Rosemarie Palm-Krein

Zwei sind einer zuviel

 

Zwei sind einer zu viel“ flüstert die Stimme in meine Gedanken.Verbissen poliere ich weiter den Ausguss der Spüle.

Ich hasse diese Stimme die sich immer öfter ungefragt in meine Gedanken drängt.

Zwei sind einer zu viel wiederholt sie jetzt etwas lauter und in einem Tonfall als würde sie mit einer Behinderten sprechen.

Was willst Du schon wieder von mir?“ frage ich gereizt, während ich mit der Polierarbeit an der Spüle von vorne beginne.Reiniger auftrage,

sorgfältig verteile und mit einem weichen Tuch poliere.Mein Spiegelbild in der Spüle stützt das Kinn in beide Hände und grinst mich an.

Du ziehst immer noch keine Konsequenzen. Ich wollte das nur nochmal erwähnen. Also leidensfähig bist Du . Man kann wirklich sagen dass Du einstecken kannst“.

Sorgfältig wische ich das Ablaufbrett ab und vermeide es das Gesicht anzusehen.

Schweige.

Ach komm“ lockt die Stimme amüsiert, „ mach jetzt keinen auf beleidigte Leberwurst.

"Obwohl“ Kleine Kunstpause bevor sie weiter redet . Beleidigen lässt Du Dich ja beinahe täglich und zwar seit Jahren.

Ist schon Gewohnheit. Oder ?“

Ich presse die Lippen aufeinander und mein Atem beschleunigt sich. Mit der Atmung habe ich seit Jahren Probleme.

Mein Arzt hat eine Lungenkrankheit diagnostiziert.

Mal sehen was heute Abend wieder los ist“ plappert diese Stimme munter weiter, „irgendwas wird er schon finden und wenn nicht konstruiert er eben etwas.“

Die Bratwurst ist zu braun, die Kartoffeln sind zu dick geschält, die Nudeln zu weich, der Reis klumpig.

Zum Schluss kann er Deine Fresse nicht mehr sehen und das Leben mit Dir ist die Hölle“

Jetzt lacht mein Spiegelbild los. Die Heiterkeit ist nicht mehr zu unterdrücken.

Sie hält sich die Hand vor den Mund aber das Gelächter perlt durch ihre Finger und ist nicht aufzuhalten.

Weißt Du noch“ gluckst sie schließlich, als er dir zeigen musste wie man Bratwurst brät?

Die Stimme wird zum Quietschen.

Bratwurst muss ziehen hat er gesagt und von 18.00 Uhr bis 20.30 Uhr vier Würste in der Pfanne getrocknet.“

Jetzt vergräbt sie den Kopf in den Händen, ihre Schultern zucken und ich weiß nicht so genau ob sie noch lacht oder schon weint.

Wütend reibe ich weiter.

Und Du blöde Kuh hast dir das schweigend bieten lassen und das Zeug sogar gegessen.

Ich könnte noch viele derartige Anekdoten erzählen. Lächerliche Auseinandersetzungen die nur den einen Zweck hatten Dich zu verletzen.

Er trampelt so gern auf Dir herum. Aber das weißt du ja selbst.“

Das Gesicht taucht zwischen den Fingern wieder auf.

Sie hat Tränen gelacht.

Zwei sind einer zu viel mein Liebe“ japst sie und sieht mich erwartungsvoll an.

Es muss heißen drei sind einer zu viel, korrigiere ich genervt.

Auch gut“, kontert sie gut gelaunt, mit der Existenz eurer Tochter hat er sich ja auch nie richtig arrangieren können.

Eifersüchtig war er von Anfang an auf das Kind. Oder etwa nicht? Wenn man es so sieht stimmt das mit den Dreien“

Ich habe Dich nicht um Deine Meinung gebeten“ presse ich mühsam zwischen den Zähnen hervor und wische verbissen da wo es nichts mehr zu wischen gibt.

was mischst Du dich überhaupt in mein Leben ein?“

Du vergisst, dass ich dein Elend mittragen muss. Ich sehe Dir jeden Tag beim im Kreis denken zu. Das ist Frust pur.

