Flo Born

Die Aufzeichnungen eines Weltenreisenden 3

Wie Sie sehen, oder lesen, können, bekommen Sie langsam aber sicher Antworten. Nicht alle natürlich, doch mir ging es genauso und mir fällt kein Grund ein, warum Sie sich eine Extra-Behandlung verdient hätten. Außerdem will ich Sie ja auch nicht mit einem zu großen Maß an Antworten überfordern und dadurch Ihre Lesestärke schwächen. Genießen Sie am besten einfach die folgenden Zeilen und vergessen Sie zumindest für ein paar Minuten Ihren Antwortsdurst. Die kommen schließlich von ganz alleine.

Klischees und Vorurteile

In den vielen, vielen Fantasy-Romanen, die ich bis zu diesem Zeitpunkt verschlungen hatte, hatte ich mir zu den klassischen Fantasy-Geschöpfen eine gewisse Meinung gebildet. Wenn man wollte, könnte man diese Meinung als klischeehaftes Denken abstempeln. Natürlich nur wenn man wollte. Ich will nicht und tue es auch nicht. Vor allem drei Rassen haben in meinem inneren Auge ein besonderes Bild hinterlassen: Die Elben, die Zwerge und die Orks. Ob das nun daran liegt, dass sie von jedem gleich beschrieben werden, sei in den Raum gestellt, doch für mich waren Elben immer der Inbegriff der Schönheit, Zwerge schwarzhumorige miesgelaunte Kämpfer und Orks stinkende, wilde, ungehobelte Kraftpakete. Mein Aufeinandertreffen mit Saliria und Bandrihar hat meine Meinung gegenüber den ersten beiden nicht verändert und so sollte man doch davon ausgehen, dass mein Treffen auf echte Orks die gleiche Wirkung haben würde.
Auch mein erster Eindruck von Orks, der nach wenigen Sekunden mit einem Gewehrkolben in meinem Riechorgan geendet hatte, brachte mich zu einer ähnlichen Vorstellung, als sich nach meinem Erwachen meine Erinnerungen langsam Platz machten. Das erste, das mir durch den Kopf ging, waren aber keineswegs hochgradig interessante Gedanken zu Orks. Es war hingegen eine wüste Aneinanderreihung sämtlicher Fluch- und Schimpfworte, die ich je gehört hatte. Jedes einzelne davon richtete sich einerseits gegen meine schmerzende Nase und andererseits gegen den Mistkerl, der sie mir eingedroschen hatte.
Der darauffolgende Gedanke, der zwar etwas weniger wüst aber dafür umso erkenntnisreicher war, war das Erkennen, dass ich an Händen und Füßen gefesselt war und mir ein Knebel im Mund steckte und wurde just von einer weiteren Schimpftirade verfolgt.
Der dritte Gedanke war der wohl erkenntnisreichste seit meinem Erwachen. Er ging mit dem qualvollen Öffnen meiner Augen einher und bis heute kann ich mich an den exakten Wortlaut von diesem erinnern: „Verdammte Scheiße, diese Mistkerle haben mich entführt!!!“
Natürlich mag das für den Leser nun nicht sonderlich beeindruckend anmuten, doch ich versichere Ihnen, dass dieser Gedanke für meinen Geisteszustand zu diesem Zeitpunkt eine wahre Meisterleistung war.
Soweit es mir in meiner ungünstigen Position möglich war, verschaffte ich mir einen Überblick über meine Lage. Ich befand mich, so hatte es zumindest den Anschein, in einer Höhle. Beziehungsweise in einem kleinen abgeschlossenen Bereich einer Höhle. Aus dem Augenwinkel konnte ich nämlich eine Stahltür erkennen. Über mir brannte eine einzelne Neonröhre. Das war so ziemlich alles, was ich erkennen konnte.
Ich lag für mehrere Minuten auf dem harten Höhlenboden und versuchte mir über alles klar zu werden. Es konnte nämlich nicht die Rede davon sein, dass ich all das, was geschehen war, seit ich den Müll rausbringen wollte, verstand. Ich war einem Zwerg und einer Elbin – Ari! – begegnet, die in einer unterirdischen Einrichtung arbeiteten die von einer Organisation betrieben wurde, die im wahrsten Sinne des Wortes nicht von dieser Welt war. Diese unterirdische Einrichtung wurde genau da, als die Ari Saliria ein wenig Licht in die Sache bringen wollte, angegriffen. Von Orks, die uns trotz unseres Verstecks gefunden hatten. Warum hatte ich den Zwerg unbedingt begleiten müssen?
