Zwerglein Gernegroß war der Kleinste seines Volkes. Er war sehr unzufrieden damit. „Ich möchte ganz groß werden, am liebsten riesengroß!“, sagte er immer. Doch er wuchs einfach nicht, so viel er auch aß. Da beschloss er auszuwandern, am liebsten in das Land der Riesen. Vielleicht könnten die ihm helfen?
Bei einem Mauseloch kletterte er ans Tageslicht und lief quer durch den Wald. Auf einer Waldlichtung traf er den größten aller Riesen. Der lag auf einer Wiese und schlief und schnarchte, dass die Bäume wackelten.
Der kleine Zwerg glaubte zuerst, er sei an ein Gebirge gekommen. Mühsam begann er den Aufstieg auf einen Fuß des Riesen. Fast den ganzen Tag marschierte Gernegroß, bis er todmüde eine Höhle erreichte, in der er sich ausruhen wollte. Leider hatte er ein Nasenloch des Riesen gewählt, und wie er sich in seiner Höhle einen bequemen Platz suchen wollte, kitzelte das den Riesen, ein furchtbares „Hatschiii“ erdröhnte, und der kleine Zwerg wurde weit durch die Luft geschleudert, mitten in die Hauptstadt der Riesen hinein, gerade in den Schlosshof.
Dort feierte man eben den Geburtstag des Königs. Viele, viele Riesen waren zusammen gekommen, um zu gratulieren. Angstvoll hüpfte Zwerg Gernegroß zwischen den Riesenfüßen hin und her und musste ganz fest aufpassen, damit er nicht zertreten würde. Da stieg ihm ein Duft nach Gegrilltem und Gebratenem in die Nase und sein hungriger Magen begann leise zu knurren.
An einem riesigen Tisch saßen die ganze Königsfamilie und noch viele Fürsten, Grafen und Edelleute. Ganz am Ende des Tisches hatte die kleine Riesenprinzessin ihren Platz. Sie hatte niemanden zum Spielen und langweilte sich sehr. Ihr langes hellblaues Kleid, strahlend wie der Sommerhimmel, mit goldenen Sternen drauf, hing bis zum Boden. Zwerg Gernegroß kletterte geschickt an ihrem Kleid hoch, von einem Stern zum anderen, bis er mitten auf dem Tisch stand.
Da gab es Riesenteller mit Riesenschnitzeln darauf, so groß, dass sein ganzes Zwergenvolk eine Woche genug damit gehabt hätte! Gernegroß hüpfte von einem Teller zum anderen, nahm ein Stücklein Fleisch, brach ein wenig von einer Kartoffel weg, stiebitzte da und dort eine Erbse, eine Bohne oder etwas von einer Karotte. Er aß, bis er fast platzte.
Plötzlich passierte einem Riesen ein Missgeschick: Er stieß sein Weinglas um. Beinahe hätte es den kleinen Zwerg fortgeschwemmt und er musste kräftig schlucken, um wieder Luft zu bekommen. Doch von dem Wein wurde er beschwipst und übermütig und er begann auf dem Tisch herumzutanzen. Die Riesen, die alle schlechte Augen hatten, bemerkten ihn nicht.
Nur die kleine Prinzessin sah, dass sich da etwas bewegte. Sie streckte einen Finger nach dem, wie sie meinte, hüpfenden Käfer aus. Der Zwerg bekam Riesenangst – und biss die Prinzessin so fest er konnte in den Finger. Da fing diese vor Schmerz zu weinen an. Das tat nun dem Zwerglein Leid, und es machte seine schönsten und lustigsten Kunststücke, bis sie wieder lachte. Der Wein aber wirkte immer stärker und plötzlich fiel der Zwerg um und schlief ein.
Als er wieder erwachte, befand er sich in einem riesengroßen Bett. Dabei war das aber nur das Puppenbettchen der Riesenprinzessin. Als diese sah, dass er wach war, brachte sie ihm gleich was zu essen und kümmerte sich liebevoll um ihn. Sie holte ihm die feinsten Speisen, und Zwerg Gernegroß aß nach Herzenslust, so viel er konnte.
Aber leider, so viel er auch zu sich nahm, es wurde kein Riese aus ihm, und nach einigen Wochen musste er doch Abschied nehmen. In einer goldenen Kutsche, die von vier herrlichen Schimmeln gezogen wurde, brachten ihn der König und die Prinzessin bis an die Grenzen ihres Reiches.
Dort war er allerdings nun der Größte und Stärkste und auch der Mutigste, nachdem er alle seine Abenteuer erzählt hatte. Die Zwerge machten ihn zum König des Zwergenlandes und er heiratete Lilofee, die liebliche Tochter des alten Zwergenkönigs.
Sie lebten glücklich bis an ihr seliges Ende und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
ChA Juli 2012
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.07.2012.
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