Dabei hab ich bei Dir schon das kleinste Zimmer bezogen.

Mit meinen Büchern, Pflanzen, dem Malzeug und der Phantasie ist es reichlich voll hier.

Die Pläne und Ideen quellen schon aus den Fenstern!

Ich musste sie festbinden wie Luftballons. Den Mund lasse ich mir nicht auch noch verbieten, und das Denken schon gar nicht“

 

OK „ gebe ich zu, „ er hat ein paar Macken und er trinkt zu viel aber das...“

Macken nennst Du das?“ es klingt beinahe fassungslos. „ein Mensch dessen Verhaltensrepertoire nur noch aus Schweigen und Gebrüll besteht.

Der absolut nichts anderes mehr tut als zur Arbeit gehen und zu Hause zu saufen, um dann Frau und Kind zu tyrannisieren
.
Der keine sozialen Kontakte pflegt sondern alle anderen Zeitgenossen als Dumpfbacken bezeichnet, Das nennst Du Macken?

Wann gibst Du endlich zu das Du mit einem Arschloch verheiratet bist. Einem alkoholabhängigen Chauvi!“

Ihre Empörung ist mir unangenehm aber ich kann nicht sagen warum.

Du lügst Dir die Taschen voll und verlangst von mir ich soll den Mund halten“

Kümmre Dich gefälligst um Deinen Kram und lass mich in Ruhe“ ich bemühe mich um einen selbstsicheren , ruhigen Tonfall

Aber sie hört mir gar nicht zu..

 Du hast Dich in dieser Beziehung über all die Jahre bis zur Unkenntlichkeit verbogen.

Jetzt versuchst du auch die Realität zu verbiegen. Aber das geht nicht. Er ist ein Alkoholiker mit allem was dazu gehört.

Von Dir übriggeblieben ist ein schreckhaftes ängstliches Etwas das vor den Launen des alten unzufriedenen Kerls zittert.

Aber zugeben würdest du das nie. Darüber bist Du krank geworden. Frauen werden bei solchen Lebensumständen ja gerne krank.

Das kennen wir ja. Hast Du tatsächlich gedacht das er sein Verhalten ändern würde nur weil Du krank bist?

Er lässt nach wie vor keine Gelegenheit aus um verbal auf dich einzudreschen. Er hat Dich jetzt da wo er dich immer haben wollte: in der Küche

 

Außerdem glaubt er felsenfest, dass Du deine Asthmaanfälle simulierst um ihn zu nerven. Das hat dich beim letzten Mal fast das Leben gekostet.

Was muss denn noch passieren?

Aber du hältst still und spielst die selbstbestimmte Frau die ihr Leben im Griff hat. Warum gehst Du nicht?“

Mein Spiegelbild betrachtet interessiert ihre Fingernägel. Sie sind sehr sorgfältig blau lackiert.

"Du redest Müll!" schreie ich sie an.

"Ach ja? Ich rede Müll und was tust Du? Du lebst darin, im Beziehungsmüll den Du auch noch liebevoll täglich abstaubst. Du Emotionsmessie!

Das Spültuch fliegt klatschend in die Spüle. Mein Atmung rasselt und wird immer kürzer.

Ich weiß nicht was ich sagen soll.

Also Du meine Liebe plapperst Abfall. Du fühlst auch so. Bei Dir ist alles schon mal da gewesen, abgenutzt, verbraucht, ausgelaugt. Reif für die Tonne."

"Ich werde mich von Dir nicht in die Tonne treten lassen"

"Geht auch nicht. Du sitzt ja schon drin“

 

"Wer behauptet das?" Meine Stimme klingt schrill.

Das Spiegelbild in der Spüle sieht mich völlig ruhig am.

 

"ICH"

 

 

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