Renate Harig

Das Gänseblümchen und der Schmetterling

Ein kleines Gänseblümchen stand auf einer Wiese und ließ ganz traurig sein Köpfchen hängen. Es war sehr durstig, denn es hatte schon lange nicht mehr geregnet. Die Erde war ganz ausgetrocknet und sein kleiner Stängel wurde immer müder und schwächer.
 
Ein bunter Schmetterling sah das Blümchen und merkte auch, dass es vor Erschöpfung und Traurigkeit seine Blätter eingerollt hatte. Er setzte sich auf einen Grashalm, der neben dem Gänseblümchen stand.
 
„Sei doch nicht so traurig und verzage doch nicht gleich“, sagte der Schmetterling zu ihm und fächelte ganz toll mit seinen Flügeln, so, als wollte er frischen Wind machen. Ein ganz klein wenig wurde es auch kühler. Jedoch dem Blümchen wurde davon nicht wohler. Er gab sich alle Mühe, doch es half alles nichts. Das Blümchen hatte seinen ganzen Lebenswillen verloren und merkte nicht einmal, dass der Schmetterling ganz dicht neben ihm saß.
 
„Liebe Sonne“, sagte da der Schmetterling, „du scheinst zwar sehr schön, aber mit deinen warmen Strahlen machst du es dem Blümchen nicht leichter. Kannst du nicht eine klitzekleine Regenwolke schicken, denn ich kann einfach nicht zusehen, wie das kleine Gänseblümchen nach und nach verwelkt!“
 
„Du bist ein lieber und ein sehr hilfsbereiter Schmetterling“, sagte darauf die Sonne. „Ich werde sehen, was ich da machen kann!“
 
So, als hätte die kleine Wolke das Gespräch mit angehört, war sie ganz plötzlich am sonst ganz blauen Himmel. Sie ließ sich vom Wind, der da nichts lieber tut, als kleine Wolken vor sich her blasen, ganz geschwind und heiter über den Himmel pusten.
 
Ja, und ausgerechnet über der kleinen Wiese, auf der unser Gänseblümchen stand, entleerte die kleine Wolke ihren prallgefüllten Bauch und es regnete!
 
Als die ersten Tropfen auf das Blümchen fielen, wurde es ganz plötzlich aus seiner Traurigkeit geweckt und mit jedem Tropfen wurde es lebhafter und fröhlicher. So nach und nach richtete es seinen kleinen, müden Stängel wieder auf und die eingerollten Blätter streckten und dehnten sich und nach einer kleinen  Weile sah es wieder ganz gesund aus.
 
Der Schmetterling, der alles voll Freude mit ansah, war begeistert über das Bild, das sich ihm darbot. Obgleich er jetzt ganz nasse, verklebte Flügel hatte und diese erst wieder trocknen mussten, konnte er einfach nicht anders, er mußte sich über soviel Glück mitfreuen!
 
„Danke, liebe Sonne, danke, liebe kleine Wolke und danke auch dir, lieber Wind!“ rief er.
 
Die Sonne blinzelte hinter der kleinen Wolke hervor und meinte: „Ist schon gut, wir haben gerne geholfen. Wenn du uns wieder einmal brauchst, dann rufe uns!“
Auch sie freute sich von ganzem Herzen - und die Sonne hat ein großes, sehr warmes Herz - und sie strahle, aber nicht mehr ganz so heftig, nur ein bisschen!
 
© Renate Harig 1996
  

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.07.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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