Ich wurde von schweren Schritten, die vor der Stahltüre erklangen, aus meinen Gedanken gerissen. Gespannt horchte ich, ob sich etwas tun würde. Kurze Zeit später erklang ein weiteres paar Füße gefolgt von einer knurrigen Stimme. „Hauptmann!“
„Hör auf zu salutieren und sag mir, wen ihr da mitgebracht habt!“, erwiderte eine etwas weichere Stimme, die aber umso wütender klang.
„Den Menschenkümmerling nach dem du geschickt hast.“
„Lebt er?“
„Ich denke…“
„Bezahlt mein Boss euch fürs Denken?! Nein, tut er nicht! Also sag mir ob er lebt!“
„Ja“, erwiderte die raue Stimme kleinlaut, was überhaupt nicht zu der Stimme an sich passte, „Ich hab ihm nur eins auf die Nase gegeben.“
„Gut. Was ist mit der Basis.“
„Wir haben die Eingangshalle erobert, aber dann haben uns die Menschensöldner zurückgedrängt. Wir haben den Menschenkümmerling nur ganz schwer hierher bringen können.“
„Verluste?“
„Ein ganzer Haufen.“ Ich konnte das Schulterzucken der rauen Stimme beinahe hören.
„Warum hat der Boss unbedingt Orks anheuern müssen…?“, stöhnte die wütende Stimme, „Los! Mach schon die Tür auf!“
Ich hörte vor der Türe einen Schlüsselbund klimpern und ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt. Spontan entschloss ich mich, einen Bewusstlosen zu mimen. Die Türe öffnete sich mit einem Quietschen und einem Krachen, doch ich rührte mich nicht. Zwei Schatten wanderten an der Wand entlang, wobei einer bedeutend größer als der andere war.
„Lebt er wirklich noch?“, fragte die wütende Stimme.
„Wie ich ihn hergebracht hab, hat er noch gelebt.“
„Wenn er dir verreckt ist, dreht dir mein Boss den Hals um.“
Schritte näherten sich mir und spürte beinahe, wie sich jemand neben mich hockte. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter die mich grob rüttelte. „He! Wach auf!!“, forderte die raue Stimme mich auf. Als ich mich weiterhin nicht rührte, verließ die Hand meine Schulter und wurde von einer Stiefelspitze in meinem Rücken ersetzt. Schmerzerfüllt stöhnte ich auf.
„Er ist ja doch wach…“, meinte die wütende Stimme, „Los, dreh dich um!“
Qualvoll, da meine Hände ja an meinem Rücken hängten, drehte ich mich zur der wütenden Stimme hin und blickte zu ihrem Ursprung hinauf. Über mir stand eine kleine Gestalt, aber kein Zwerg, die auf mich hinab blickte. Neben ihr stand ein Ork, wie ich an grüner Haut und Stoßzähnen schlussfolgern konnte. Beide standen jedoch mit dem Licht im Rücken da und so konnte ich ihre Gesichter nicht erkennen.
„Wie heißt du?“, fragte mich die wütende Stimme, die eindeutig aus dem Mund des Kleinen kam. Ich glaube kaum, dass er eine Antwort erwartete, denn ich hatte ja noch immer den Knebel im Mund. Er deutete, als das auch ihm klar wurde mit einer kleinen, grauen Hand auf mich, woraufhin mir der Ork grob den Knebel aus dem Mund zog und mich an Schulter anhob, bis ich aufrecht saß.
Der Kleine, ich konnte immer noch nicht erkennen, wie er aussah, starrte weiterhin auf mich hinunter, oder besser gesagt gerade in meine Augen. „Sebastian Karer“, sagte ich ihm wahrheitsgemäß meinen Namen und versuchte den Geschmack des Knebels aus meinem Mund zu bekommen.
„Schön, Sebastian Karer. Schön. Weißt du, warum wir dich haben entführen lassen?“, fragte er mich.
Mir gingen in diesem Moment ein paar gelungene Antworten durch den Kopf, von denen ich aber keine aussprach, da sie jede an irgendeiner Stelle ein Schimpfwort enthielt. Stattdessen schüttelte ich einfach den Kopf.
