Paul Rudolf Uhl

Menschen - Götter und Gelehrte

 

                                                                   Gedanken zur Schöpfung

  1. Der Mensch braucht Führer.
 
Zweifellos gibt es kein komplizierteres und vollkommeneres Lebewesen auf dieser Erde als den Menschen. Die „Krone der Schöpfung“ war aber anfangs eines der schwächsten Wesen der Erde: nackt, hilflos wilden Tieren und der Unbill einer Ur-Natur ausgesetzt – kein Wunder, dass es Zuflucht bei Naturgöttern suchte und abergläubisch war...
 
Der Mensch hat dann aber in seiner Entwicklung mehr erreicht, als alle anderen Lebewesen: der Mensch von heute kann schwimmen und tauchen wie ein Fisch, schneller fahren als das schnellste Tier, höher fliegen als der geschickteste Vogel, sogar weiter und schärfer sehen als der Adler, und zig-mal weiter und besser hören als jede andere Kreatur! Und die Technik ermöglicht ihm nicht nur dies, sondern auch die totale Kommunikation, die absolute Überwachung, die Vernichtung nicht nur seiner Feinde sondern auch der gesamten Erde und „seines“ Sonnensystems... So ein Mensch hätte in der Antike als Übermensch, als Gott gegolten!
 
Gleichwohl braucht er unverständlicherweise noch immer eine Religion, die ihm einredet, es gäbe ein höheres Wesen, von dem er abhängig ist, das ihm Regeln gibt und das über ihn richten wird.
Der Mensch hat schon immer Komplexe gehabt, wie ein Blick in die Geschichte zeigt: Naturvölker beten ja noch heute die Sonne als Lebensspenderin an, die Kulturvölker der Antike glaubten, dass es Halbgötter und Götter gibt, östliche Religionen kennen als Ziel des Lebens die Vermeidung der angeblich ständigen Wiedergeburt und statt dessen das Eingehen ins Nirwana und hoffen auf die Hilfe von Göttern. Die großen Glaubensgemeinschaften kennen einen einzigen oder einen dreieinigen Gott und dazwischen finden sich Hunderte von Sekten mit eigener, abweichender Meinung...                     Wieso das alles ?
 
Ursache könnte sein, dass es in der Wesensart nicht nur der Tiere, sondern auch der Menschen liegt, sich führen zu lassen, die Verantwortung an ein Leittier, einen „Alpha“, einen Herrscher oder an eine Elitegruppe abzugeben, weil es unterschiedliche Bildungs - und Wissensstände gibt und der besser informierte, höher gebildete Führer logischerweise bessere Entscheidungen treffen kann... und vielleicht auch, weil es bequemer ist, sich führen zu lassen und nur zu schimpfen, wenn der Führer einen Fehler gemacht hat.
 
Diese Eigenschaft des Menschen – ich mag sie das Bedürfnis nach einer Autorität nenne - hat nicht nur den Häuptling, den Fürsten, den König, den Herrscher, Kaiser und Könige und in jüngerer Zeit den Politiker hervorgebracht. In der Moderne wurden Hierarchien von Gebietskörperschaften vermeintlich erforderlich, die Gemeinde untersteht – trotz Selbständigkeit in vielen Dingen - dem Landrat und  dieser dem Vorsteher der Landesregierung, diese wiederum einer Bundesregierung...
 
Die Führungsbedürftigkeit hat aber auch – parallel dazu - den Kaziken, den Druiden, den Schamanen gezeugt, der nicht nur Priester, sondern auch Arzt bzw. Naturheilpraktiker war und deshalb so hohes Ansehen genoß...          Jüngere Religionen haben das System noch verfeinert und auch auf dieser „zweiten Achse“ eine religiöse Hierarchie mit Bistümern, Erzbistümern und dem Papst geschaffen. Auch im Islam gibt es religiöse Hierarchien und hier wie dort wird nicht nur Seelsorge betrieben, sondern auch und vor allem Macht ausgeübt.
Ein ähnliches hierarchisches System ist zur Führung von Streitkräften erforderlich und sogar das Arbeitsleben kommt ohne Hierarchie nicht aus, Beispiel: die gestuften Personalvertretungen der öffentlichen Hand...
 
