zum Beispiel, die mit ihren beiden kleinen Kindern am Zebrastreifen steht und ihnen ruhig und geduldig erklärt, dass man auf das grüne Männchen warten muss bevor man die Strasse überquert.
Und die natürlich in allergrößte Erklärungsnöte gerät bei der Frage, warum denn der alte Onkel da eben schon beim roten Männchen gehen durfte.
 
Oder die zwei Menschen an der Bushaltestelle die, völlig unabhängig voneinander und nur wenige Meter voneinander entfernt, mit dem Handy am Ohr in kurzen Schritten auf und ab gehen.
Ich stelle mir dann immer vor, die beiden würden tatsächlich miteinander telefonieren ohne zu wissen, wie nahe sie sich in Wirklichkeit sind.
Vielleicht haben sie sich ja gesucht und gleich kommt das große ‚Hallo da bist du ja’ oder so.
Kann doch sein, oder?
 
Die Krönung meiner Fantasie allerdings wäre, die beiden wissen ganz genau wo der Andere ist und telefonieren gerade deshalb mit dem Handy.
Soll es auch geben, glauben sie mir.
 
Einmal, es hatte gerade in Strömen geregnet und überall auf den Straßen und besonders auf den Gehwegen stand noch das
Wasser in teilweise riesigen Lachen,  sah ich ein Pärchen, beide
so Anfang dreißig, sich auf dem Gehweg gegenüber stehen.
Plötzlich nahm er ihre Hände, kniete mitten in eine der größten Wasserlachen vor ihr nieder und begann auf sie einzureden.
  
Das Ganze wirkte schon etwas lächerlich und nach innen hab ich auch schallend gelacht wie ich zugeben muss. Besonders bei der Vorstellung die Lache wäre zwei Meter tief und er würde jeden Augenblick langsam darin versinken.
Ich weiß,ich weiß, über so was lacht man nicht.
Hat meine Lehrerin damals auch schon gesagt.
Und wie damals hab ich mir selbstverständlich sofort eine Ohrfeige verpasst - verbal zumindest - und mich auf unbestimmte Zeit in die böse Ecke geschickt.
Aber was soll ich machen?
Meine Fantasie ist schuld, nicht ich.
Wie auch immer, dem armen Kerl war es ganz sicher bitter ernst bei seinem Vorhaben und bei dem, was er seiner Angebeteten jetzt sagte.
 
Vielleicht hatte er alles lange und minuziös vorgeplant und der Regen war ihm jetzt dazwischen gekommen.
Oder etwas anderes.
 
Und schon setzte meine eben noch gescholtene Fantasie wieder ein und begann, alle Möglichkeiten durchzuspielen von dem, was er ihr jetzt so alles sagen könnte und was er dabei alles denken würde.
 
Und überhaupt, rief sie in meine Richtung, was wäre denn wenn das, was er ihr jetzt sagt gar nicht übereinstimmt mit dem, was er denkt.
 
Vielleicht sind seine Absichten ja gar nicht so blütenweiß wie man eigentlich glauben möchte und sein Reden und Denken gehen in Wirklichkeit in zwei völlig verschiedene Richtungen.
 
Ob sie das erkennen würde?
Du solltest, resümierte meine Fantasie, sofort hinübergehen und den Mistkerl vor ihren Augen entlarven?
 