„Tja. Das ist schade“, sagte der Kleine, ohne es zu meinen, „Denn so wirst hier drin sitzen bleiben müssen, ohne zu wissen warum.“
Bevor ich auch nur einen Ton herausbringen konnte, hatte er schon wieder die Hand auf mich gerichtet, worauf der Ork mir augenblicklich wieder den Knebel in den Mund stopfte. Die beiden hatten mein Gefängnis schon wieder verlassen, als ich die ganze Situation realisiert hatte. Zumindest hatte ich, als die beiden den Raum verließen, einen Blick auf den Kleinen werfen können, der sich in meinem Fantasy-Hirn als Gnom entpuppte: gedrungen und etwas rundlich, aber teuflisch verschlagen und hinterlistig. Ich fragte mich nur, wie es ein so kleiner Kerl schaffen konnte, einen Ork in seine Dienste zu nehmen, denn das passte irgendwie nicht in das Bild, dass ich von Orks und Gnomen hatte.
Wenn man mich nach meinem Aufenthalt in meinem Gefängnis gefragt hätte, wie lang ich da drin gelegen bin und mich nicht rühren konnte, wäre ich wahrscheinlich nicht im Stande gewesen eine konkrete Antwort darauf zu geben. Es hätten Stunden sein können, aber ebenso Tage. Der Umstand, dass ich einmal eingeschlafen bin, hatte mein Zeitgefühl auch nicht unbedingt verbessert. Diese Herumsitzerei, nur unterbrochen von gelegentlichem Umfallen, entspricht vom Interessantheitsgrad ungefähr meinem Abendessen oder der Beschreibung westeuropäischer Wälder und darum werde ich mir und Ihnen diese Beschreibung ersparen und springe vor zu dem Moment, an dem die Tür sich zum zweiten Mal öffnete.
„Du hast ihm weder etwas zu essen, noch zu trinken gegeben?!“, erschallte auf einmal wieder die Stimme des Gnoms gefolgt von einem sich im Schloss drehenden Schlüssel, „Wenn er draufgegangen ist, kannst du das dem Boss erklären!“
Die Tür öffnete sich mit einem Knarren und ich konnte erkennen, dass der Gnom und der Ork den Raum betraten. Der Ork hielt eine Wasserflasche in der Hand, die in seiner Pranke wie ein Spielzeug wirkte. Anstatt mir aber etwas von dem kühlen Nass zu geben, starrte er mich einfach an, bis der Gnom ihm mit einer rüden Geste bedeutete, mir zu trinken zu geben. Der Knebel in meinem Mund  wurde so binnen Sekunden von Wasser ersetzt, das ich gierig trank. Irgendwie war mir mein Durst in meiner Langeweile kaum aufgefallen.
Als sich die Wasserflasche, meiner Meinung nach viel zu früh, von meinem Mund löste, schnappte ich erst mal danach. Dann sah ich zu dem Gnom hinüber. Dieses Mal stand er so da, dass ich ihn erkennen konnte. Er sah genau so aus, wie ich mir einen Gnom vorgestellt hatte. Er war klein, etwas rundlich, trug graue Kleidung, die mit der Farbe seiner faltigen, runzligen Haut gut harmonierte und sein Gesicht wirkte so, als hätte irgendein wahnsinniger den Kopf eines Menschen genommen und ihn in eine Presse gesteckt.
„Lös die Fesseln von seinen Füßen!“, sagte der Gnom zu dem Ork, „Und dann zieh ihn hoch! Der Boss will ihn sehen.“
Der Ork befolgte gehorsam die Anweisungen seines kleinen Übergeordneten. Auch wenn meine Beine sich am Anfang ein wenig wie Wackelpudding anfühlten, gelang es mir dann doch mit der Hilfe des Orks aufzustehen. Als ich in sein Gesicht blickte, traf mich für einen kurzen Moment der Schlag, da es sich um den Ork handelte, der mich auch mit seinem Gewehrkolben ausgeknockt hatte. Ich hielt mich allerdings mit dem zurückzucken zurück, denn ohne seine Hilfe hätte ich mich kaum auf den Beinen halten können. Der Gnom ging vor mir aus meiner Zelle und der Ork und ich folgten ihm. Der Ork hielt mich weiterhin am Arm. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob er das tat, damit ich nicht umfiel oder damit ich nicht abhaute.
Hinter der Tür erwartete uns ein schmaler Gang, der so wirkte, als wäre er per Hand aus dem Fels gehauen worden und als wir nach ein paar zurückgelegten Metern an einer hölzernen Stütze vorbei kamen, wusste ich, dass wir uns in einem Minenstollen befanden. Durch die schlechte Beleuchtung von ein paar unregelmäßig aufgehängten Lampen, konnte ich aber leider nicht erkennen, wohin dieser führte. Ich musste also wohl oder übel dem Wissen des Gnoms und des Orks vertrauen. Vor allem bei dem zweiten Gesellen, wurde mir hierbei ein wenig mulmig zumute.