Die Lebensweise der Menschen kann auch gar nicht mehr anders aussehen, so ist das heute nun mal. Die staatlichen Systeme werden in solcher oder ähnlicher Form auch benötigt und so ist es unvermeidbar und hinzunehmen, wenn Menschen, welche die Schalthebel der Macht in Händel halten, auch versucht sind, die Macht, die Beziehungen und das ihnen übertragene Vertrauen zur eigenen Bereicherung zu mißbrauchen...
 
Ob auch die andere Achse der Menschenführung – die religiöse – wirklich erforderlich ist, mag ich hier zur Diskussion stellen: müssen die in Jahrtausenden entstandenen Werte der Moral und Sitte wirklich unbedingt von einem zweiten Kontrollsystem überwacht und geleitet werden, oder kann Seelsorge – die offensichtlich nötig ist – nicht auch von staatlichen Organen, Psychologen und Sozialbetreuern durchgeführt werden? Diese zweite Führungsachse existiert nur dann berechtigt wenn es eine überirdische Macht, Gott oder Götter, wirklich gibt ...
 
Ist das Bedürfnis des Menschen, im Leben einen Sinn zu sehen, nur durch den Hinweis zu stillen auf eine unsichtbare, fiktive, nicht beweisbare Überwelt, - auf die Existenz einer außer- oder überirdischen Macht, auf einen liebenden, aber auch strafenden Gott, auf göttliches Wohlwollen, das alle hier auf Erden erlittene Unbill im Jenseits ausgleicht ?
 
Kommt es den Mächtigen nicht sehr gelegen, dass der, welcher die staatliche Macht nicht fürchtet, wenigstens religiös „an die Kandare“ genommen wird, weil sein Ungehorsam dafür „im Jenseits bestraft“ werden kann? Ist das die Ursache für die wohlwollende Zusammenarbeit von Staat und Kirche? Wie praktisch war es – bei aller Unbill – für den englischen König, der sich  wegen einer Scheidungsaffäre von Rom trennen mußte und einfach seine eigene anglikanische Staatskirche erfand!
Er hatte damit sogar beide Institutionen in seiner Hand vereinigt...
Auch in Deutschland gab es vor nicht allzu langer Zeit die Fürstbischöfe, die gleichzeitig kirchliche und weltliche Herrscher waren... Diese Tatsachen sollen hier nur beispielhaft angedeutet sein...
 
Sicher haben sich vor mir bereits viele Menschen – bestimmt auch solche mit intensiverer, umfassenderer Bildung als ich - darüber Gedanken gemacht und sie wurden „Atheisten“ genannt, wie es mir auch schon passierte... Das Wort gilt im Sprachgebrauch unterschwellig als negativ, verwerflich, böse und destruktiv. Der Begriff „Ketzer“ drängt sich ins Hirn und solche wurden von der Inquisition hingerichtet, verbrannt, exkommuniziert, ge-und verbannt und was man sich früher an GrausamkeitenFortsetzung folgt ! alles hat einfallen lassen. Wie gut, dass mir in unserem Jahrhundert nicht mehr so ein Schicksal droht!
Früher? Nein - auch in unseren Tagen gibt es noch den Kirchenbann – zumindest etwas ähnliches, man denke dabei nur an den Mann, der die „satanischen Verse“ verfasste und dem nun die Ermordung durch islamische Fanatiker oder Fundamentalisten droht...
 
Da sind die alten, östlichen Religionen doch wesentlich duldsamer, dort lächelt man nur über Zweifler... Aber ganz sicher bin ich mir auch da nicht, ob es nicht zu Sanktionen oder Repressalien irgendwelcher Art kommt und ob nicht auch z.B. in Indien Menschen aus religiösen Motiven heraus getötet werden? Dass Ehefrauen in diesem Land aus Geldgier in Verbindung mit erbrechtlichen Gründen umgebracht werden, ist Tatsache. Dass Mädchen bei der Geburt schon ermordet werden, weil es Unglück oder eine Schande ist, keinen Knaben zu gebären, daran hat nicht zuletzt auch die Weltanschauung schuld und das „Kastenunwesen“ ist letztendlich auch religiös bedingt...
 
Die alten Inka- Religionen – und nicht nur diese - kannten Menschenopfer. So bedeutsame und schwerwiegende Untaten könnte man mit kultischen, weltanschaulichen und religiösen Gründen ausschließlich und einzig rechtfertigen, wenn sie wirklich eine Grundlage hätten, also wenn es wirklich einen Gott gibt, der solche „Opfer“ fordert...
 
Fortsetzung folgt

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.03.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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