Johann Wochner

Die kleine Welt der jungen Sandra

Die kleine Welt der jungen Sandra

Für Sandra war die Welt an der Kliniktüre zu Ende. Denn sie hatte wegen ihrer Krankheit nur für ein paar Meter die Kraft, danach mußte sie sich im Rollstuhl zurück bringen lassen! Daran hat sie sich schon gewöhnt. Solange sie bis zur Türe kam, war sie glücklich. Sie wurde nur unruhig, wenn sie auf halbem Wege stehen bleiben mußte und ihr langsam die Kraft ausging. Immer an ihrer Seite ging ein netter und äußerst hübscher Arzt mit, der ihr manchmal mit ein paar lustigen Sprüchen das Leben erleichterte. Sie brauchte das, denn es gab Tage, da wollte sie einfach nicht mehr. Und wenn er dann wieder einen lustigen Spruch loslies, da sah man Sandra ein wenig lächeln, sie hatte ein sehr schönes Lächeln, aber leider sah es niemand! Sie kannte schon alle Ärzte hier im Klinikum, und alle Ärzte kannten das Lächeln und unterdrückten dabei ihre Tränen solange sie bei ihr waren. Mike, ihr ständiger Begleiter als Arzt, erlebte jeden Tag ein neues Schicksal bei Sandra. Er hatte deshalb keinen Hunger und nahm schrecklich ab. Sandra bat ihn dann doch zu essen oder mit einen Kollegen zu tauschen.

Doch das hätte er nie geschafft, sie war ihm ans Herz gewachsen! Auf keinen Fall hätte er sie jetzt alleine gelassen oder mit einem Kollegen getauscht! Sie hatten in den nächsten Tagen viel Spaß zusammen und beide bemerkten eines Tages, das sie sich ineinander verliebt hatten! Es war eine schöne Liebe, auch wenn sie nicht immer so war wie bei anderen Paaren, denn sie konnten nicht alles machen, was andere einfach so unternahmen. Sie mußte einiges mitnehmen wenn sie das Klinikum unsicher machen, und die anderen Ärzte ein wenig ärgern wollte. Um so länger Mike bei Sandra war umso inniger wurde ihre Liebe. Den anderen konnten sie es nicht sagen, denn dann hätten sie Mike bestimmt versetzt. Ihre Liebe zueinander mußte also noch geheim bleiben, doch das war nicht leicht. Immer nur in der Klinik und alle anderen um einen herum konnte nicht gutgehen. Beide beschlossen deshalb das ganze Klinikpersonal einzuladen und es Ihnen bei Kaffee und Kuchen zu gestehen. Sandra war der Meinung zwar nichts gestehen zu müßen, doch beugte sie sich den Einwendungen von Mike. Sie bereiteten alles vor, er druckte die Plakate, sie kümmerte sich, so gut es ging um das Besteck und den Kuchen. Die Plakate zeigten ihr erste Wirkung, doch das Ergebnis war grauenhaft. Viele Ärzte hatten kein Verständnis für diese Art Freundschaft, ein Arzt und seine Patientin, schließlich wisse man ja nicht, wie lange Sandra noch am Leben sei. Wie geht es dann weiter, würde er dann das Klinikum verlassen? Sie bräuchten dringend gute Ärzte, und können nicht einfach so auf ihn verzichten. Weshalb sie diese Sache jetzt auch nicht an die große "Glocke" hängen würden.

Die Einladung wurde abgesagt und Mike auf eine andere Stadion versetzt. Die Trennung der beiden war furchtbar, Sandra konnte kein Auge in der Nacht zu machen und Mike nahm rapide ab. Nach einem halben Jahr ging es Sandra sehr schlecht, auch Mike hatte Probleme, er konnte manchmal tagelang seinen Dienst nicht antreten. Heimlich verabredeten sie sich und beschlossen dann gemeinsam sich das Leben zu nehmen. Möglichkeiten hätte er genügend, es wäre für ihn ein Leichtes ein bestimmtes Mittel zu besorgen. Doch Sandra wollte dies nicht, sie wollte nach draußen, einmal noch die Welt sehen, einen Blick ins Freie. Davor zu stehen und etwas anzusehen und nicht von der Klinik aus! Einmal noch hinaus zu kommen und dann zu sterben, dass war ihr Wunsch, doch auch er war mittlerweile zu schwach um ihn und sie weiter weg zu bringen. Das wäre nicht so schlimm, ihr würde es genügen ganz in der Nähe eine Wiese zu berühren und ihre Hand in einen Bach zu halten. Danach könne sie endlich sterben, denn dann hatte sie ihren innigsten Wunsch gelebt.

Mike bekam nur die Hälfte mit, denn er brach bewußtlos zusammen ohne das sie es gemerkt hatte. Sie sah ihn jetzt, sofort löste sie ihren Hausinternen Alarm aus, damit sich jemand um ihn kümmert. Es dauerte fast zwei Wochen bis er wieder gehen konnte. Sie hatten Besuchsverbot und konnten sich so nicht mehr unterhalten. Da kam Mike eines Tages eine Idee, er fälschte einen Überführungsbogen für Sandra und konnte sie so besuchen. Er traute seinen Augen nicht, das Zimmer von Sandra war leer, und von ihr keine Spur. Er schlich sich ins Ärztezimmer und las, dass Sandra wegen ihres schlechten Zustandes in die Intensiv Station verlegt wurde. In der Nacht nahm er all seinen Mut zusammen und schlich sich zu ihr. Sie lächelte ihn kurz an, es war nicht mehr dieses schöne natürliche Lächeln es war verkrampft vor Schmerz und Angst, Angst zu sterben ohne ihren letzten Wunsch. Er nahm ihr die Schläuche ab, einen nach dem anderen, und trug sie halb und halb ging sie noch selbst in Richtung Ausgang ! Jetzt, ja jetzt öffnete er die Außentüre und ging mit ihr hinaus ins Freie. Jetzt sah er erneut ihr Lächeln, das Lächeln das sie immer hatte, dann brach sie tot zusammen. Wochen später wurde er zu einer mehrjährigen Haftstrafe sowie der Aberkennung seiner Arzttätigkeit verurteilt. Die Haftstrafe erlebte er nicht mehr, noch während der Verlesung des Urteils sprang er durch das geöffnete Fenster, das sich direkt hinter dem Staatsanwalt befand! Der Gerichtssaal für diese Verhandlung befand sich in der Neunzehnten Etage... 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.09.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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