Wir erreichten nach kurzer Zeit das Ende des Stollens, der in einer großen Höhle mündete, die dem Anschein nach aber natürlichen Ursprungs war. Auch wenn man davon nicht mehr merkte. Große Teile der Höhle waren durch diverse Metallwände voneinander getrennt und Metallstege waren über unseren Köpfen befestigt. Hier und da standen ein paar Computerterminals, Schreibtische und Schränke herum, wobei die ganze Einrichtung jeglicher Logik entbehrte. An den Höhlenwänden konnte ich mehrere künstliche Stollen sehen. Die ganze Höhle wirkte irgendwie wie eine heruntergekommene Version der Einrichtung, aus der ich entführt worden war. Das faszinierende an dieser Höhle lag wie bei ihrem ordentlichen Äquivalent, allerdings nicht an der Einrichtung sondern, an den Leuten, die sie benutzten.
Es waren Orks. Allerdings hatten diese Orks nicht viel mit dem Klischee zu tun, das sich von Orks gebildet hatte. Die Orks in dieser Höhle trugen modernste Ausrüstung, bestehend aus Sturmgewehren, die der Größe von Orks angepasst waren, kugelsicheren Westen, Headsets und anderen technischen Gerätschaften, die man weder in den Händen eines dieser grünen Ungetüme erwartete, noch für gut befinden konnte. Aus Fantasy-Büchern wusste ich schließlich, was ein Ork mit einem Schwert oder einer Keule ausrichten konnte. Ich wollte mir nicht einmal vorstellen, was diese Kerle mit einem Sturmgewehr anstellen würden.
Der Gnom führte mich und die unnachgiebige Hand an meinem Arm zielstrebig durch die Höhle, bis wir schließlich in einem kleinen von dem restlichen Raum abgeschlossenen Bereich standen. Mit einer unwirschen Geste scheuchte der Gnom seinen mehrere Köpfe größeren Untergebenen hinaus. Als der Ork den Raum verlassen hatte, rieb ich mir den schmerzenden Arm. Der Kerl hatte wirklich einen ziemlich festen Griff gehabt.
„Das ist er?“, fragte eine Stimme hinter mir. Augenblicklich wirbelte ich herum und sah… nichts?
Erst als ich meinen Blick nach unten wandte, erkannte ich einen weiteren Gnom. Oder war es der gleiche wie der von vorher? Ich war mir nicht sicher.
„Ja, Sir“, erklang nun hinter mir die Stimme des anderen Gnoms.
Also gut. Es waren doch zwei. Aber diese Kerle sahen einander wirklich verflucht ähnlich.
„Und ihm ist nichts geschehen?“, fragte der Ober-Gnom. Er hatte damit begonnen, um mich herum zu gehen und mich zu begutachten, wie ein Pferd, das zu kaufen er gedachte.
„Vielleicht ein paar blaue Flecke, aber nichts Ernstes“, erwiderte Ork Nummer eins, „Was soll man von Orks schon erwarten…“
„Sie wissen genau, warum wir Orks engagiert haben und keine Menschen oder Ari, also werden Sie nicht frech, sonst können Sie das nächste Mal die Kosten für die Söldner alleine tragen!“
„Ich bitte um Verzeihung, Sir. Ich bitte nur den Umgang mit diesen – wie soll ich es nett ausdrücken? – doch eher rüden Gesellen nicht gewohnt.“
„Da geht es uns doch allen gleich… Aber wenn uns die Chefetage nicht mehr Budget zukommen lässt, sollten wir froh sein, dass wir nicht selbst die Knarren tragen müssen.“
„Natürlich, Sir.“
„Sie sind sicher, dass das der richtige ist? Er wirkt ein wenig schmächtig…“
Mühsam hielt ich mich zurück, um den Gnom nicht böse anzustarren.
„Er war der einzige in der Einrichtung, auf den die Beschreibung der Agenten passte. Das sagen zumindest die Orks. Ich war beim ersten Anblick auch ein wenig erstaunt.“
„Es geht ja schließlich auch darum, wer er ist und nicht darum, wie er aussieht“, brachte der Ober-Gnom das Thema zum Ersterben. Dann wandte er sich mir zu. „Aber fragen wir ihn doch selbst. Bist du der, der du sein scheinst?!“
Ich erwiderte die Frage des Gnoms lediglich mit einem  verwirrten Blick. Um genau zu sein, hatte ich meinen Gesichtsausdruck während des ganzen Gesprächs nicht einmal ändern müssen.