Hab ich natürlich nicht gemacht, keine Sorge. Denn vorläufig war es ja nur meine Fantasie die diese Möglichkeit in Betracht zog, und in dieser Fantasie könnte sich dann die Unterhaltung der beiden folgendermaßen abgespielt haben:
 
‚Liebste Birgit’  (was mache ich da bloß) es ist jetzt schon einige Jahre her (weiß Gott) dass wir uns auf dem Jahrmarkt kennen gelernt haben (verflucht sei dieser Tag). Mein bester Freund war schwer erkrankt wie du weißt (von wegen krank, putzmunter war der Schweinehund) und hatte mich gebeten, statt seiner zu eurer Verabredung zu gehen. (ich könnte ihn heute noch umbringen dafür).
Als ich dich dann das erste Mal sah (ich hab meinen Augen nicht getraut) war ich hin und weg (wäre ich gerne gewesen) von deiner Anmut und Schönheit und mein erster Gedanke war (bloß weg hier hab ich gedacht): die hältst du fest, das ist die Frau deines Lebens (der Alptraum meines Lebens). Als wir dann nach ein paar Monaten (von mir aus hätten wir noch warten können, aber du wolltest ja unbedingt) endlich miteinander geschlafen haben(ich könnte kotzen wenn ich daran denke) war mir, als würde sich der Himmel auftun und lauthals jubeln. (die Hölle war’s und sie hat gejammert).
In den darauf folgenden Jahren bis heute sind wir gemeinsam durch Höhen und Tiefen (ein einziges Jammertal war es, von Höhen keine Spur) gegangen und haben trotz Allem immer treu (du vielleicht, ich nicht ha ha) zueinander gestanden. Bevor ich dich nun mit Freudentränen (von wegen Freudentränen, mir steht das Wasser bis zum Hals) in den Augen frage ob du meine Frau werden willst muss ich dir noch ein kleines Geständnis machen: Ich heiße zwar Aldi, bin aber weder verwandt noch verschwägert mit diesen Supermarkt Fritzen (dann wäre ich ja wohl auch nicht hier, du blöde Kuh)  und das viele Geld von dem ich möglicherweise mal gesprochen habe ist zwar auf meinem Kontoauszug zu sehen, steht aber leider auf der falschen Kontoseite. Aber das soll uns und unsere gemeinsame Zukunft (in der Hölle wirst du braten) nicht weiter belasten und so….
       
‚Lieber Manfred (steh endlich auf du Idiot) entschuldige wenn ich dich unterbreche. Aber auch ich erinnere mich (mit Grauen) noch gerne an die gemeinsamen Jahre zurück und natürlich auch an den Tag (verflucht soll er sein), an dem wir uns kennen lernten. Dass dein Freund (dieses Scheusal) damals krank war (das kann der Mistkerl seiner alten Oma erzählen) empfand ich schon immer als eine Fügung des Schicksals (was hab ich nur getan so abgestraft zu werden). Unsere erste gemeinsame Nacht (von wegen Nacht, fünf Minuten Rammelei und das war’s) wird auch mir ewig in Erinnerung bleiben. Und auch die vergangenen Jahre, in denen wir in Liebe und Treue (träum weiter) zueinander gestanden haben, werde ich nie vergessen. Dass du jetzt mit Freudentränen (wenn ich mit dir fertig bin kommen dir noch ganz andere Tränen) vor mir kniest erfüllt mich mit großer Freude (gleich muss ich kotzen), aber bevor du weiter redest muss auch ich dir ein kleines Geständnis machen. Ich heiße zwar Daimler und mein Vater fährt auch einen, aber die Firma gehört mir nicht.(dann würde ich ja wohl nicht hier stehen, du Vollidiot) Und die Aktien, von denen ich möglicherweise einmal gesprochen habe, sind nicht von Mercedes Benz sondern von einer südamerikanischen Kupfermine die vergangenes Jahr pleite gegangen ist. Aber, wie du eben schon richtig gesagt hast, das soll uns und unsere gemeinsame Zukunft (in der Hölle wirst du braten) nicht weiter belasten. Ich nehme also deinen Antrag an.’
 
An dieser Stelle hab ich den Motor wieder gezündet und bin weiter gefahren. Natürlich nicht ohne den beiden noch schmunzelnd alles Gute zu wünschen.
Aber, Hand aufs Herz, bei solchen Voraussetzungen kann ja eigentlich gar nichts schief gehen.
Oder?
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.02.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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