„Was starrst du mich so an!? Sag was!“, meinte der Ober-Gnom wütend.
Ich gab weiterhin keine Antwort. Vor allem darum, weil ich nicht wusste, was die richtige Antwort sein würde.
„Er kann doch sprechen, oder?“, fragte er an den anderen Gnom gewandt.
„Er hat mir zumindest seinen Namen gesagt.“
„Dann wird es daran nicht liegen…“, er wandte sich wieder mir zu und fragte mich noch ein wenig gereizter, „Bist du der eine Held dieser Ära deiner Welt?“
„Der was?“, erwiderte ich nun zum ersten Mal. Ich konnte einfach nicht anders.
Die beiden Gnome starrten an, als hätte ich gerade das dümmste gesagt, was man nur sagen konnte. „Wie kann er der eine Held sein, wenn er nicht einmal weiß, was der eine Held ist?“, fragte der Unter-Gnom seinen Chef.
„Vielleicht stellt er sich ja nur dumm“, meinte dieser mit einem bösen Lächeln und zog einen Revolver aus dem Gürtel, die er mir auf den Schädel richtete. Warum wurde ich seit meinem Treffen mit Bandrihar andauernd mit Waffen bedroht? „Bist du der Eine Held deiner Welt!?“, fragte mich der Gnom erneut.
„Ich würde lieber ehrlich antworten“, meinte der andere bestärkend.
„Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen!“
„Lügner!“, brüllte mich der Ober-Gnom an und spannte den Hahn, „Sag die Wahrheit!“
„Das tu ich doch! Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen!!“
„Zwing mich nicht dazu!“
„Aber ich sag doch die Wahrheit!“
„Wenn du das noch einmal sagst, knall ich dich ab!“
Ich wollte zu einer erneuten wütenden Bezeugung meiner Ehrlichkeit ansetzen, doch etwas in den großen dunklen Augen des Gnoms und natürlich auch die Knarre in seiner Hand ließen mich meinen vorlauten Mund halten.
„Sir?“, meinte der Unter-Gnom leise.
„Was?!“
„Wäre es nicht besser, wenn wir ihn am Leben ließen, Sir?“
„Warum? Er sagt, er sei nicht der Eine Held.“
„Er sagt, er weiß nicht, wer das sein soll, Sir. Das bedeutet nicht unbedingt, dass er es nicht ist.“
„Und wenn doch?“
„Selbst dann würden sie der Chefetage eine Menge Arbeit einbringen, weil diese Welt und all ihre Bewohner Protektorat des Rates sind. Mit der Entführung allein haben genug Probleme, Sir.“
„Sie haben gewusst, dass der ganze Auftrag hier mit einigen Problemen einher gehen wird.“
„Aber es wird Ihrer Karriere sicherlich nicht förderlich, wenn Sie ihnen bewusst welche machen, Sir.“
Auch wenn ich wusste, dass es dem kleinen Kerl mit seinen Beteuerungen nicht um mich ging, war mir der Unter-Gnom in diesem Moment äußerst sympathisch. Es hatte sich bisher noch niemand so für mein Leben eingesetzt, was vermutlich auch daran lag, dass es bis zu diesem Zeitpunkt nie ernsthaft bedroht war.
Langsam ließ der Ober-Gnom die Waffe sinken. Gleichzeitig entließ ich die angehaltene Luft in meiner Lunge mit einem erleichterten Seufzen und warf dem anderen Gnom einen dankbaren Blick zu. Der ignorierte mich aber völlig und sah den Ober-Gnom an.
„Danke“, meinte der Ober-Gnom, „Es wär beinahe mit mir durchgegangen. Kann ich Sie kurz draußen sprechen?“
Der andere Gnom nickte und die beiden verschwanden durch die Tür hinaus. Gleich darauf betraten zwei Orks den Raum. Beide trugen Sturmgewehre, Headsets und finstere Mienen.
Der Anblick der beiden Orks machte mir wieder die Absurdität meiner aktuellen Situation bewusst. Ich war ein Entführungsopfer von Orks und Gnomen. Und zwar nicht von normalen Orks und normalen Gnomen sondern von futuristischen Orks und Gnomen mit High-Tech-Ausrüstung und Knarren. Vielleicht war es an der Zeit meine Vorurteile zu Fantasy-Geschöpfen abzulegen, auch wenn diese Versionen von ihnen in meiner aktuellen Situation mit Sicherheit die erträglichere Wahl wären.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.05.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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